[Schattenlos] Es ist sicher
#1
Vorausgesetzt man hatte die Ereignisse der Blutkonklave überstanden, war es alles in allem keine schlechte Zeit um in Löwenstein zu leben: überall waren Posten frei geworden - manche direkt als Tribut an das Treiben der Untoten - manche auch einfach aus Angst. Eine gute Zeit, wenn man entschlossen war und ein Ziel vor Augen hatte
Eine gute Zeit, wenn man lieber nahm, als gab.

Und für diesen Gedanken gab es keinen besser Platz als jenen hier: Gerade gegenüber dem Mithrastempel, vorbildlich gesichert hinter starken Streben und jederzeit ein Lächeln parat für die zahllosen Kunden, die jeden Tag in das Haus strömten, die Treppe hinaufspazierten und dann nahmen oder gaben.

Manche waren einfach und manche schwierig, manche Plaudertaschen und manche grimmige Schweiger.
Sie alle einte das Vertrauen, das sie den Schliessfächern entgegenbrachten.

"18 42 15 23 64."

Und es gab natürlich jene, die mit sanfter Hand in die richtige Richtung gelenkt werden mussten, so wie der alte Mann, der nun vor dem Schalter Stellung bezogen hatte um die Nummer herunterzurasseln.

"Es tut mir sehr Leid, werter Herr. So lange Schliessfachnummern gibt es bei uns nicht."

Irrtümer waren an der Tagesordnung und Betrugsversuche gab es so viele, dass es nicht lohnte mitzuzählen. Die erste Pflicht der Frau oder des Mannes am Schalter war es daher untrüglich festzustellen, ob jemand tatsächlich berechtigt war ein bestimmtes Schliessfach einzusehen. Dafür gab es mehr als eine Möglichkeit, ganz abhängig vom Preis des Faches und der Lagertiefe im Keller.

Während Irrtümer meist leicht aufzuklären waren, verhielt es sich bei den Betrugsversuchen naturgemäss etwas anders, in der Schublade wartete ein ganzen Bündel an Anweisungen für verschiedene Fälle - aber letztlich waren auch diese nur Fassade: Wirklich entschlossene oder verzweifelte Täter waren durchaus schon an vertrauliche Informationen gelangt. Aber nicht heute.

"Ich bin mir sicher mit der Nummer. Prüft das."

Kein Irrtum entschied sie nach einem Blick auf die grimmigen Züge des alten Mannes und den scharfen, durch buschige Augenbrauen nur geringfügig gemilderten Blick. Dieser hatte Stahl in der Stimme, einen befehlsgewohnten Nimbus, der über die Jahre zu einem so beiläufig getragenen Habit geworden war, wie andere einen Hut spazierenführten.
Also vielleicht das Andere.

Das rasche Blättern durch die Anweisungen unter dem ungeduldigen Blick des Mannes, führte zu nichts. Welche Masche der Alte auch im Sinn hatte, sie war bis jetzt nicht in den umfangreichen Hinweise verewigt worden.

"Tut mir wirklich Leid, werter Herr. Ich kann Euch mit der Nummer nicht helfen."

"Ihr seid neu. Holt mir Gort heran, er wird sich darum kümmern."



"Ich war davon ausgegangen, Ihr hättet diese Aufgabe eurem Nachfolger übergeben."

"Es wurde keiner ernannt."

Vermutlich war der Gang hier unten einst einfach nur ein Keller gewesen und auch jetzt wurde er von fensterlosen Mauern beherrscht, von grobem Mauerwerk, über das sich Kupferornamente zogen, die ein hoffnungsloser Einrichter vor wer weiss wie langer Zeit hier hinterlassen hatte. Wie jedes Mal aufs Neue bemerkte der Alte wie sauber das Kupfer glänzte: Jemand machte sich die Mühe das hier für die seltenen Besucher in Schuss zu halten.

"Gab es Probleme?"

Das schwere Schnaufen des Fetten war so laut, dass der Besucher für einen Moment bezweifelte überhaupt verstanden worden zu sein, aber das liess seinen zügigen Schritt nicht langsamer werden. Die Verschwendung und die Fresssucht waren gleichermassen Laster, an deren Preis erinnert sein musste.

"Nicht die geringsten Probleme. Die Geschäfte ruhten einen Tag lang aus Gründen der Pietät und es gab einige Vorfälle oben am Schalter. Nichts von Bedeutung."

Der Marsch fand vor einer aus Kupfer geformten Gittertüre ein Ende und der Alte starrte auf den Raum dahinter.

"Und hier?"

"Keine Sorge, Herr Gerasch. Es ist sicher. Absolut sicher."
Zitieren
#2
"Und wie kann ich Euch weiterhelfen?"

An der Stimme den neuen Mädchens gab es nichts auszusetzen und auch das freundliche Lächeln war genau das, was er von von den Gesichtern des Bankhauses erwartete: Solides Mittelmaß. Aber Gort Areng war kein Freund von Veränderungen und so verfolgte er den ersten Tag der Ersatzkraft mit zusammengekniffenen Adleraugen, schnaufend und seufzend bei jedem nicht ganz passendem Handgriff und jeder nicht ganz perfekten Frage, bis die Nervosität des neuen Mädchens selbst für den ahnungslosesten Beobachter sichtbar wurde.

Wider alles Hoffen war Nadya auch heute nicht zum Dienst erschienen und das trübte die Stimmung des beleibten Mannes mehr, als die stickige Wärme hier oben im Schalterraum, mehr als das längst durchfeuchtete Schweisstüchlein, dessen Anwendung er schon vor Stunden aufgegeben hatte.

Die Vorstellung noch andere Massnahmen ergreifen zu müssen, trübte die Stimmung weiter: Staub aufzuwirbeln war noch schlechter als Veränderung und dem regen Interesse von Ritter Seysbald und Bürger Shin nach zu urteilen, würde es eine Menge Staub geben.

Aber vielleicht .. ja vielleicht würde sich noch alles in Wohlgefallen auflösen. Morgen vielleicht schon.
Zitieren
#3
"Deine Theorie hat sich als falsch herausgestellt. Sie ist nicht geflüchtet, sondern tot."

"Sicher?"

"Vollkommen. Ein Trupp hat die Leiche in der Kanalisation entdeckt."

"Was heisst die Neuigkeit wird spätestens morgen die Runde machen."

"Sorge um deine Geschäfte?"

"Immer. Jede Art von Unruhe ist schlecht für das Geschäft. In der Kanalisation .. rückblickend wäre mir doch lieber, sie hätte etwas gestohlen."

"Hat sie vielleicht auch."

"Du hast wirklich ein Talent dafür mich aufzumuntern."

"Und dafür bezahlst du mich. Ich könnte die Leiche besorgen. Schwierig, aber machbar."

"Also teuer. Aber ich wüsste auch nicht wofür. Was will ich mit Nadyas Leiche hier? Ich kann sie schlecht hinter den Schalter setzen."

"Da wäre ich an deiner Stelle nicht so sicher. Da unten wurde auch noch Schleim entdeckt."

"Gütiger ... ist da noch etwas, dass du bislang nicht erwähnt hast?"

"Nur eine Kleinigkeit ... "
Zitieren
#4
"Bei Mithras, was hält sie da?"
"Kannst du die Schlieren an den Augen sehen? Und der Bauch, irgendwas ist am Bauch."
"Kennen wir dieses Gesicht nicht, schau doch mal..."
"Diese Stadt... Selbst die Legionärin wirkt so, als würde sie gleich umfallen."
"Die Arme hängen so seltsam, was ist nur passiert?"
"Ha, gleich fällt sie um, gleich fällt sie um!"

Sie nahm die Realität kaum wahr und konzentrierte sich darauf den toten Körper durch die Stadt zu tragen. Nicht einmal die Wachen an ihrer Seite waren für sie existent, obwohl sie sogar das Wort an sie richteten. Sie wollte nicht antworten, den ganzen Abend fiel das Sprechen bereits schwer. Der Ernst der Lage saß tief und das Würgen, das sich immer wieder am Hals abbremste, schnürte ihre Kehle zu. Die Atmung war flach und der Blick, der immer wieder zu den Augen wanderte, die von schwarzer Substanz verschmutzt waren, die sich über das leblose Gesicht zog, wirkte leer. Sie versuchte in dem Moment wo sie den Kopf an ihre Brust bettete, irgendwie die Gefühle abzustellen, hinten an zu stellen, nicht emotional zu reagieren. Doch die Opfer waren groß. Jeder Schritt war schwer, das Gewicht drückte sie hinab und der weiche Körper der Toten, den sie in den Händen fühlte wie Brotteig, machte es nicht einfacher.

"Novizin Dunkelfeder, ich nehme Euch die Leiche ab und bringe sie hinab."
"..."
"Novizin... Ganz vorsichtig. Was ist denn geschehen?"
"Bringt sie runter."

Und als der Körper dann endlich in andere Arme wanderte, wartete sie darauf das sich der Knoten im Hals löste. Es passierte nicht, was war weiterhin wie ein unangenehmer Druck, der nicht raus wollte. Und es waren diese Hände, die ihr nicht aus dem Kopf gingen. Die Fingernägel gebrochen, blutig. Sie wollte sich befreien, sie wollte fliehen und hat den Kampf verloren. Ein bitteres Zeichen, ein bitterer Abend. Schicksal, so redete sie sich ein, Schicksal, worüber es nun kaum noch Entscheidungen gab, die man treffen musste. Ein Leben war verwirkt und die Beweise dafür wurden so schnell verwischt, wie der Regen den Dreck von der Straße schwemmte. Wenn sich kein Hermetiker fand, was sollte dann geschehen? War sie nicht das einzige Seil, welches sich zum Abgrund reckte, welchen wir bezwingen mussten?
Zitieren
#5
Was die Fakten waren:
Oder auch nicht...
  • Ein gieriger Bänker
  • Eine zwielichtige Angestellte
  • Eine tote Angestellte, geschmolzen wie Wachs
  • Habsucht
  • Schwarzer Schleim in der Kanalisation
  • Verdorbenes Wasser in der Kanalisation
  • Reste einer Präsenz in einem leerstehenden Haus
  • ...

Was der Kopf daraus machte:
Theorien über Theorien...

Nummer 1 von X
Er hat sie gefressen. Der fette Sack hat sie einfach gefressen oder ihre Knochen und Muskeln ausgesaugt, weil sie vor hatte das Bankhaus zu verlassen. Es hätte Verlust für ihn bedeutet, also hat er sie einfach gefressen. Was allerdings auch Verlust bedeutet hätte und hat. Vielleicht wollte er sie auch bekehren, damit sie weiter seine Metallkisten von Position eins zu Position zwei schiebt und die Münzen der Seligkeit hütet, als gäbe es nichts wichtigeres. Sie wollte ihn verlassen, hatte bereits ihre Sachen gepackt und trat den letzten Arbeitstag an. Es passte ihn nicht, nicht nur, das er wegen mangelnden Zähnen kaum den Kuchen in seinem Mund halten konnte, da wollte ihn auch noch seine beste Kraft verlassen. Also entführte er sie, schleppte sie in die Kanalisation und zwang sie dort zu leben, bis sie endlich wieder für ihn arbeitete. Vielleicht folterte er sie auch, auf seine Art und Weise, nicht durch Wunden am Körper zu beweisen? Vielleicht ein Vergewaltiger? Nein, vermutlich nicht, ihm war bereits eine Treppenstufe zu anstrengend, nicht vorstellbar. Er ist vielleicht ein Hexer, saugte ihr die Knochen aus, wollte sie neu schaffen und versagte.

Brüchige Theorie, viele Lücken: Was ist mit dem Schleim, warum die Kanalisation und wieso sollte Entführung dazu führen, dass sich ihre Meinung änderte. Es würde ja eher zu noch mehr Flucht führen. Und da wäre noch das leerstehende Haus. Lächerlich, ärgerlich.

Nummer 2 von X
Er hat gar nichts damit zutun und ist einfach ein verdammt merkwürdiger, fetter Mann, dem man wie aus einer von der Natur gegebenen Fügung nicht vertrauen möchte. Außer man heißt Lisbeth Winkel und er überwacht die Gulden. Aber warum dann diese Angestellte, die theoretisch auch für Shin arbeiten könnte? Genauso unwahrscheinlich wie Nummer 1. (Davon mal abgesehen, dass Theorie 3 ebenfalls Lücken aufweist und alles in allem nichts mit Fakten zu belegen ist.)

Nummer 3 von X
Nadya existierte nie wirklich. Sie war nie ein Mensch wie ich oder... wer weiß das schon. Sie wurde geschaffen, wie auch immer. Der Bänker sagte, das seine Angestellten weder persönliche Bindungen haben durften, noch das er ein privates Verhältnis zu ihnen pflegte. Aber im nächsten Atemzug wirkte er nicht so, als wäre er jemand, der keinerlei privaten Interesse an irgendwem anders besitzen würde. Er war auch nur ein gieriger Mann. Ich stellte es fest, es war regelrecht einfach.
Wie dem auch sei: Sie existierte nicht wirklich. Sie ist geschmolzen, als hätte man ihr die Lebenskraft entzogen, wie wir einst im Schrein dem Herz aus Gold das Leben gaben. Wir haben den Golem, durch göttliche Hand, zum Leben erweckt, ihn geschaffen. Wieso sollte das durch abstrakte Künste nicht auch bei einem Menschen möglich sein? Es wäre perfekt für den schweißtriefenden Kerl: Sie würde keine privaten Verhältnisse pflegen, ihn nie verlassen, immer zugegen sein wenn er es brauchte und die Bank müsste nicht um ihren Ruf fürchten. Vermutlich wäre sie auch nie krank geworden oder hätte ihn verraten. Wie ein Sklave, ein Leibeigener, nur das die Gefahr vom Dolch im Rücken nicht gegeben war, weil er ihre Hände steuerte.

Und vielleicht war ihre Zeit verwirkt, seine Kraft geschwächt und dadurch ist sie gebrochen. Er wollte es wieder richten, in der Kanalisation, durch die Präsenzen dort oder weil eben noch mehr dahinter steckte. (Das Wasser musste unbedingt untersucht werden.) Doch er scheiterte. Er suchte sich vielleicht Hilfe beim Schleim, doch der machte es vielleicht noch schlimmer. Ich frage mich nur, warum ihre Hände so wirkten, als würde sie fliehen wollen. Gab es dort eventuell eine Seele, die Reaktion zeigen konnte? Unwahrscheinlich. Aber sie sah so aus als hätte sie gegraben. Und warum lag sie mitten in der Höhle und nicht in der Zelle? Hatten wir ihn erwischt, ist er geflohen? Oder wollte sie fliehen? Und war Habsucht etwas, was man mit der Hexerei verbinden konnte? Für irgendein Ritual vielleicht, wieso sonst stand es auf ihrem Bauch? Es macht keinen Sinn, es machte mich wahnsinnig.

Die andere Frage ist, was soll das mit dem leeren Haus? Wieso räumt man es leer, wenn es sowieso alles auf ein Verbrechen hinaus läuft. Die Schatten an den Wänden zeigten deutlich, dass es einst Möbel waren, die Nadya besessen hatte. Wozu brauchte sie eine Einrichtung, wenn sie lediglich eine Schachfigur auf dem Brett von Gort Areng war...
Und ich war mir ziemlich sicher, dass er die Fäden hielt. Ob es nur ein Gefühl war oder irgendwas was ich wahrgenommen hatte, woran ich mich jetzt nicht mehr erinnern konnte, war mir nicht klar. Und vielleicht war es auch vollkommen an den Haaren herbei gezogen und wir schwenken wieder zur zweiten Theorie. War Adiva echt? Oder gar die Drahtzieherin?! Zu viele Fragen, zu wenig Antworten.

Was getan werden musste:
Wenn es meine Möglichkeiten erlaubten...
  • Informationen über die Vorgeschichte des Schleims besorgen
  • Irgendwie herausfinden ob Adiva menschlich ist
  • Einen Grund finden den Bänker zu untersuchen
  • Das verdammte Wasser in der Kanalisation
  • Dinge über Rituale herausfinden, ohne seltsam zu wirken (schwierig)
  • Eventuell mein Gold umlagern
Zitieren
#6
Wenn es Stille gegeben hätte, dann wäre sie unbehaglich gewesen - aber die Abwesenheit von Worten war vom beständigen Schnaufen des fetten Mannes gefüllt, von den rasselnden Atemzügen, die dem Leibarzt jedes Mal Sorgenfalten auf die Stirn trieben und dem gelegentlichen Rascheln von Stoff, wenn Schweiss vom schon bald kahlen Schädel gewischt wurde. 

In den kleinen Augen des Mannes stand der Vorwurf, der zuvor auch in den Worten mitgeklungen hatte, in der ganz nüchternen Ansage, dass das Dienstverhältnis wegen der Verletzung des Dienstvertrages aufgehoben sei und an diesem Punkt hatten sich alle weiteren Erklärungen vor den Ohren der Frau in gleichförmigen, fliessenden Brei verwandelt. 

Details. Unwichtige Details. Irgendwie hatte der Fette es herausgefunden und der Gedanke mischte heissen Zorn in das unerfreuliche Gefühl von Schuld. Einer hatte geredet, gefeilscht, verhandelt - was auch immer: Jemand hatte seinen Mund nicht halten können und sie über die Klinge springen lassen. Ein billiges Opfer, wenn man jemand anderen bluten lassen konnte.

"Wer hat es Euch erzählt? Vanke? Die Priesterin?"

"Das ist ohne Belang, Fräulein Adiva. Vertraulichkeit ist die Grundlage dieses Geschäftes. Ohne Vertraulichkeit gibt es kein Vertrauen. Ohne Vertrauen gibt es keine Sicherheit. Ich habe es immer wieder gesagt, aber Ihr habt es nicht verstanden. Daher müssen sich unsere Wege nun trennen. Ich kann nur hoffen, dass Ihr Genugtuung in der Tatsache findet, dass ich nun wieder neuen Ärger mit dem Anlernen und Einweisen eurer Nachfolge haben werde."

Und das war es gewesen. Die Türen, die ihr den Weg zu höheren Schichten, zu Bekanntschaften und Freundschaften hätten öffnen sollen, waren verschlossen. 

Der Himmel war grau wie altes Blei, grau wie die taube Leere, die sich ein wenig nach Benommenheit anfühlte. 
Es dauerte ein wenig, bevor Adiva bemerkte, dass es zu regnen begonnen hatte.
Zitieren
#7
In den darauffolgenden Tagen erfährt auch der Ritter Löwensteins, dass eine neue Bankangestellte die Kunden bedient und Adiva nicht mehr vor Ort gesehen wird. Und obgleich dieser Umstand eigentlich nichts Ungewöhnliches darstellt, beschleicht ihn angesichts der jüngsten Vorkommnisse wachsender Argwohn. Das Bankhaus, die Kanalisation, Areng und Gerasch - Orte und Personen, die auf den ersten Blick in keinem nennenswerten Zusammenhang stehen konnten, doch etwas einte sie. Unabhängig davon, dass sowohl die verrichteten Geschäfte, als auch die beiden Persönlichkeiten, jeweils auf ihre Weise, zum Himmel stanken. 

"Ist dir bekannt, wo dieses Mädchen aus dem Bankhaus wohnt? Adiva ihr Name. Sie wurde kürzlich durch eine andere Angestellte ersetzt."

"Ist sie auch verschwunden?"

"Sie arbeitet jedenfalls derzeit nicht. Es ist nur ein Gefühl, aber ich möchte die Frau sprechen. Insbesondere nach dem unerfreulichen Besuch, dem Dunkelfeder gestern alleine ausgesetzt war."

Die gewünschte Information wird schließlich von der gewissenhaft arbeitenden Schöffin ausgegeben und da Adiva in jenem Gasthaus im neuen Hafen, in der sie eine Unterkunft bezogen haben soll, nicht vorgefunden wird, erhält der etwas verschroben wirkende Wirt kurzerhand eine äußerst knapp gehaltene Nachricht. Zusätzlich wechseln zwei Silbermünzen den Besitzer.
Folgendes ist da zu lesen:


Fräulein Adiva,
wir haben nie ein Wort miteinander gewechselt und dennoch ist es mir ein Anliegen, Euch so rasch wie eben möglich in meinem Anwesen im Königsviertel zu sprechen. Ihr habt nichts zu befürchten.
Ser Savaen von Löwenstein

[Bild: 5yoX4DG.png]
Zitieren
#8
-Amos der Geldwechsler, verrückt, auf der Suche nach den "Sieben", hat eine Prophezeiung von mir geteilt.

-Calwen Erinie / Lania Demelin, vermutlich eine ausgebildete Spionin und Attentäterin, bin ihr zweimal begegnet, einmal auf der Suche nach dem Geldwechsler und den Sieben, kurze Zeit später, bei dem Versuch Adlige kennenzulernen und zu portraitieren. Könnten zwei verschiedene Auftraggeber sein, könnten aber auch ein Auftraggeber sein

- Der Truchsess, verwandelt bei der Konklave, besaß aber Wissen, welches länger als die Konklave existierte, sah in mir irgendetwas, wusste über die Steine Bescheid, hat gesagt, dass die Gier, die Steine nach Löwenstein gebracht hat.

- Killian Gerasch, nie gesehen, aber ehemaliger Abt der Sonnenlegion, bei dem ersten Auftauchen des Schleims wurde er von mehreren verdächtigt, irgendetwas damit zu tun zu haben, als ehemaliger Abt besitzt er sicher einiges an Wissen über den Abyss und auch über die Berningsteine und ihr Auftauchen vor Jahren


- Gort Areng, ebenso nie gesehen, doch ist in letzter Zeit die Bank Löwensteins in aller Munde, sein Personal stirbt, verschwindet oder wechselt einfach häufiger.

Neben den Wesen aus der Anderswelt und dem Abyss sind diese Menschen mir bekannt, welche mit dem Chaos direkt verbunden sind, der in Löwenstein herrscht. Während der Gort Areng erst seit kurzer Zeit in den Gerüchten auftaucht, glaube ich, dass es kein Zufall ist, dass die Gerüchte in ungefähr selber Zeit wieder auftauchen, wie das Chaos, welches wieder in der Kanalisation Löwensteins zum Leben erwacht. Bankier haben Einfluss, Geld und sicher auch zweifelhafte Kontakte. Der vorraussichtliche Dieb der Steine war ebenso in einer Bank tätig, kennen sich solche Leute untereinander?

Jemand wollte Calwen benutzen, damit die Steine nicht auftauchen, sie konnte die Arbeit nicht komplett abschließen und das Objekt wiederbeschaffen. Jener Auftraggeber wird im Zusammenhang mit dem Dieb stehen und nach den Worten des Truchsess, auch mit den Bleichen.

Der Truchsess wusste einiges über mich Bescheid, kommen seine Informationen eventuell von Calwen, als sie die Zeichnung über mich anfertigte? Wen dem so ist, werden sie und ihr Auftraggeber, mir alle Antworten geben können, welche ich benötige.

Während in der Nacht überall in der Burg Dunkelheit herrschte, drang ein kleines Kerzenlicht aus den Gemächern des Ritters, dafür aber keinerlei Mucks außer das entfernte Kratzen einer Feder auf Papier. Die Notizen scheinen ihm die Nachtruhe zu nehmen, er schreibt und schreibt und schreibt. Als er zum Ende angelangt ist, überfliegt er noch einmal alles, ehe er unter seinen Notizen drei Namen hinschreibt.

Killian Gerasch
Gort Areng
Calwen Erinie

Nach meinen Vermutungen hängen diese drei zusammen, entweder Gerasch oder aber Areng werden Wissen über Calwen und dem Dieb der Steine besitzen, eventuell ist einer von ihnen auch ein Vampir oder aber einer dieser Schattenlosen.

Als nächstes gilt es, Kontakt zu einer der beiden aufzubauen, sei es Gerasch oder Areng, um eine Verbindung zu Calwen zu finden und damit zu dem Ursprung der Steine


Nachdem er fertig mit dem Notieren ist, nimmt er den Zettel in der Hand und lässt ihn einmal nachdenklich in seiner Hand umherwandern, die eine Ecke des Papiers fängt dann unvermittelt an zu brennen, aber mit einem Stirnrunzeln und Kopfschütteln, wird der Notizzettel wieder gelöscht und dann zwischen recht vielen anderen Papieren, die in seinem Gemächern herumfliegen, verstaut.
Zitieren
#9
Ihre Haare waren nie struppiger als heute. 
Mai sitzt an einem wackeligen Tisch, rauft sich die Haare und ihre ungeübte Schrift ist auf einigen Hadern zu lesen. Lauter angefangene Briefe, die einer nach dem anderen verfasst, nie beendet und schon gar nicht abgeschickt wurden.

Geliebter Crean,
die Wahrheit is: ich habe dich immer geliebt. Warum hast du nich einfach meinen baumelnden Fuss gepackt?

Ansen, mein Ein und Alles,
die Wahrheit is: Niemand trächt sein Geweih stolzer als du und ich schwör dir, ich habe dich wirklich in dem Moment damals auf der Brücke geheiratet, in der Schlacht, weißt noch?

Einar, gibs zu, du hättst gern ma in die Glöckchn gegriffn, hätt' nix dagegn gehabt.

Marq, die Wahrheit is: ich bin deine Tochter! Mir wurscht, was du drüber denkst.

Herzensschönste Morana, die ganze Wahrheit is: warum bin ich nich so wie du?

Magda, die Wahrheit is: deine Titten sind größer als meine.

Immer wieder zerrt Mai an ihren Haaren, als hätte sie furchtbare Schmerzen, wird sie getrieben, weiter und weiter zu schreiben.

Feykir, die Wahrheit is, Florian is tot!

Orestes, die Wahrheit is, du hast den knackigsten Arsch von hier bis Löwnstein.

Axis, die Wahrheit is, du küsst wie n Gott!

Raben-Gwen, die Wahrheit is, du hast Herz und Verstand!


ICH WAR NIEMALS VORKOSTERIN BEIM TRUCHSESS!
Das ist gelogen. Lüge! Lüge! Lüge!

Mit einem Handgriff zerdeppert Mai die Flasche an der Kante des Tisches und mit einer heraus gebrochenen Scherbe, reißt sie sich die Haut am Unterarm auf. Die Lippen fest aufeinander gepresst, ritzt sie sich die vier Buchstaben in die Haut: LüGe. Ungeachtet des Blutes schreibt sie auf das nächste und letzte Hadern:

Ich heiße Katharine Maibach! Das ist die Wahrheit!

Sie steht auf, die Augen gerötet, das Blut trocknet nur langsam am Unterarm an, verlässt die Taverne in der Altstadt Löwensteins und geht Richtung Marktplatz.
Zitieren
#10
Ein lautes Scheppern hallte durch die Gasse, als es im Haus an der Ecke rebellierte. Die Kerze die am Fenster stand, schon fast hinab gebrannt, ließ sich allerdings auch davon genauso wenig kümmern wie vom kalten Wind, der immer wieder seine Kreise zog. Der Morgen war fast angebrochen und die Lichter in dem großen Haus seit den Abendstunden nicht erloschen. Und wenn man ein Blick in diesen Fenster werfen würde, wenn man hinein gucken könnte, als wäre es eine Geschichte die man verfolgt: Dann konnte man eine blonde Frau auf dem Teppich sitzen sehen. Ihre Lider so schwer, dass der Kopf bei jeder Bewegung immer wieder drohte ganz nach vorne zu kippen und sich auf dem braunen Stoff des Fußabtreters zu betten. In ihren Händen prangerte ein Seil, geknüpft mit einem zusätzlichen Material, welches sie nicht gewohnt war. Ihre Hände waren blutig, wiesen Schnitte auf und doch trieb sie irgendwas an, etwas was keine Hände, keine einredenden Worte hätten stoppen können. Es war ein Wille der tiefer reichte als irgendwas, was im weltlichen dafür Sorge hätte tragen können sie zu stoppen. Und so streckte es sich aus, ihre Arbeit, zu ihren Knien, zog Kreise über den Boden und wurde erst in den späteren Morgenstunden zu Ende gebracht. Und wenn man als Beobachter der Geschichte dann wieder aus dem Zimmer hinaus ging, über die mittlerweile erloschene Kerze hinweg, dann ließ man eine schlafende Frau auf dem Boden zurück, sie und ihr Werk: Ein Werk, wo mehr als Schweiß und Blut drin steckte, ein Werk vollgestopft mit Unnachgibigkeit.

"So mancher, der an sich gescheit,
hält einen Wahn für Wirklichkeit."
Erich Limpach
Zitieren




Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste