FSK-18 Träume
#8
Elda stand vor der Taverne, locker an die Wand neben der Türe gelehnt und beobachtete den Strom von Gästen ein- und ausgehen. Luri hatte sie in eines ihrer Kleider gesteckt. Es war ihr viel zu groß. Vor allem obenrum fehlte es ihr immer noch an Busen. Sie ließ sich nun das Haar wachsen. Das letzte Jahr über wurden sie so lang, dass die Haarspitzen ihr bis auf die Schultern fielen. Es war ein kurzes, ereignisreiches Jahr gewesen. Elda hatte sich daran gewöhnt, von Männern genommen zu werden die ihre Väter hätten sein können. Oder gar ihr Großväter. Doch verdiente sie nicht schlecht daran. Besser gesagt, Luri verdiente nicht schlecht daran. "Deine Knabenhaftigkeit ist eine wahre Goldgrube. Die Kerle können mit einem jungen Bruschen vögeln, ohne mit einem jungen Burschen vögeln zu müssen.", erklärte ihr die Hure am gestrigen Abend noch. Luri wurde reich mit ihr. Nicht so reich, wie die feinen Herren aus der Neustadt. Aber für die Maßstäbe des alten Hafens unglaublich wohlhabend. Elda machte dies lange Zeit nichts aus. Sie wurde geschlagen, gedemütigt und ausgenommen. Aber sie hatte etwas anzuziehen, etwas zu Essen und vor allem ein Dach über dem Kopf. Oft schlief sie oben in dem dunklen Zimmer. Nikolaj's Zimmer... Zusammengerollt wie ein Hündchen in einer Ecke auf ein paar Lumpen. Auch er holte sie sich ab und an ins Bett. Aber er war nett zu ihr. Keineswegs zärtlich oder liebevoll, doch behandelte er sie danach anständig. Immerhin durfte sie dort schlafen.
Sie wusste das Niko und die anderen zu einer Art Bande gehörten, und die junge Elda hätte alles dafür gegeben Teil davon zu sein. Luri hätte sie niemals gelassen. "Wenn dir irgendwann doch noch Titten wachsen sollten, kannst du machen was du willst. Dann bist du nur eine von vielen..."
Elda hasste sie aus tiefstem Herzen. Sie wollte so sein wie Luri. Hübsch, groß, klug und unabhängig. Und darum hasste sie sie.
Es war einer der Tage an denen Elda ihren Lohn abgeben musste. Deshalb stand sie vor der Schenke und wartete auf die aufdringliche Frau. An diesem Tag hatte sich Elda ein Messer gekauft. Sie hatte es sich hart absparen müssen und die Klinge war praktisch stumpf, aber sie fühlte sich unglaublich stark und unverwundbar. Es war ein herrliches Gefühl.
Sie gingen in einen der unzähligen Kellerräume, die den alten Hafen untergruben, wie ein kleines Spinnennetz. Es passierte alles so schnell. Das Mädchen kassierte eine Schelle von der älteren Frau. Irgendetwas mit zu wenige Schillinge... Und noch ein Schlag ins Gesicht. Sie spürte wie ihre Unterlippe aufplatzte und das Blut lief. Und noch ein Schlag, diesmal von der anderen Seite, doch Elda duckte sich darunter hinweg. Luri schrie sie zornig an und plötzlich hatte sie das schartige Messer in der Hand. Die Hure versuchte, es ihr aus der Hand zu schlagen. Sie geriet in Panik und dann stach sie zu. Die Klinge fraß sich in den dicken Unterarm. Elda zog das Messer zurück, starrte ungläubig auf das Blut und wie es auf den Boden lief. Sie hatte immer gedacht Blut tropfte nur. Doch dieses floss regelrecht auf den nackten, feuchten Steinboden. Die verwundete Frau sprang sie an und das Mädchen hob abwehrend die Hände. Noch mehr Blut... das Messer steckte im rechten Busen der Frau. Was tu ich da? Töte ich gerade wirklich einen Menschen?, schoss es ihr durch den Kopf. Ja ich töte sie und es ist so einfach. Das fette Weib is' zu langsam... ich kann sie einfach aufschlitzen und dann bin ich frei.
Eldas Hände bewegten sich wie von selbst. Als würde ein Instinkt in ihr erwachen, der so lange hatte schlummern müssen. Sie riss die stumpfe Klinge aus der Brust der taumelnden Frau, schlüpfte an ihr vorbei und rammte das alte Schlachtermesser, tief in Luris rechte Seite. Ein quälender Schrei drang aus der kehle der Verwundeten und auch Elda schrie. Es war ein unbändiger, wilder Schrei. Wieder stieß sie zu, und wieder und wieder und wieder. Immer mehr Blut floss zu Boden und die Blutende rutschte aus und viel hart auf den Rücken. Seltsames Geräusch... Elda trat über die Frau hinweg, ging in die Hocke und sah ihr in die Augen. Luri blickte sie entsetzt und voller furcht an, bewegte die Lippen, als wolle sie etwas sagen, doch fand wohl nicht die richtigen Worte. Die brauchte sie auch nicht mehr. Das Geräusch, das folgte war leise und doch irgendwie Ohrenbetäubend. Sie zog die schartige Klinge fest über die zarte Haut, am Hals der Alten. Sie spürte den Widerstand der Sehnen und Muskeln bis hinauf in ihre Schulter. Ein letztes Gurgeln und es war vorbei. Das Mädchen muss ausgesehen haben, wie aus einem Alptraum entstiegen. Das unpassende lange Kleid, durchtränkt von Blut. Der magere Körper darin, zitternd und bis zum zerplatzen angespannt. Ihre stumpfen braunen Augen waren weit aufgerissen, als es ihr dämmerte...
Sie hatte gerade einen Menschen getötet. Einfach so. Es war so leicht gewesen. Ohne darüber nachzudenken. Sie dachte immer, es würden einem endlose Gedanken durch den Kopf schießen. Doch alles war passiert wie in einem Traum. Nur ihr Instinkt sich zu wehren, zu schützen, hatte für sie übernommen. Als wäre sie jemand anderes gewesen.
Ihre Gedanken kamen nach und nach in ihr Bewusstsein geschossen. Sie hatte gemordet! Scheiße! Sie sah auch noch danach aus! Wohin mit der Leiche? Mit dem Blut? und dem Messer?
Der Traum, der ihre Vergangenheit war begann zu verschwimmen, als sie in die Taverne stürmte "Nikoooo ich hab Scheiße gebaut...."

Und plötzlich war sie an einem völlig anderen Ort. Bäume waren um sie herum. Sie hockte auf einer Lichtung. Recht klein und mit weichem Moos bewachsen. Vor ihr ragte das Abbild einer ihrer Schicksalsgötter empor. Morrigú...
"Mach Branwen alle Ehre.", raunte ihr eine Männerstimme zu. Die Situation kam ihr so bekannt vor. Sie blickte hinunter. Sie saß auf Konst... Nein, nicht auf ihm, wie es damals wirklich gewesen war. Unter ihr lag Venthos. Ihre rechte Hand juckte plötzlich. Er durchbohrte sie förmlich mit seinen hellen, blauen Augen, als auch er die Hand mit der Narbe hob. Sie legte die Ihre in seine, ihre Finger verschlangen sich ineinander. Sie beugte sich zu ihm hinab, die langen Finger ihrer freien Hand strichen durch sein kurzes, schwarzes Haar. Ihre nackten Oberkörper berührten sich flüchtig, als sie ihn küsste. Es war ganz anders... Er war viel schlanker und drahtiger als Konstantin. Und irgendwie liebevoller. Sie legte ihre ganze Verzweiflung, ihren Schmerz und das Verlangen in diesen einen Kuss. Ihre Lippen strichen zärtlich über seine. Ein Akt der Beherrschung. Am liebsten hätte sie rein gebissen. Am liebsten hätte sie ihre Lippen geöffnet, sacht an seinen gesaugt und... genau dies tat sie. Aber sie hatte doch nur daran gedankt und nun...? Sie sollte nicht denken. Nicht jetzt. Nicht hier. Nicht, während dieses Eisblau seiner Augen sie förmlich hinab in einen Strudel zogen, aus dem sie aus eigener Kraft nicht mehr heraus kommen würde. Sie schob alle Sorgen bei Seite. Alle Gedanken an den Mann den sie eigentlich liebte, verbannte sie für diesen Augenblick und ließ die Neugier siegen, welche schon so lang in ihr lauerte. Und so küsste sie ihn mit einer Wildheit und Leidenschaft, die selbst sie erschreckte. Ihre Lippen liebkosten die sanften Linien seines Unterkiefers, die verwundbare Haut an seinem Hals. Ihre Hände in einander verschlungen und ihre Körper fest aneinander gepresst, ließ sie Ihn in sich hinein. Seelisch und körperlich öffnete sie sich für ihn. Breitete ihr Innerstes vor ihm aus. Sie bewegten sich im selben Rhythmus, als würde eine Trommel für sie den Takt vorgeben, welche nur die beiden hören konnten. Sie ritten gemeinsam auf den Wellen der Lust... hinauf.... hinab...hinauf...hinab.... immer wieder. Und es war so unglaublich schön. Seine Hände glitten ihren, von Schweiß feuchten, Rücken hinab. Umgriffen sie bestimmt und doch zärtlich. Drückten ihren Körper so fest an seinen... Und einen Lidschlag später war alles vorbei...


Elda erwachte völlig verwirrt aus diesem Traum. Die Wunde an ihrer Handfläche brannte leicht und ihr ganzer Körper zitterte vor Erregung.
"Scheiße...", entfuhr es ihr atemlos, als die Erinnerung an das eben Geträumte sich langsam zu einem sinnigen Bild fügte. Nun träumte sie schon davon. Als wären die Gedanken, bei Tage, wenn sie ihn sah, nicht schon schlimm genug. "Scheiße!", knurrte sie abermals in den leeren Raum vor sich. Ihre Haut reagierte überempfindlich, als sie sich, mit der rechten Hand über den Oberschenkel fuhr. In der Hoffnung es würde den Juckreiz lindern, machte es sie nur noch kribbeliger. Und diese verdammte Wunde, schien ihr förmlich etwas zu zuschreien. Sie fiel wieder zurück in die Felle, die Hand immer noch an ihrem Bein. Sie spürte den verheilenden Schnitt, während ihre Handfläche die Innenseite ihres Schenkels hinab glitt. Sie schloß langsam die Augen und biss sich genussvoll auf die Unterlippe, als ihre Finger ihren warmen Schoß ertasteten. Ihre Gedanken schossen zurück zu dem Traum von eben, zurück zu Venthos und seinen verdammten blauen Augen und so verschaffte sie ihrem bebenden Körper die Linderung, die ihrer Seele wohl niemals zu teil werden würde...
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Träume - von Elda Abendroth - 14.06.2013, 12:22
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RE: Träume - von Elda Abendroth - 04.07.2015, 15:23



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