FSK-18 Wenn die Nacht anbricht
#6
Es ist interessant wie schnell sich Prioritäten und Probleme ändern.
Vor sechs Stunden noch waren seine größten Probleme ein paar Löcher in seinen Gewändern und sein verletzer Stolz, nun galten seine Gedanken seiner unsterblichen Seele und ob er sich Mithras gegenüber als würdig erwiesen hatte.
Er hatte keinen Zweifel daran, dass seine Taten gerechtfertigt waren und Mithras Willen entsprachen, doch konnten alle seine Sünden und Makel der Vergangenheit bereits vergeben werden?
Und wie lange würde er im Purgatorium verbringen, sollte es nicht so sein?

Es war amüsant irgendwie, mit einer Leiche über den Schultern seinem eigenen Tod entgegen zu laufen, es hat etwas groteskes, als würde man jeden Moment erwachen müssen, weil nur ein Traum solch abstruse Situationen hervor bringen würde. Doch wenn er ehrlich mit sich ist, hatte er dieses Gefühl schon seit Stunden, genauer seit dem Moment als man ihn aus seinem Gebet und seinen Gedanken heraus riss und ihn hinunter in den Kerker der Kirche brachte.

Eine Priesterschaft die sich als über dem Gesetz wähnt, eine Priesterin die die Sklaverei als Mithrasgewollt darstellt und ein paar Schläger, die es geschafft hatten sich in Legionärskleidung zu zwängen. Er konnte nur schwerlich die Dränge unterdrücken zu fragen wo die fliegenden Schweine und tanzenden Bären seien oder zu verlangen, dass man den dummen Scherz doch endlich verklingen lassen sollte.

Was er nicht ganz unterdrücken konnte war sein gelegentliches Kichern ob der Absurdität der Situation, denn schon nach den ersten paar Fragen war ihm klar, dies war keine Befragung, kein Verhör, es war lediglich eine Farce, sein Verhalten war nicht weiter wichtig, denn egal was er sagt, dass Urteil stand schon fest.
Sie sagten sogar so viel, dass seine Worte wertlos sind und sie lediglich wollten das er etwas unterschreiben was er zuvor nicht einmal lesen durften. Mehrmals musste er sich sein lachen verkneifen, wenn sie danach und davor von Mithras Ordnung und Gerechtigkeit redeten, ihre Worte hohl in seinen Ohren.

Er würde so oder so nichts unterschreiben, was nicht der Wahrheit entsprach und da die Wahrheit hier nicht wichtig war, war sein Schicksal bald besiegelt. Was sein Interesse aber weckte war die Bemerkung, dass ein Abt den Haftbefehl unterschrieb, war es der selbe Abt der nur ein paar kurze Wochen zuvor Mirialay die Kontrolle über die Legion entzog, da sie es wagte zwei Leute wegen Blasphemie hier unten ein zu sperren um die Situation zu klären.
Nun es scheint er hatte seine Abneigung was solche Dinge betrifft schnell abgelegt, aber solch schnelle Änderungen war er auch schon von Erzpriestern gewohnt, die ihre Meinung änderten wie andere ihre Socken, im einen Moment Liebe und Frieden predigend und im nächsten den Hass und Krieg befördernd. Im einen Moment hellhörig und laut, im nächsten taub und stumm.

Noch ein paar mal wurde er hellhörig, doch worauf er wartete kam nicht, weder wurde erklärt seit wann die Kirche befugt ist neben Ketzerei und Hexerei auch Blasphemie zu verfolgen, Leute einzusperren oder ähnliche Dinge. Die Einzige Begründung war wohl, dass sie stärker waren, eine Begründung die einer Räuberbande aber wohl kaum einer Kirche Mithras würdig ist.
Das andere was ihn aufhören ließ und ihn sehr amüsierte war wie schnell man von ein paar unbedachten Worten zu einer Sekte die sich dem Sturz der Kirche verschrieben hatte kam, die Fantasie einiger Leute scheint wirklich große Früchte zu tragen.

Aber an diesem Punkt hat ihn das ganze schon garnicht mehr wirklich interessiert, das Urteil stand fest und da der Wahrheit und Gerechtigkeit offensichtlich nicht genüge getan werden wird, gab es nur einen Ausweg.
Sein Mantel war nicht gerade sauber, ein paar kleine trockene Äste hier, ein paar Krümel von getrockneten Blättern dort. Es war nicht viel, aber es war leicht brennbar, die Litanei Lichterloh hatte er noch im Kopf und mit etwas Konzentration könnte er die ganzen kleinen Lichtquellen an seinem Körper entzünden und seinem Leben so ein Ende bereiten, vielleicht hätte er so sogar noch ein reinigendes Feuer auf die Kirche hernieder fahren lassen, sofern Mithras gewillt war. All diese Gedanken schoßen ihm durch den Kopf, seine Entscheidung bereits getroffen bevor die Hälfte des Gespräches vorüber war.

Doch es kam anderst, er wollte lediglich warten, bis sie Mirialay gehen liesen, damit sie nicht verletzt wurde, doch sie hegte wohl ähnliche Gedanken denn schon bald war der Entschluß gefasst, diesem Leben ein Ende zu bereiten. Und so kam es nun, dass er die Leiche Taliyas den Pfad entlang schleppte, einen Arm um Mirialay gelegt und mit einer makaberer Fröhlichkeit seinem eigenen Tod entgegen lief.

Schließlich erreichten sie ihr Ziel, ein tiefer Atemzug lässt seinen Körper erneut aufleben, ein letztes Flackern der Kerzenflamme. Irgendwie war es richtig hier zu sterben, dieser Platz gefiel ihm schon immer, der Sand fein, die Brandung ruhig und klar, neben der Kirche wohl der beste Ort um Entscheidungen zu fällen und das man hier gut fischen konnte war ein ganz netter Bonus. Doch schnell wurden seine Gedanken wieder in die Gegenwart zurück gerufen und ein leichtes Grauen durchfährt seinen Körper. Nicht sein eigenes Lebensende war es was ihm Sorgen bereitet, doch die Frau die er liebte sterben zu sehen, er war sich nicht sicher ob er dies konnte.

Trotzdem lies er sich nieder, sich nichteinmal daran störend, dass er sich an einen Leichnahm kuschelte, es fühlte sich richtig an vor allem als er Mirialays Stimme hörte, die seine Sorgen und Ängste zerstreute. Vielleicht war er noch nicht bereit für das Elysium, doch sie war es und er wusste er würde früher oder später aus dem Purgatorium ins Elysium einkehren und sie dort wieder sehen.

Er hatte sein Leben dem Dienste Mithras verschrieben und ist dafür eingestanden woran er glaubte, selbst wenn viele ihm das wohl nicht glauben würden.
Er machte sich nichts vor, er war kein Heiliger, sein Name würde vergessen werden kaum das die Asche das Wasser berührte, kein Sänger würde seinen Tod oder sein Leben besingen, kein Dichter ihn beschreiben, seine Asche würde vergehen und sein Name entweder vergessen oder als Ketzer verflucht, doch er hat getan was er für richtig hielt und war nun bereit dafür zu sterben, mit den beiden Menschen die ihm in seinem leben am meisten bedeuteten.
Mit einem letzten Lächeln auf seinen Lippen kam er zu dem Schluß das es ein gutes Leben war und dies eine gute Art zu sterben.

Kurz nur zögert er als die Klinge in seiner Hand liegt, sich noch einen kostbaren Moment gönnend um in das Gesicht seiner Liebsten zu blicken, bevor ein letzter Schnitt und ein letzter Kuss das Ende seines Lebens markieren.
Sein Körper verbrannt und der größte Teil in Fluß und Meer verteilt, seine Seele bereits auf dem Weg ins nächste Leben.
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Wenn die Nacht anbricht - von Taliya Valaris - 07.10.2013, 07:12
RE: Wenn die Nacht anbricht - von Gerrik - 08.10.2013, 14:16



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