Orange und blutrot, das Leben als Knappe
#11
Die Tage rannten an ihm vorbei, ohne das er ihnen wirklich folgen konnte. Ganz zu schweigen davon sie zu verarbeiten.
Die Parade war ein voller Erfolg gewesen und sein Herr wurde zum Lehensritter ernannt. Das Ereignis war eine Bestätigung für das was Jon schon lange wusste. Sein Herr ist für Größeres bestimmt und er wird auch in Zukunft nicht der Stagnation verfallen. Immerzu strebt er nach Größerem und nach dem Gespräch mit der Reichsritterin vor einigen Wochenläufen ist sich Jon sicher, das der Weg seines Herren noch lange nicht zu Ende ist.
Doch unbewussterweise hat sein Herr das Feld ein wenig geräumt. Nachdem die Musterung und Parade vorrüber waren lag das Augenmerk auf dem Knappen. Der Maskenball stand an – nicht nur aber vor allem im Sinne der Bürgerschaft – und wurde ein voller Erfolg. Ihm war nicht bewusst, das Organisation seine Stärke ist, aber der erfolgreiche Abend bestärkt ihn in seinem Denken. In den darauffolgenden Tagen hagelte es viel Lob, mehr als er wahr heißen konnte.
Am Tag des Mondes schließlich, am Ende der kräftezehrenden Wochenläufe wurde Jon von der Baronin eingeladen. Alleine das Wissen um den anstrehenden Termin machte ihn nervös, aber noch mehr das er den Grund für das Treffen nicht kannte. Da er nicht als Saresh' Begleitung eingeladen wurde musste es um ihn gehen. Wohl die Bürgerschaft?

Seine Ahnungslosigkeit wirkte sich auf seine Nervosität aus und er fühlte sich wie ein Junge bei seiner ersten Verabredung mit einem Mädchen. Die Baronin ist unbestreitbar eine Person nach seinem Geschmack. Sie legt Wert auf Etikette, ist ehrlich, direkt und intelligent. Ganz abgesehen davon kann er nicht abstreiten, dass sie eine attraktive Frau ist. Laut der Aussage seines Herrn ist sie noch recht jung, zwischen zwanzig und dreißig Jahresläufen und ihre belesene und weitsichtige Art verschafft ihr Respekt.
Das war seine Ansicht bereits vor den Worten, die sie ihm ins Gesicht sagte. Sein Herr hatte ihn im Dunklen tappen gelassen, wohl wieder eine Prüfung, um zu sehen wie er damit umgeht und reagiert. Dadurch, dass Saresh als Lehensritter nun direkt dem Fürst untersteht, fehlt der Baronin ein Ritter. Die Tatsache wäre schön und gut, hätte sie nicht wortwörtlich gesagt, das sie Jon im Auge behält, um die entstandene Lücke zu füllen sobald seine Ausbildung beendet ist.
Für einen Moment schlug sein Herz schneller, aber auf eine eingeengte Art und Weise. Seine Treue gehört seinem Herren, ganz gleich wem dieser untergeordnet ist. Aber sein Leben und seine Zukunft liegen in Saresh' Händen. Dessen Antwort jedoch, das er ihn nicht nur mit bestem Gewissen frei stellen würde, sondern auch einen der schwersten Verluste für seine Reiter eingehen würde, lässt Jon's Herz für einen Schlag aussetzen. Eindeutiger Stolz sprach aus den Worten seines Herren und es gab nichts, was Jon hätte sagen können, um sich für dieses imense Lob zu bedanken.
Deswegen schwieg er und antwortete möglichst ruhig auf die Worte der Baronin, während sein Herz ihm bis zum Hals schlug. Nahezu so laut, das er befürchten musste, man könnte es hören.
Grundsätzlich gierte er nie danach einen Titel zu haben, solange er von Nützen war und seinen Herr mit Stolz erfüllen konnte. Diese bescheidene Einstellung wurde ihm schon während der Kindheit nahe gelegt. Jedoch zeigen die Worte, die Saresh an ihrer beider Baronin weiter geleitet hat und die Tatsache, das sie seiner Meinung ist, seinen Wert für die Baronie. Diese Entwicklung erfüllt ihn mit Stolz, Freude und stärkt sein Selbstbewusstsein.
Erst als die Baronin Beide entlassen, beruhigte sich sein Herz wieder ein wenig. Jedoch war der Moment noch nicht verstrichen, denn die Baronin machte sich daran das Gastgeschenk auszuwickeln, welches er mit brachte. Ein Brauch seines Dienstherren, den er gern und wiederstandslos übernommen hat. Dieser Brauch verschaffte ihm die Freude die Edle lächeln zu sehen. Obwohl es nur ein leichtes Lächeln war machte es die Baronin schöner, jünger und ihre Worte nur noch gewichtiger. Es ist keine Frage, ob er sie als seine Herrin akzeptieren würde, viel eher ob sie mit seinen Diensten zufrieden sein kann.

Fest steht, dass er weitere, mühsame Monatsläufe vor sich hat. Die Ausbildung bei dem Jurenritter ist seit dem ersten Tag aufreibend und herausfordernd, aber sonst hätte er unmöglich eine solche Menge in so kurzer Zeit lernen können. Er sieht den kommenden Tagen und Monaten gespannt entgegen.
Nach den Worten mit seinem Herren nutzt er den Rest seines freien Abends, um nach Löwenstein zu reiten und den Tempel zu besuchen. Wie so oft will er Mithras für seine Führung danken.
Dennoch kann er das Kinn nicht einfach empor recken nach dieser Aussicht. Vielleicht hängt es auch davon ab, das er es zuerst mit der zweitwichtigsten Person in seinem Leben teilen muss, um es wahr zu haben. Auf jeden Fall liegt es an seiner Bescheidenheit und seinem Ehrgeiz. Es würde der Tag kommen an dem es sich auszahlt, so hofft er.
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#12
Als er Abend nichts ahnend im Lager sitzt, kommt ein Bote zu ihm. Der Junge trägt abgewetzte Kleidung und die Stiefel sehen so löchrig und abgetragen ab, das Jon ihm kurzerhand die Eigenen anbietet. "Nachricht von eurer Familie, mein Herr." murmelt der Bursche, woraufhin er Jon überrascht erlebt. Er nickt rasch und greift ehrfürchtig nach der Schriftrolle. Anschließend bietet er dem Boten einen heißen Met und Brot mit Schinken an, während er sich selbst daran macht zu lesen. Seine Finger entrollen gespannt das Schriftstück und er beginnt zu lesen. Dabei erkennt er sogleich die Schrift seines ältesten Bruders, Joseph.


Mithras Segen Jon,

ich hoffe sehr dieses Schreiben erreicht dich dort wo du bist. Falls dies der Fall ist entlohne bitte den Boten und schicke ihn zurück. Wenn er es einmal geschafft hat wird er sicherlich auch zurück finden.
Da die Hoffnung zuletzt stirbt wünschen wir dir alle alles Beste zu deinem Ehrentag und hoffen, dass dich unsere Glückwünsche erreichen.

So du noch der Alte bist, Bruderherz, gehe ich davon aus, dass du auf Neuigkeiten brennst. Albert hat endlich geheiratet. Das glückliche Pärchen erwartet ein Kind. Ich und meine Dara sind glücklich, auch nach dem neunten Jahr das ins Land gezogen ist. Es ist erstaunlich wie lange du schon fort bist. Unsere Zwei gedeihen und halten uns auf Trab. Ich frage mich ob wir auch so waren?

Ich mache keinen Hehl daraus, das ich sehr neugierig bin was dein Leben so bringt. Ebenso wie der Rest der Familie, wie du dir denken kannst. Wie geht deine Kampfausbildung in Löwenstein voran? Konntest du viel lernen? Kommst du über die Runden? Mutter fragt natürlich – du kennst sie ja – was dein Herz tut. Ist dir vielleicht eine Frau begegnet oder gehört dein Herzblut noch immer vorrangig dem Schwertkampf?

Schreib mir wenn du einen Moment entbehren kannst, wir sind gespannt von dir zu hören.

Aus Hohenamrschen,

Joseph Silberfels

Nachdem Jon die Zeilen gelesen hat zieht er das abgetragene Stück Pergament an sein Herz. Für einen Moment erreicht ihn ein wenig Heimweh. Zwar nicht nach der sumpfigen Landschaft aber nach seiner Familie. Dort geht alles seinen geregelten Weg, jeden Tag und jedes Jahr und es geht zum Anbruch des Winters darum, Vorräte zu horten, um die kalte Jahreszeit zu überbrücken. Dort gibt es nicht viel Zeit für Feste, Messen oder Paraden.
Trotzdem versucht er ehrliche Worte für seine Antwort zu formulieren, auch wenn ihm dabei auffällt, wie sich sein Leben und er selbst verändert hat.
Erst als er das Pergament mit Löschsand bestreut hat und sein Siegel ins Wachs gepresst hat schickt er den Boten wieder los. Zum Brief reicht er diesem eine Goldmünze, in der Hoffnung er ist eine ehrliche Seele und gibt diese weiter. Als sich der Bote wieder auf macht hofft Jon sehr, das er es ein weiteres Mal über die Grenze schafft.


[Bild: egl2f4tq.png]



Möge Mithras über dich wachen mein werter Bruder,

ich freue mich sehr über deine Kunde und habe dem Boten ein motivierendes Entgeld gezahlt. Die restlichen Münzen soll er dir überbringen. Stell sicher das es ein Gulden ist. Ich möchte das du das Geld fair aufteilst und für die Kinder nutzt. Schenk ihnen beim nächsten Besuch in Lilienbruch etwas für die Zukunft. Einen anständigen Bogen, einen Lederwams oder ein Buch. Das wären Dinge gewesen, die ich mir in meiner Jugend gewünscht hätte.

Damit hat sich die Frage erledigt, ob ich gut über die Runden komme. Kriegergut ist hier heiß begehrt und es tummeln sich zahlreiche Räuberbanden in den Höhlen. Ich kann also nicht klagen, ganz im Gegenteil kann ich mir Dinge gönnen, die früher nie denkbar gewesen wären.
Bis zum Anfang des Jahres etwa war ich in Löwenstein, bis ich erfuhr, das ein Ritter, namentlich Saresh, in Candaria einen Knappen sucht. Tatsächlich ist dieser Mann ein Jure, die Amrhaner beschreiben ihn gerne als Wilden. Es ist schwer dieses Volk zu beschreiben, er ist herrisch, stolz, direkt und recht körperlich in seinem Handeln und Denken. Darüber hinaus ist er ein ausgezeichneter Kämpfer, Reiter und seit dem Frühjahr mein Herr.
Seine Strafen fallen zumeist demütigend und grausam aus, jedoch ist mir bisher die Peitsche zumindest erspart geblieben.

Macht euch keine Gedanken, vor allem Mutter nicht denn es gab nur zwei Strafen, die mir wirklich nahe gingen. Ich habe sie ausgesessen, akzeptiert und daraus gelernt. Mittlerweile sieht er in mir einen loyalen Gefolgsmann und fähigen Schwertkämpfer.

In der Kurzfassung: Mein Herr ist mittlerweile Lehensritter von Candaria. Ich wurde vor Kurzem Bürger in Greifanger, dem Dorf dort. Kurz nach der Ernennung meines Herren lud mich die Baronin von Greifanger – dem Dorf das mittlerweilen meine Heimat darstellt – zum Gespräch. Sie benötigt einen Nachfolger für meinen Herrn, einen Ritter für ihr Dorf. Anscheinend sieht sie nach Empfehlung meines Herrn mich als würdig an, sollte ich meine Ausbildung zur Zufriedenheit abstimmen.

Aber abgesehen von meinem Werdegang als Krieger kannst du Mutter und bitte auch Vater ausrichten, das ich tatsächlich eine Frau gefunden habe. Eine die ich plane zu der meinen zu machen. Jedoch herscht dabei keine Dringlichkeit, viel eher will ich ihr erst einen angemessenen Stand bieten können, ehe ich sie zu meiner Frau nehme. Aber ich möchte keine großen Worte schwingen, sollte der Moment passen werde ich nicht zögern. Ihr Name ist Leira und sie ist wahrlich eine Frau, wie ich sie mir nicht anders wünschen könnte. Ich kann sie euch zum aktuellen Zeitpunkt nicht vorstellen, aber vielleicht eines Tages.

So verbleibe ich und übersende euch die Kunde, das ich bester Gesundheit bin und meinen Weg unermüdlich weiter verfolge.

Mit besten Grüßen aus Candaria,

[Bild: puszvkpb.png]
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#13
Als ihm am Nachmittag ein wenig freie Zeit gegeben ist setzt er sich an den Ort, der ihm zum Nachdenken verhilft. Gegen den Stamm des Baumes gelehnt blickt er den Flusslauf entlang über das Land und ordnet seine Gedanken. Gnaden Veltenbruch's Bote war angekommen und dank all der Pflichten in den letzten Wochenläufen war Jon nicht dazu gekommen, seine Aufgabe zu bewältigen. Morgen würde ein Treffen statt finden und er hat noch keine Erfolge vorzuweisen. Also schließt er die Augen und lenkt seine Gedanken zurück in seine Jugend, zu dem stärksten Gefühl, dass er damals erleben durfte: Enttäuschung und Wut.
Nach einem tiefen Atemzug entsinnt er sich den Einzelheiten und durchlebt aufmerksam erneut den Tag und das ausgelöste Gefühl. Jede Unsicherheit, jeden Zweifel und jedes Herzrasen erlebt er nach und lässt es auf sich wirken. Bis zum Ende..

2. Lenzing 1397

[Bild: mine47uf.jpg]

Jon war vor wenigen Monaten siebzehn geworden. Im Gegensatz zu seinen Brüdern – auch weil sie älter und selbstbewusster sind – hängt er deutlich hinterher was die Jagd auf Mädchen angeht. Er ist sich zwar bewusst, dass er nicht gerade hässlich ist, denn manch ein Mädchen wirft ihm einen scheuen Blick zu, die wenigen Male wo er nach Lilienbruch darf, aber etwas in seinem Kopf sucht zwanghaft eine Ausrede für diese Situationen.

Auf den Mund gefallen ist er auch nicht unbedingt und so ergab es sich auf erstaunliche Weise doch, das er mit einem Mädchen zusammen kam.
Ihr Name ist Katharina und ihre Beziehung hielt bereits seit drei Monatsläufen. Sie ist gutaussehend, wohlerzogen und aus gutem Hause, da ihr Vater der Hauptmann der Garde zu Lilienbruch ist. Zu seinem Glück leben sie aber mit ihrer Mutter etwas Abseits von Lilienbruch, in der Nähe seiner Familie. Meist treffen sie sich ungezwungen und so hatte Jon bisher das Glück mehr als einem scheuen Kuss zu entgehen. Er würde es gerne ausprobieren, aber die Furcht ist zu groß. Außerdem hat er doch noch alle Zeit der Welt?

An diesem Abend treffen sie sich jedoch in ihrem Zimmer im Haus ihrer Eltern. Die Sonne geht bereits unter, weswegen Jon sich durch ihr Fenster hinein schleichen muss. Kat erwartet ihn bereits mit einem scheuen Lächeln und Jon sieht sich nicht weniger scheu in dem Zimmer um. Die Einrichtung ist eben so zart und feminin wie Kat selbst. Sie kommt auf ihn zu, legt die schlanken Handgelenke um seinen Nacken und schmiegt sich dicht an ihn.
„Hat dich jemand gesehen, Jon?“ säuselt das Mädchen nah bei ihm, wobei er sich fragt was ihn so schrecklich nervös macht. „N-nein.“ Das leichte Stottern ist ihm peinlich und er errötet leicht. Kat lächelt und zieht ihn leicht auffordernd hinab, woraufhin er vorsichtig und mit einer leichten Berührung die Hände um ihre Taille legt. Sie küssen sich zärtlich, aber so zurückhaltend und vorsichtig wie es junge Verliebte tun. Trotzdem fühlt sich der Kuss anders an und Jon spürt wie Katharina's Finger an seinem Kragen hinab wandern und sich an den Knöpfen zu schaffen machen. Als sie sein Zögern spürt und seinen hektischen Herzschlag, unterbricht sie den Kuss, lehnt sich zurück und blickt ihn an. „Hör nicht auf, Jon.“
Er schluckt mühsam und legt die Hand sanft an ihre Wange. „Aber doch nicht hier. Deine Mutter könnte jeden Moment...“ Sie erstickt seine Bedenken mit einem weiteren Kuss, aus dem er sich aber rasch entzieht. Mit leicht geöffneten Lippen sieht er sie an, während sein Herz mit seinem Verstand ringt.
"Oh, wie ehrenhaft du doch bist, Jonathan Silberfels." seufzt Katharina und taxiert ihn mit einem lauernden Blick. Er muss sich zusammen reißen, was würde sie sonst von ihm halten? Trotzdem stammelt er nicht die Worte die sie hören will, wie er ihrem Gesicht ablesen kann.
"Wir haben doch alle Zeit, die uns gegeben ist." murmelt er, woraufhin ihr Körper leicht zusammen sackt. Er lächelt aufmunternd, aber die Zurückweisung traf sie schlimmer, als Jon erwartet hatte. Sie schüttelt den Kopf resignierend und löst die Hände von ihm.
Mit einem leicht dumpfen Laut sinkt sie aufs Bett und lässt die Füße baumeln. Jon gesellt sich zu ihr, legt den Arm um sie und murmelt eine Entschuldigung, aber seine Chance ist vertan. Der Abend vergeht unangenehm schleppend und er kommt nicht mehr in den Genuss ihr Lachen zu hören oder sie aufrichtig lächeln zu sehen. Er macht sich Vorwürfe und fühlt sich schändlich.

Die damals gesprochenen Worte vergehen in Neben und Jon's Finger zucken leicht, als er die Gedanken weiter lenkt. Er spürt ein Ziehen in der Brust, als er sich selbst sieht, wie er ein weiteres Mal über das Dach zur Kammer seiner Angebeteten klettert. Das Ziehen erweist sich als vorfreudige Aufregung. Kat hat ihn zu sich eingeladen und diesmal würde er alles Richtig machen. Es ist einen Wochenlauf her, das er bei ihr war und seitdem gab es keine Gespräche zwischen ihnen. Nur diese Einladung.

Jon klettert vorsichtig hinauf und verharrt vor Kat's Fenster. Vorsichtig schiebt er die Finger in den kleinen Spalt, den sie ihm gelassen hat und zieht die Flügel auf. Er sieht Licht und eine Silhouette und sein Herz macht kleine Sprünge vor Aufregung. Als er sich vornüber beugt und ansetzt ein Bein anzuheben, erstarrt er aber in seinem Tun, als er Stimmen hört. Er duckt sich mit hämmerndem Herzen weg und schmiegt sich dicht an die Holzvertäfelung.
Sein Herz schlägt ihm bis zum Hals, sodass es eine Weile dauert, bis er die Stimmen erkennt und sich einigermaßen sammelt. Kat spricht mit einem jungen Mann, auf schmerzhaft sanfte und zärtliche Weise. Dann hört er Geräusche, als würden sie sich küssen. Kat seufzt angetan, ein Laut, den Jon unterbewusst lang ersehnt hat und ihm dadurch einen umso heftigeren Schmerz versetzt, da er nicht ihm gilt. Tränen sammeln sich in seinen Augen und er ballt die Hände, um die Schwäche zu unterdrücken und sich zusammen zu reißen.
Dann ertönt ein dumpfer Laut und ein Kichern. Ein männliches Brummen murmelt Kat Dinge zu, die sie zum Lachen bringen. Die Tonlage kommt Jon bekannt vor. Schwer zu sagen, ob es der zweite dumpfe Laut oder die Bekanntheit der Stimme ist, die ihn aus seinem Versteck hervor locken, aber er dreht sich um und späht über den Fenstersims. Ein junger Mann liegt auf Kat, die sich unter diesem im Bett wälzt. Der Mann reckt den Kopf mit den dunklen Haaren und küsst Jon's Herzdame. Das intime Geräusch brennt sich in seinen Kopf ein und versetzt ihm jedes Mal aufs neue einen grausamen Schmerz. Ihre Finger streichen über den nackten Rücken, einen Rücken den Jon zu gut kennt. Er schluckt, dann gibt er ein entsetztes Geräusch von sich, das Albert dazu bringt den Kopf zum Fenster zu drehen. Die beiden Brüder sehen sich an und Jon's Augen sind geweitet und verständnislos.
„Jon, was..?“ setzt Albert irritiert an, aber der triumphierende Blick, den Katharina Jon zu wirft zwingt ihn dazu sofort aus seinem Versteck zu rutschen und das Dach hinab zu klettern. Er ergreift so gehetzt die Flucht, das er kurz stolpert und strauchelt. Seine Beine tragen ihn soweit, bis seine Lungen vor Anstrengung brennen und er sinkt gegen den nächstbesten Baumstamm und sackt zusammen.
Die Gefühle übermannen ihn in einer unbarmherzigen Mischung. Wut, Entsetzen, Verzweiflung und Schmerz. Sein Herz und sein Vertrauen wurde missbraucht und hintergangen und das Zusammenspiel dieser Eindrücke wirft ihn zu Boden wie ein heftiger Schwerthieb.
Die Emotionen dringen bis in die Gegenwart vor und er stößt den Atem in kleinen Wölkchen aus. Die Hand auf Herzseite auf die Brust gelegt lässt er die Gefühle auf sich wirken. Vor allem die Wut lässt er auf sich wirken – ein Gefühl, das ihn glücklicherweise nicht so oft plagt - um sie dann mühsam nieder zu ringen. Er schlingt die Hände um seine Schultern und senkt den Kopf leicht, die Augen noch immer geschlossen.

Es dauert eine Weile, aber als die Schwere von seinem Herzen weicht bleibt dort Gelöstheit und er fühlt einen Hauch von Freiheit. Er schließt bewusst mit dem Tag und dem Ereignis ab und besinnt sich auf die Zeit, die vergangen ist. Seine Wut ist verwirkt und würde er heute seinen Bruder wieder treffen, dann würde er ihn in die Arme schließen. Denn er hat ihn lange nicht gesehen und keine Fehler ihrer Jugend soll zwischen ihnen stehen. Jetzt, Jahre später ist er sogar ein wenig dankbar für die Lektion. Eine Lektion, wie sie das Leben gerne spielt.
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#14
[Bild: po84szac.png]

In der kalten Jahreszeit gibt es nicht luxuriöseres und entspannenderes als ein warmes Bad. Der Wasserdampf trägt den Geruch von Minze mit sich und besänftigt Jon's Gedanken. Er legt den Kopf leicht in den Nacken, was von einem Plätschern untermalt wird. Das wohlige Wasser lässt sein Herz ruhiger schlagen und versetzt ihn eine ruhige, gar schläftige Stimmung. Sein Körper hat sich wieder gänzlich aufgewärmt, nachdem ihn die regnerische, kalte Patroullie ausgezehrt hat.
Greifanger ist spürbar ruhig in letzter Zeit, vor allem wenn er etwas von dem Trubel in Hohenquell mit bekommt. Aber die derzeitigen Patroullien fühlen sich dennoch wichtig an. Er soll für Ordnung sorgen, während sein Herr das Fest der Ahnen mit den anderen Mondwächtergläubigen zusammen begeht. In letzter Zeit wagen sich mehr Wölfe auf die Wege und bringen ein wenig Abwechslung in die Ausritte. Natürlich bedarf es keine Motivation, denn die Wölfe sind nicht zu unterschätzen. Sobald er sich eine der eifrigen Bäuerinnen vorstellt, die vor einem Wolf flüchtet, spürt er einen Anflug von Beschützersinn. Die Bereitschaft und tägliche Pflicht ist schon längst zur Routine geworden. Das es mittlerweile um mehr geht als nur die Erfüllung seiner Aufgabe als Knappe, ändert nichts an seiner Einstellung. Er ist schon immer pflichtbewusst und engagiert, seit dem Tag an dem er seinen Schwur gegenüber Saresh abgelegt hat. Und doch hat es nun andere Bedeutung, da es darum geht die Baronin zu überzeugen und seinen Eindruck zu wahren.

Mit einem Seufzen fischt er den Schwamm aus dem Wasser und lässt ein warmes Rinnsaal über seine Schulterpartie laufen, als er diesen ausdrückt. Dank der Entspannung fühlen sich seine Gedanken weniger streng und festgefahren an. Warum macht er sich auch immer so viele Gedanken? »Es ist wichtig sich Gedanken zu machen, aber manchmal kann man die Dinge auch zer-denken.« So waren Gnaden Veltenbruchs Worte gewesen und sie hallen zwei Tage nach dem Gespräch noch in Jon's Kopf nach. Es war das dritte Treffen gewesen und mit jedem Mal wurden die Themen tiefgründiger und persönlicher. Wo Saresh an Jon's Kampfgeschick, Weitsichtigkeit und Kompetenz feilt, stärkt der Priester sein Selbstbewusstsein. Möglicherweise ist es seine vorerst Letzte aber definitiv eine der wichtigsten Lektionen. Es mangelt ihm schlicht an Vertrauen, Selbstsicherheit und Glaube. So viel Mühe er sich auch geben mag, immer wieder beschwert ihn Zurückhaltung. Seine Bescheidenheit wird er in seinem Leben nicht mehr ablegen können, aber er muss den Glauben daran lernen, auf die Einschätzung und Worte von Anderen zu vertrauen. Es gibt wenige Menschen, die eine realistische Selbsteinschätzung haben. Oft ist es sogar Arroganz oder Überheblichkeit, zwei Sichtweisen, die er in keinem Fall herbei sehnt. Vielmehr soll er sich in Stolz und Akzeptanz üben.
Bisher war er der festen Überzeugung, dass er nach vorne sehen muss und sich möglichst von der Vergangenheit nicht belasten lassen soll. Aber er lag falsch. Auch seiner Verlobten hatte er damals – es sind schon einige Mondwenden vergangen – geraten, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Doch hätte er ihr Herz überhaupt erobern können, wenn sie nicht so scheu gewesen wäre, wegen den Enttäuschungen ihrer Vergangenheit? Er hätte ihr auf keine andere Art besser beweisen können, dass er bereit war sich zu gedulden und es ernst mit ihr meint. Tatsächlich lässt er sie nun warten, da er in einer Art Schwebe hängt. Eine Schwebe, die durch nichts anderes verursacht wird, als seine Gedanken.
Warum muss er so grüblerisch und übertrieben bedacht sein? Er lies bisher alles auf sich zu kommen, bis diese vage Aussicht am Horizont erschienen ist. Ihm wurde etwas in Aussicht gestellt, wonach er sich unterschwellig sehnt. Aber anstatt sich geehrt zu fühlen und seinen Weg beharrlich und stolz weiter zu gehen, zieht er von Zeit zu Zeit den Kopf ein. Eine ähnliche Reaktion lösen die Worte seines Herren aus. Saresh gedenkt ihn zum neuen Jahr frei zu geben, denn die Baronin hat nach der Empfehlung des Lehensritters ein Auge auf Jon geworfen. Obwohl sein Herz bei den Worten warm vor Stolz werden sollte, hemmt ihn der Zweifel. »Dein Ritterschlag ist für mich keine Mutmaßung. Du müsstest schon etwas sehr Dummes tun, damit ich meine Fürsprache entziehe oder die Knappschaft länger andauert.«
Sollten die Worte nicht alles sein, was er sich erhoffen und ersehnen kann? Ist es nicht sogar vermessen diese in Frage zu stellen? Wann hatte sein Herr sich je geirrt. Dennoch kann Jon es nicht einfach akzeptieren und darauf vertrauen.

Als er wenig später in ein Handtuch gehüllt an der Bettkante sitzt, entsinnt er sich Gnaden Veltenbruch's Rat. Gefühle haben den höchsten Wert und Bestand vor Mithras. Ein Sieg im Namen von Mithras erfüllt jemanden mit Licht und bringt ihn für einen Moment näher. Jon konzentriert sich auf das ruhige Klopfen seines Herzes und besinnt sich an vergangene Situationen. Er versucht das Licht zu schöpfen, aus dem warmen oder erleichternden Gefühl.
Sein erstes, eigenständig gejagtes Tier. Der Sieg auf dem Tunier in Lilienbruch. Der Moment, als Saresh ihn als würdig erklärte, sein Knappe zu werden. Eben jener Augenblick, in dem er Leira seine Liebe gestand und sie erwiedert hat. Der Sieg über die dämonische Bedrohung in Greifanger. Das gewonnene Duell gegen Cyril, im Namen der Liebe. Im Namen von Mithras.
Worte, Lob und Anerkennung haben nicht die Bedeutung von dem einhüllend warmen Gefühl. Diese seltenen, aber höchst wertvollen Momente brachten ihn für einen Herzschlag näher an Mithras. Es ist ein Gefühl, nach dem man gieren möchte und nach dem man bedenkenlos gieren darf.
Mit geschlossenen Augen schiebt er die Zweifel beiseite und wagt einen Ausblick. Er sieht sich auf den Knien vor seiner Baronin im Tempel des Mithras, die Waffe in vollendeter Ergebenheit an sie überreicht. Ein zweites Mal, an gleichem Ort steht er neben Leira, ihre Hand ergriffen und einen Schwur für die Ewigkeit leistend. Beide Gedanken fühlen sich lebendig an, kraftspendend und alles andere an fremd. Er klammert sich an das Gefühl und betet stumm zu Mithras, dass es ihm nicht sogleich wieder entgleitet.
Er möchte ein guter Diener sein, ganz gleich ob für seinen Herr, die Baronin oder die Baronie, die fast zu seiner Heimat geworden ist. Aber vor allem für Mithras.
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#15
Das erste Tageslicht weckt ihn auf. Die Nacht war unruhig und er fühlt sich wie gerädert. Der getrocknete Schlafmohn hatte gut gewirkt, den er immer mit sich trägt und in solchen Situationen eine geringe Menge kaut. Was ihn eher immer wieder aufschrecken lies, waren die Schritte der Heilerinnen. Fast Stündlich hörte er Bewegung einen Stock über sich. Kein gutes Zeichen. Er macht sich Sorgen um Panscher, ihn hat es am Schlimmsten erwischt, als die gerissenen Angreifer aus dem Hinterhalt kamen. Nach dem überstürzten Ritt nach Löwenstein hing er bewusstlos auf seinem Pferd. Warum hat er sich überhaupt freiwillig gemeldet nach Löwenstein zu reiten, wenn er so angeschlagen war? Kann er seinen Körper nicht einschätzen?
Elend war ihm, als er seinen Mitstreiter vom Pferd ziehen lies, um ihn ins Heilerhaus zu bringen. Sogleich wurde nach der Vogtin geschickt, damit er augenblicklich versorgt werden konnte. Jon hat keine Ahnung, wie es um Panscher's Zustand steht.

Langsam schwingt er die Beine aus dem Bett und reibt sich mit den Händen übers Gesicht. Er nimmt einen Schluck aus dem Wasserschlauch, dem ihm die aufmerksame Phoebe hinterlassen hat. Bei jedem Schluck spürt er die Naht und einen unangenehmen Druck. Wenigstens hatte er kein Fieber bekommen, das ist doch ein gutes Zeichen? Und er hat Hunger wie ein Bär.
Mit den Fingern streicht er vorsichtig unter seiner rechten Achsel entlang. Er spürt die Wunde unter der Verband, der Schmerz löst den letzten Schlaf aus seinen Gliedern. Vorsichtig schiebt er den Verband höher, dort wo er die schmerzliche Rippe vermutet. Jon hebt umständlich den Arm etwas und sieht hinab. Ein überraschtes aber zugleich erleichtertes Ausatmen entfährt ihm. Es ist nicht die Rippe, er hat sich ein tieflila gefärbtes Hämatom eingefangen durch den heftigen Treffer. Vermutlich hat der Harnisch heftig gegen seinen Brustkorb gedrückt. Trotz dem Schmerz betastet er die Stelle, fühlt seine vollständige, wenn auch schmerzempfindliche Rippe, aber er fühlt keine Unebenheit, keinen Bruch. Er wagt einen tiefen Atemzug, der nur mit einem sachten Stich von Statten geht. Stumm dankt er Mithras, eine malträtierte Rippe könnte er im Moment überhaupt nicht gebrauchen. Die Trägheit seines Armes kann er verkraften, denn sein Herr lehrte ihm , er soll auch seinen zweiten Arm trainieren. Er würde soweit mit Links kämpfen können, hauptsache er fällt nicht aus.
Jon würde am Liebsten in die Kirche stürmen und Justan oder Gnaden Teran schütteln. Wer fühlte sich überhaupt zuständig dafür? Warum ist die Reinigung der Mühle nicht schon längst geschehen? Wieviele müssen noch zu Schaden kommen? Seine Geduld ist am Ende. Sein Herr hat Recht, wenn die Kirche nicht bald handelt, wird der Rabenkreis informiert. Vielleicht schreibt er Eylis eine Nachricht, sie wirkte alarmiert, als er ihr von den Vorkommnissen berichtete.
Nicht nur diese Nachricht ist nötig, sondern auch Andere. An seine Baronin. An Saresh. Und vielleicht sollte er auch Evellyn schreiben, nachdem er gestern nur noch eine mündliche Nachricht schicken konnte, sodass sie erfährt wie es um ihren Mann steht.

Gerade als eine der Heilerinnen wieder über seinem Kopf einen Stock höher auf und ab schreitet, drückt sich Jon auf und wirft seinen Umhang über. Er muss nur eben zur Bank und Papier und Feder holen. Sein Kreislauf zwingt ihn fast ins Bett zurück, aber er reisst sich zusammen. Kurze Zeit später kehrt er außer Atem zurück, klemmt sich hinter das kleine Tischchen und macht sich ans Schreiben. Dabei hält er mit der linken Hand das rechte Handgelenk fest, um den Schmerz gering zu halten.


Während er den Bericht verfasst, geht er den vergangenen Abend gedanklich nochmals durch. Die Musterung war ein voller Erfolg. Er hatte zwei der drei neuen Rekruten von Greifanger mit zur Musterung gebracht. Es war nicht einfach diese aufzutreiben, mit seinem Bruder hatte er natürlich nicht im Geringsten gerechnet. Vielleicht ein Zeichen Mithras?
Von Hohenquellner Seite zählte er zwei Rekruten, dazu Wachmann Runar und Herrn Panscher. Der organisatorische Ablauf ging gut von Statten, sie hatten eine ansehnliche Truppe auf die Beine gestellt und er blickte der Zukunft optimistisch entgegen.

[Bild: kegni4x6.png]

Als sie zur ersten gemeinsamen Patroullie aufbrachen, kamen sie nicht weit. Das unangenehme Gefühl kehrte zurück, das sie schon bei der Lichtwache beunruhigte. Panscher und Arellus warfen sich wissende Blicke zu. Die Sinne der Hermetiker sind einfach schärfer wenn es um solche Kräfte geht. Bei der Brücke in Kliffweiden wurden sie von schemenhaften Geistern angegriffen, Arellus nannte sie Schattengestalten, gehüllt in ravinsthaler Uniformen. Sie verhöhnten die Lande, provozierten die Ansässigen. Und sie hatten Jon wohl beim Jagen zugesehen. Als er zuschlagen will verschwindet sein Gegner vor seinen Augen, formiert sich neu und zielt mit brachialer Wucht auf eine seiner Schwachstellen. Jon war überrascht, der erste Treffer sas, bis er sich an die Taktik gewöhnen konnte, die seiner so ähnlich war.
Die Gruppe schlug sich bis zum Baroniesitz vor und reinigte den Vorhof. Doch dann huschte ein Schatten an ihnen vorbei und eine drei Mann starke Echse formierte sich. Die Kraft des Tieres war gewaltig, schlug Arellus mit einem gezielten Schwanzhieb zu Boden.
Schließlich wurde das Biest jedoch besiegt und wurde untersucht. Arellus nannte es einen Tatzelwurm, was immer das auch sein mag. Das Biest raffte einige von ihnen nieder, auch er selbst fand sich für ein paar unklare Momente auf dem Boden wieder.
Aber der Angriff schien zerschlagen zu sein und so machten sich Herr Panscher und er auf den Weg nach Löwenstein, um die Kirche zu informieren. Ihre Seligkeit selbst schickte ihn ins Heilerhaus. Er hatte eine gute Menge Blut verloren aber er war stur.
So hatte er sich den Abend nicht vorgestellt, aber er hofft bald aufbrechen zu können, um selbst die Baronie zu schützen und den Anwohnern Sicherheit zu vermitteln, bis die Kirche hoffentlich endlich eintrifft.

[Bild: 6f3lhynn.png]
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#16
Nachdem er schließlich aus dem Heilerhaus entlassen wurde, nimmt er sich jeden Abend den Marsch nach Löwenstein vor. Er soll noch nicht reiten und nimmt sich die Mahnung jetzt zu Herzen. Natürlich hatte er nicht gezögert, als sein Herr am Tag des Donners ins Heilerhaus geplatzt war und ihn anwies sich aufs Pferd zu setzen. Die Belohnung war das gelöste Fadenende und erneut Schmerzen beim Desinfizieren und Nähen.
Aber Jon ist stur und er nimmt sich vor bis zur Reinigung in sieben Tagen wieder seine Rüstung anlegen zu können. Ebenso hat er sich vorgenommen jeden Abend das Abend- oder Nachtgebet im Tempel zu Löwenstein abzuhalten. Auch wenn die Worte Abend für Abend variieren würden, so will er beharrlich um das Selbe bitten: Schutz und Erfolg für das Vorhaben am kommenden Samstag.
Seine Verlobte begleitet ihn zum Gebet und harrt auch sonst an seiner Seite, so er sie darum bittet. Sie ist sein Anker in diesen Tagen und sein Gewissen, wenn er sich zu viel zu Muten will. Die Wunde muss heilen, sonst wäre er keinerlei Hilfe beim Vorhaben der Kirche. Er hatte geschworen ihnen dabei zu helfen und die Unterstützung zu sichern, die er und die Verbündeten Greifanger's geben können. Sein Herr hatte ihm diese Aufgabe übertragen, da Jon seit der ersten Stunde in die Ereignisse bei der Mühle verwickelt war.

Die Worte, die er an diesem Abend an Mithras wendet sind bittend und voller Hoffnung und Vertrauen.

Mithras, mein Herr.
In den Zeiten tiefster Dunkelheit rufe ich dich an.
Schenke meinem Herz etwas von deinem Licht, auf dass ich es nach Greifanger tragen kann, um die Dunkelheit zu vertreiben.
Hilf mir zu genesen, sodass ich die Truppen unter deinem Namen führen kann.
Gewähre mir die Möglichkeit deinen Einfluss in den Herzen der Menschen dort zu verankern.
Zeige mir deinen rechtschaffenden Weg durch die Dunkelheit und lenke mein Schwert in deinem Sinne.
Sei mein Schild, oh Herr!

[Bild: r734fixt.png]
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#17
Am Abend führte ihn sein Weg nach Löwenstein, als er die Legionärin zurück begleitet. Die Stimmung ist nicht gerade prächtig und er spürt, dass sich eine Wand zwischen ihnen formiert, die er im Moment nicht gebrauchen kann. Jon ist zu organisiert und zu perfektionistisch, um eine bedeutsame Änderung kurz vor der Reinigung still schweigend zu akzeptieren. Dennoch ist es an ihm, das Beste daraus zu machen, was bleibt ihm auch Anderes übrig?

Es ist spät geworden und so schafft der junge Knappe es erst zum Nachtgebet in den Tempel. Löwenstein's Straßen sind voller Leute, eine Tatsache, die ihm heute unangenehm ist. So begrüßt er die Ruhe im Tempel umso mehr und lässt sich auf die Knie hinab.
Seine Konzentration bündelt sich auf sein Gebet und er bittet Mithras inständig um Verständnis, dass er sich mithilfe des Segens der Götter von der Schamanin behandeln lies. Aber es war ein Befehl seines Herrn gewesen und nur so kann er sicher stellen, dass er kämpferisch voll einsatzbereit ist.

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Wiederrum bittet er um Weisung, Stärke und einen klaren Kopf. Tief in seinem Herzen ist es ihm das wichtigste Begehren, seinen Herrn zu schützen. Darüber hinaus muss Greifanger endgültig gereinigt werden, damit alles zum gewohnten Trott zurück kehrt. Er verschwendet keinen Gedanken an Lob, Stolz oder Anerkennung. So sein Herr danach begehrt, wird Jon sein Bestes tun, um ihm dies zu erarbeiten, aber fern jedes eigennützigen Gedankens.
Insgeheim sehnt er sich nach der Ruhe, die hoffentlich nach dem Quelltag eintritt. Die ereignisreichen Wochen lasten schwer auf ihm und er möchte auch seiner Verlobten etwas Ruhe ermöglichen. Sehnt er sich tatsächlich nach fadem Alltag?
Jon hat noch ein paar Tage zu bewältigen, die mühsam verstreichen werden. Mit Diskussionen, Gebeten, Unstimmigkeiten, aber hoffentlich auch Zusammenhalt.
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#18
Es war wohl das letzte Mal vor der Reinigung, dass Jon sich in den Tempel begibt. Der ehemalige Erwürden Justan Schumann wurde wohl als Verräter entlassen und an jenem Abend gejagt. Demnach trifft Jon auf reges Treiben in der Kirche, obwohl er nur eins im Kopf hat, den Quelltag. Er versucht sich nicht irritieren zu lassen und kniet sich nach andächtigem Kniefall zum Altar, vor eine der Bänke. Routiniert spricht er das Nachtgebet, stellt aber keine persönlichen Hoffnungen oder Bitten mehr in den Vordergrund. Er benötigt nur noch etwas Kraft, die er aber am Tag zuvor schöpfen kann. Als Knappe eines Juren wurde ihm bereits früh gelernt, dass man am Tag vor der Schlacht Ruhe finden, vielleicht ein Weib nehmen oder den Körper auf andere Weise entlasten soll.
Jon dient Saresh nun seit acht Mondläufen. Die Zeit war intensiv, er hat in der Kürze mehr gelernt, als er es alleine in drei Jahresläufen gekonnt hätte. Seine Wahrnehmung, seine Weitsicht, als auch sein Denken wurden geschult. Er hat gelernt mit Druck umzugehen, übertragenes Vertrauen nicht zu enttäuschen und was einen guten, loyalen Mann ausmacht, der an der Seite eines solchen Ritters reitet.
Sein Herz fühlt sich bereit für das, was wohmöglich nach der Reinigung kommen mag. Dennoch ist sein ganzes Wesen auf den kommenden, essentiellen Tag fokussiert. Er hört Worte wie 'Feuerprobe', 'Anwärter', 'letzte Prüfung', ist aber nicht bereit anzunehmen, was dies bedeuten könnte. Aus Selbstschutz und um seine Souveränität zu wahren, mir der er es bisher geschafft hat seinen Dienstherren zufrieden zu stimmen, vielleicht sogar stolz. Noch hängt er an seiner Leine, auch wenn sie deutlich verlängert wurde. Wird Saresh ihn wirklich davon lösen, wie er es verspricht? Es wird sich am Quelltag zeigen, ob er die Leine wieder fester zurren muss, oder ob Jon bereit ist, die ersten Schritte alleine zu wagen.
Du bist vorbereitet und bereit dazu. Du kannst das. Es ist nur eine Wiederholung deines Vorgehens gegen den Dämonen.

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Er erhebt sich aus seinem Gebet und seinen Gedanken. Ihre Seligkeit tritt aus dem Nebenraum in das Kirchenschiff und fasst ihn ins Auge. Hängt sie ihren Gedanken nach oder weshalb sieht sie ihn so an? Jon erbittet etwas von ihrer Zeit, um seine Klinge zu segnen. Eine letzte Vorbereitung, die er zu gerne vor dem Quelltag erledigt haben möchte. Die erhabene Priesterin erklärt sich wiederstandslos dazu bereit und geht mit ihm zum Altar. Er reicht ihr das Schwert routiniert an, so wie er es bereits einige Male bei Saresh beobachtet hat. Tatsächlich muss er für einen Moment daran denken, wie es sein würde hier nieder zu knien. Vor Mithras, vor einer neuen Herrin.

Er verfolgt die Handgriffe von Seligkeit Winkel leicht abgelenkt, zollt ihr aber seine ganze Aufmerksamkeit, als ihre Worte die Kathedrale erfüllen. So konzentriert er sich auf die Segnung seiner Klinge, die Verlängerung seines Arms, die er mit dem Willen seines Herrn führt.

Herr ...
Mithras, segne diese Waffe ... segne dieses Schwert ..
auf das es deine Feinde niederstrecke ..

Segne diese Waffe auf das sie den Feinden im Angesicht zum Schrecken werde ..
Herr - Segne diese Waffe auf das sie nicht unbedacht gezogen werde und das sie Frieden bringe ...
Segne diese Waffe auf das ihr Träger deinen Willen trage ...
dein wort verbreite ...
und mit deiner Hand fechte.
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#19
Die Sonne kitzelt Jon an der Nase, als er seit Langem einmal wieder zu seinem Lieblingsplatz gefunden hat. Er lehnt an einem Baum, der Baum an dem er die ersten Schießübungen mit Leira gemacht hat. Damals, als jene Berührung noch zufällig war und jeden der Beiden verlegen stimmte, dachte er nicht daran sie zu Heiraten und mit ihr eine Familie zu gründen. Eben nach dem Vorbild 'ihres' Baumes hat er die Eheringe gestalten lassen. Zarte Ranken sind in das feine Material graviert, die an Wurzeln eines Baumes erinnern. Genauso soll eines Tages sein Banner einen Baum zeigen.
Er lehnt den Hinterkopf gegen den Baumstamm und lächelt seelig. Sowohl der Ort, als auch die Liebe zu dieser einen Frau, die bald vor Mithras die Seine ist, füllt ihn mit Mithras' Wärme.
"Dieses Gefühl stärkt euren Glauben und ihr müsst euch darauf berufen und es euch erhalten." erklingen die Worte von Gnaden Veltenbruch in seinem Kopf. Als die Worte gesprochen wurden, dachte er dieser Ratschlag sei schwer zu befolgen. Aber wenn er in ihre Augen sieht und ihre Worte hört, die ihm Kraft spenden und ihn antreiben, dann spürt er Vertrauen zu seinem Glauben.

Seit der Reinigung ist es umso leichter dieses Gefühl in Erinnerung zu rufen. Als die Worte ihrer Seligkeit erklungen sind, dass die Läuterung erfolgreich beendet wurde, stimmten die Gläubigen in die 'Mithras obsiegt!'-Rufe ein. Für einen Moment war Jon wie erstarrt. Erleichterung und Dankbarkeit waren die beiden Gefühle, die sich die Waage hielten. Er war Dankbar für die zahlreiche Unterstützung und all die Hilfe, für das Vertrauen seines Dienstherren und die Unterstützung Mithras'. Erleichterung überfiel ihn vor allem, da die Truppen ohne schwere Verletzungen oder gar Verluste dieses Höllenfeuer überstanden haben. Zum Teil fühlte er auch Stolz, ausgelöst durch Triumph, welcher aber erst spürbar wurde durch die Worte Anderer: Die seines Fürsten, seines Herrn, der Verbündeten.
Zwischen all diesen Gefühlen war es, als würde ein Lichtstrahl aus der Wolkendecke brechen und eine tapfere Bogenschützin unter den starken Reihen in Szene setzen. Er spürt Sehnsucht, gepaart mit fast schon schmerzender Erleichterung und die heftige Begierde, Leira in die Arme zu schließen. Mit einem Mal war er sich sicher, dass es immer so sein würde. Natürlich kämpft er für die Baronie, die Heimat, seinen Dienstherren und seinen Glauben. Aber da er es mit vollstem Herzen tut, wie sein Herr es ihm gerlernt hat, wird immer diese Frau diejenige sein, mit der er alles teilen wird. Nur weil man sich eines Triumphes sicher ist, bedeutet es nicht, dass dieser im Herzen ankommt. Manchmal muss man die Worte, die Erleichterung erst mit jemandem Teilen.
Als sich die Truppen schließlich zum Aufbruch bereit machten, kam die rothaarige Schönheit im blauen Wappenrock zu ihm. Er musterte sie, um sie nach Verletzungen abzusuchen und auf skurile Weise tat sie das selbe. Mit einem Lächeln und einem innigen Blick bestätigte er ihr, dass alles noch an Ort und Stelle ist. Die folgende Umarmung war das was sein Herz in dem Moment brauchte und ersehnte. Wenn sich ein Moment so Richtig anfühlt, dann schafft es sogar der bescheidene, achtsame Recke Vertrauen zu schöpfen.
Du hast geholfen, dieses Loch zum Abyss zu schließen, was soll kommen, dass dich noch zu erschüttern weiß?

Mit einem langen Ausatmen sinnt er dem Moment noch nach. Zu jeder schweren Stunde und jedem dunklen Tag wird ihn das Vertrauen an Mithras stärken. Unterstützend steht sein Herr hinter ihm, ebenso wie seine Verlobte und die Kämpfer, die ihm den Rücken stärken. Sein Herz gibt den Weg vor und die Menschen in seinem Leben lenken ihn, wenn er eine Abzweigung verpassen würde.
Jetzt, da er so kurz vor der Ziellinie ist, wird er keinen Moment mehr über die Stolpersteine nachdenken, die ihm vorher im Weg lagen. Jeder kommt ins Straucheln, es ist nur wichtig, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Kein Mensch ist perfekt und unter dem Dienstherren, den er gewählt hat – oder hat jener Jon gewählt? - war jede Aufgabe eine Stolperfalle. Natürlich muss er viel Kritik und Zurechtweisung einstecken, aber dafür hört er auch aufrichtiges, seltenes Lob, wenn er seinen Dienst gut erledigt.
Und wenn er ehrlich mit sich ist, hätte er nicht bis zur Ziellinie durchgehalten, wenn ihn unterwegs die Schwiergkeiten nicht stärker gemacht, gar angespornt hätten.
Er ist bereit sich den Pflichten und Aufgaben zu stellen, die sein Herr ihm bei der Konklave überträgt. Danach wird er sich der Einschätzung seiner Baronin stellen. Anschließend wird er seine Verlobte vor den Altar führen und – so Mithras will – kann er ihr dann eben jener Mann sein, den sie verdient hat.

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#20
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Die erste Nacht in ihrem neuen Heim bricht an. Jon dreht sich auf die Seite und schmiegt sich noch einen sehnlichen Moment in die wärmende Felldecke und an die Frau neben sich. Seine Hand legt sich auf ihrem Bauch ab und streichelt wissend darüber. Vor Kurzen hätte er noch behauptet, das letzte halbe Jahr war ereignisreich wie sonst keine Zeit in seinem Leben gewesen. Doch dann kam das neue Jahr und mit diesem ein viel tief gehender Wandel. In knapp zwei Wochenläufen würde er Leira zur Frau nehmen.

Sie hatte ihm schon so viel geschenkt und nun noch mehr. Ihre Herz, ihre Hand, ihr ganzes Sein und jetzt auch noch ein Kind. Sie schenkt ihm eine Familie, etwas woran er vor einem Jahreslauf noch nicht einmal gedacht hatte. Er mochte seine Freiheiten viel zu sehr, um sie aufzugeben. Aber trotzdem fügte sich alles so mühelos. Leira ist sein Halt und sein Antrieb, wo er befürchtet hatte eine Bindung würde ihn hindern. Wie hätte er auch wissen sollen, dass sie sein fehlender Teil ist, bevor er sie kannte?
Darüber hinaus hatte er ihre Loyalität gesichert. Etwas, das Saresh ihm ans Herz gelegt hatte und ihn lange beschäftigt hat. Wenn das Bündnis zwischen Greifanger und dem Orden je geschwächt worden wäre, hätte Leira sich entscheiden müssen. Eine Situation, die er zu gern fort schieben wollte. Aber schlussendlich war es ihre eigene Entscheidung, den Orden hinter sich zu lassen. Jon ist ihr überaus dankbar dafür, vor allem da sie ihren Nachwuchs trägt. Er kann nirgends so für sie da sein und sie beschützen wie hier in seiner neu gewonnen Heimat, die auch Leira's Heimat ist.

Langsam schlingt er sich aus der Schlafpostion und hinterlässt der schlafenden Schönheit einen Kuss auf dem Schopf. Noch ungewohnt, ob der neuen Umgebung durchquert er das Zimmer und steigt die Treppe hinunter. Ab dem morgigen Tag hielten ihn die Pflichten in Löwenstein, weswegen er zumindest den Tag noch nutzen wollte, um zu Patroullieren und Jagen, bevor sein Körper mit Tanz und Festlichkeiten gefordert wird. Aber es ist genau das Richtige. Zwar wurde der Triumph über die Dunkelheit im engen Kreis ein wenig gefeiert, aber er versteift sich zu sehr auf seine Pflichten und Aufgaben, um wirklich willentlich die Arbeit ruhen zu lassen.
Natürlich brennt auch etwas Neugierde mit. Die Konklave soll ein großes, schimmerndes Fest sein mit viel Aktivität und dem Adel aus aller Welt. Es würde lehrreich werden, aber auch unterhaltsam. Dennoch darf er seine Pflichten und Manieren nicht vernachlässigen, zu viele Augen sind auf seinen Herren und das Gefolge gerichtet, das Candaria vertritt. Tatsächlich ist eben das aber kein leichtes Unterfangen mehr. Er spürt, wie sein Dienstherr ihn freier laufen lässt. Die Gespräche und der Umgang verändern sich. Und doch bleibt die Verbundenheit, die auf Jon's Loyalität und Saresh' Vertrauen gründet. Etwas, das ihm wichtig geworden ist und er niemals aufgeben wird.

Im Wohnraum tritt er zum Lager hinüber und öffnet die Kiste mit den Rüstungen und Waffen. Er legt die Teile routiniert an, bevor er sich nochmals im neu bezogenen Heim umsieht. Die Teppiche und Möbel verstömen eine einladende und warme Atmosphäre. Auf kurz oder lang werden sie hier Gäste empfangen, dann wird Kinderschreien aber auch Lachen durch den Raum hallen. Im Sommer könnten sie direkt neben dem Hof im Meer baden. Es ist ein guter, friedlicher Ort. Zumindest ist es das Gefühl seiner bescheidenen Erziehung und Gesinnung. Ob es Leira und seiner werdenden Familie genügt, wird sich zeigen. Denn es soll ihnen an nichts fehlen.
Bevor ihn der Gedanke an seine Verlobte wieder nach oben lockt, zieht er den Waffengurt fest und macht sich auf in den kalten Morgen.
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