FSK-18 Grübeleien
#12
Feiern, Götter und fallende Sterne


Das Erschrecken, die Geschehnisse, der Streit, der Stress; nicht von all dem konnte ihr nehmen was ihr geschenkt worden war. Sie spürte die mal ruhigen, mal weniger ruhigen Atemzüge der beiden Mädchen die an sich gekuschelt in den Fellen dalagen. Sie waren kaum jünger als sie selbst, und doch fühlte sich Ana so viel älter in diesen Momenten, als sie zwei.

Um so dankbarer war sie für die Augenblicke wo sie selbst einfach Mädchen sein durfte. Fern ab von Intrigen und Verantwortungen mit Carmelina oder Gwen einfach lachen und albern und über Jungs reden, und Kleider und doofe Namen ausdenken für Ganters.

Aber sie genoss es auch wenn andre zu ihr kamen und ihr ihre Sorgen anvertrauten und um Rat suchten. Und diese Dinge hatten sie nur bestärkt dass ihre Entscheidung richtig war. Die letzten Schritte zum Ziel waren steinig, aber es würde gelingen. Morgen wollte sie mit Gwaidir sprechen und dann würde sie sehen.

Doch nun galt es erst einmal alle heil durch diese Nacht zu bringen. Sie sah zu Elda und Venthos die leise sprachen. Er hatte die Arme um sie gelegt und sie zitterte nun etwas weniger. Elda hatte es am härtesten getroffen.
"Du wirst noch heute Nacht sterben"
Sie sah hinüber zu Morkander der an den Stein gelehnt da saß, die Kapuze ins Gesicht gezogen und den Kopf auf die Brust gesunken. Mehr als der Geist als solcher, oder was immer es war, hatte sie das Auffunkeln von Furcht in seinem Blick erschreckt. Er der immer ihr Anker war, der immer eine Antwort wusste, ihr Morkander der so klug war und so besonnen, hatte sich gefürchtet, war ratlos gewesen.
Es war nicht so als wäre er nicht manchmal schwach. Er erlaubte es sich nicht oft, zumeist nur in ihrer Gegenwart und daheim in ihrer Hütte, Schwäche zu zeigen. Dennoch wirkte er immer so unerschütterlich.
Aber es zeigte ihr nun auch was er gemeinte hatte in ihren Streitgesprächen der letzten Zeit. Es war egal wie nervig die Arbeit war und wie schwer alles war und wie ratlos man sich fühlte, wenn es jemanden gab zu dem du heim kommen konntest. Selbst wenn dieser Jemand an den Dingen nichts ändern konnte, war es das was einem brauchte um Vertrauen zu haben.
Und in diesem Fall hatte sie den Eindruck, würde sie diejenige sein müssen die die Dinge regelte. Egal ob es darum ging das ganze anzupacken, oder nur ihm zu helfen stark zu sein für die andren.
Und sie verstand dass selbst wenn sie nicht Druidin werden würde am Ende, sie zumindest helfen konnte, für andre stark zu sein.
Wie sagte man in ihrer Heimat
Hinter jedem großen Mann steht eine Frau die mit den Augen rollt


Sie selbst hatte dieser "Geist" natürlich auch erschreckt, aber auf der andren Seite waren da so viele Gefahren denen sie sich tagtäglich ausgesetzt sah. Ja es war weniger greifbar als beispielsweise die Intrigen der Familien oder die Kirche die sie hasste. Aber die Gefahr dass es sie das Leben kosten konnte war deswegen gleichermaßen real.
Es war nicht der Geist eines Toten. Dafür gab es zwei unumstößliche Beweise. Zum einen ihr Glaube. Wenn sie starben kamen sie Heim. Ihre Seele löste sich auf in die Bestandteile aus denen sie geschaffen war. Sie kehrten zurück zu den Göttern aus deren Essenz und Gaben sie erschaffen waren. Arkadien wartet auf sie. Es war ausgeschlossen sie erscheinen zu lassen.
Den andren Beweis hatte ihr die angebliche Lena selbst geliefert. Wäre es wirklich Lenas Geist gewesen, hätte sie ihr niemals Vorwürfe gemacht. Lena war ihre Freundin gewesen. Wenn auch auf eine etwas verschrobene Weise.
Dennoch war sie irgendwie gerührt gewesen. In dem Moment als sie ihre kalte Hand auf ihre Schulter gelegt hatte und ihr ins Ohr geflüstert hatte
Alles Gute zum Geburtstag Ana.

wollte sie ihr so gerne einfach um den Hals fallen und ihr sagen wie sehr sie sie vermisst hatte und wie sehr sie sich freute sie wiederzusehen. Aber so war sie hin und hergerissen und hatte ihr gesagt sie solle gehen, sie wäre nicht ihre Lena. Und dann hatte es seinen Lauf genommen.
Rückblickend hatte es ihr aber viele Erkenntnisse eingebracht. Offenbar waren diese Wesen nicht in der Lage sie direkt anzugreifen, sondern nur mit ihren Gedanken und Gefühlen zu spielen.

Um so wichtiger war es dass sie die Menschen im Glauben stärkten und ihnen Mut gaben. Dies schien die Geister zu schwächen. Sie würde sich mehr bemühen müssen. Dem sollte ihre Kraft gelten in nächster Weile. Nicht den Intrigen und dem Geflüster. Sie hatte einen ersten Schritt getan als sie Gwendolin besuchte und ihr Kuchen brachte. Dass sie nicht zur Feier kommen konnte fand sie bedauerlich, aber nur zu verständlich. Dass Njal ihr Lebensinhalt war, musste ein Blinder klar sehen. Und auf ihn acht zu geben war nun wichtiger. Aber er würde sich sicher genau so über den Kuchen freuen wenn er aufwachte, wie Gwendolin es getan hatte.
Sie mochte Gwen. Sie hatte sie vom ersten Augenblick an gemocht. Sie wirkte so verschüchtert und wie ein kleines graues Mäuschen, aber irgendwas sah sie in ihr. Sie hatte ein Strahlen, das zu oft hinter den in ihren Augen sackartigen Kleidern und der verschreckten Mine verschwand, aber sie spürte es in ihr.
Sie mochte es auch mit Gwendolin zu reden. Sie war klug, vermutlich klüger als gut für sie war. Und sie hatte ein warmes Herz. Und sie hatte den Eindruck, sie könnten sehr viel voneinander lernen.
Kurz dachte sie an die Worte ihres Gefährten, als sie sie nach ihr gefragt hatte…. Sie würde vielleicht einmal groß werden. Wenn man sie so sah war es kaum zu glauben. Aber ihr schien es irgendwie naheliegend. Sie musste sie unbedingt bald wieder besuchen.

Kurz sah sie zum Himmel. Er war voll Sterne. So unendlich viele Sterne und der Mond der ein silbriges Schimmern auf die schlafenden zauberte, in die Haare, auf die Kleidung und die Haut. Der silbrige Mondschein der über den taufeuchten Wiesen tanzte wie kleine Perlen und den Schrein so friedlich daliegen lies. Der die Schnittwunde in ihrer Handfläche beschien die sie betrachtete. Eine Gabe den Göttern um sie zu erkennen. Auch eine Haarsträhne wäre ausreichend gewesen, Aber es hatte sich irgendwie richtiger angefühlt etwas Blut zu überlassen. Das Gefühl als sie die Hand um die Klinge ihres Dolches gelegt hatte, die Klinge auf der Haut spürte, wie sie langsam in die Haut schnitt als sie die Hand fest anspannte und die Haut ritze und langsam ins Fleisch schnitt, war irgendwie fast beruhigend gewesen. Kurz schmerzend aber einfach richtig. Ihr Herz hatte geklopft und dennoch war sie so im tiefstem Herzen ruhig gewesen, so voll Freude und Aufregung.

Kurz wurde es heller am Himmel als eine Sternschnuppe den Himmel erhellte. Sie schloß die Augen und wusste was sie sich wünschte. Kein in Worte gefasster Wunsch, sondern ein Moment, ein Bild, ein Gefühl.
Fallende Sterne. Als würde ein Teil der Götter aus Arkadien zu ihnen herabsegeln, als würden sie ihnen kleine Botschaften zuflüstern. Es war als würden die Götter ihr ein Geschenk vom Himmel werfen, als würden sie kleine Brocken von Hoffnung, als Leuchten den Menschen zuwerfen. Die Sterne waren ein helles Licht und wer es sah in dem Moment und seine Seele dafür öffnete, der konnte einen der kleinen silbrigen Lichtstrahlen direkt in sein Herz hineinfallen lassen.

Die Feier war wunderschön gewesen. Alle hatten sich so herzlich gefreut. Sie hatten so viel gelacht und zu sehen wie keiner sich scheute nach dem 2. oder 3. oder 20. Glas Alkohol alberne Verrenkungen zu machen und irgendwelche Personen zu erraten oder eben noch ein Glas Schnaps mehr zu trinken, war sehr herzerleichternd gewesen. Sogar Lisbeth hatte sich dazu durchgerungen und ihre Parodie von Bartholomäus Grauwasser war zum Brüllen gewesen. Auch mir Carmelina über die Tische zu tanzen und einfach ausgelassen zu sein, war wunderschön gewesen.
Die Menschen die sie liebte waren da um mit ihr zu feiern. Einige wenige hatten nicht da sein können, aber sie wusste im Herzen feierten sie mit ihnen. Einzig ihr Bruder fehlte ihr immer noch sehr. Aber diesen kummervollen Gedanken schob sie von sich

Statt dessen strichen ihre Hände zart über den roten Haarschopf auf ihrem Schoß. Die Haare die denen ihres Bruders so ähnlich waren. Was wohl Gwendolyns Schicksalsgötter sein mochten? Sie wünschte sie könnte es sehen.

Doch zumindest sie selbst fühlte sich nun komplett. Einige hatte sie gewusst. Branwen stand so deutlich in ihr Wesen geschrieben seid einigen Monden, und zum Teil auch schon davor, wie es nur möglich war. Tanzen, Singen, Sex, Saufen. Sie spürte die Lebenslust durch ihre Adern fliesen und genoss das Abenteuer Leben. Alles kann… nichts muss.
Unzweifelhaft ein Kind Branwens.


Sie hatten immer die Götter des Handwerks verehrt. Lange hatte sie Lyons Gaben angestrebt. Doch dann hatte sie in ihrer Lehre Lughs Schaffenswillen in ihrem Herzen überhandnehmen sehen. Und so hatte sie gegrübelt wer von beiden ihren Weg bestimmen würde… und ob überhaupt. Oder vielleicht würde ihr Weg sie nun von diesen fortführen? Und nun war die Antwort so einfach wie überraschend für sie. Würde sie wirklich am Ende mit Schaffen und Klugheit zu Wohlstand finden?
Lugh und Lyon vereint in sich.


Midir war nicht all zu abwegig wenn man betrachtete wie sie ihre Füße in den vergangenen Monden gesetzt hatte. Sie die Augen der Menschen zu blenden und durch die Schatten zu wandeln. Sie fand die richtigen Worte um die Menschen zu erreichen. Ihr Herz war voll Geschichten und Bildern und dass diese Magdalena so aufgewühlt hatten, zeigte ihr dass die Geschichten gut waren. Man sagte Midir wäre der Schutzpatron der Barden und Reisenden. Sie hatte nicht damit gerechnet, aber es war richtig und nicht zu überraschend wenn man es so sah. Ihre Mutter meinte dass wenn der Wind wehte der Schleier zur Anderswelt dünn war, denn dann war Midir da, der die Pforte bewachte. Vielleicht war ihr deswegen dieses Wesen heute nicht so fremd gewesen. Sie schloß kurz die Augen
Und Midirs Atem lies ihre Seele klingen und gab ihr unbändigen Willen, Ruhe und Klarheit.

Das ein Teil von Bormos warmen Wassern und seiner Melodie in ihrem Wesen klingen sollte, schien ihr noch so fern, so unverständlich. Vor allem in Verbindung mit Midirs Winden. War es das was Saresh meinte als er von einem Geistheiler gesprochen hatte? Sie selbst konnte es noch nicht sehen in sich, aber etwas an dem Gedanken berührte sie. Sie konnte diesen Teil des Weges noch nicht sehen und vielleicht war es auch nur ein einzelnes Ereignis und lag in weiter Ferne. Aber sie erinnerte sich an einen Moment zu Beginn ihres gemeinsamen Weges. Und am Anfang stand ein Schrein im Wald mit einer heißen Quelle und ein Bad in einem kühlen Fluss in dem sie nicht fror weil der Augenblick noch in ihr nachklang.
Ihre Großmutter hatte ihr oft Geschichten erzählt, und manche handelte von Bormos Weltenlied und davon was Menschen gelang die eine Note davon in ihrem Herzen trugen. In keiner dieser Geschichten sah sie selbst sich.
Aber sie vermochte zu akzeptieren dass ein Ton von Bormos Lied wie ein warmer Strom durch ihr Herz floss.


In diesem Moment ging die Sonne am Himmel auf und das erste Mal spürte sie nicht den Gram darüber dass die Nacht wich, auch wenn ihr Herz immer den dunklen, verzauberten Stunden gehören würde. Denn zum ersten Mal konnte sie aus vollem Herzen das helle Licht willkommen heißen.
Auch wenn sie der Moment als Morkanders Stimme den Namen Sulis aussprach sie zutief erschüttert hatte.
Suils, der lebende Widerspruch in sich. Sie war beschützerisch und häuslich sanft. Aber ihr Zorn war gefürchtet. Sulis, die das war was die Mondwächter und die Anhänger Mithras gleichermaßen entzweite wie einte… Sulis die so strahlend und machtvoll war dass man kurz die Augen schließen musste.
Sulis die sich deswegen nicht über andre erhob, weil sie zwar alles verzehrend war aber weil sie wusste wo ihr Platz ihr zu Hause war.
In dem Moment begriff sie das Wesen dieser Göttin tief in ihrem Herzen. Sulis liebte. Sie liebte ihre Familie, ihr Zuhause ihre Freunde, so sehr dass sie sie um jeden erdenklichen Preis beschützen würde. Sie wärmte in den ruhigen Stunden, aber in Zeiten der Bedrohung würde sie jeden notwendigen Schritt gehen . Egal welchen Feind sie dafür verbrennen musste ohne Gnade.
Doch die wahre Gefahr war dass Sulis sich mit ihrer ungezügelten Kraft selbst verzehren würde.

Sie sah sich nicht als so machtvoll an, doch den Willen alles zu tun was getan werden musste, um jeden Preis, den spürte sie.

Und sie begriff dass wenn sie nur einen winzigen Teil dieser Göttlichkeit nutzen würde können, sie alles hatte was notwendig war um in ihrem Leben nicht nur selbst zu gehen, nicht nur zu überleben, sondern auch andren zu helfen ihren Weg unbeirrt zu gehen. Sie sah so viele Dinge die bewirkt werden können und kurz blitzte wieder diese Klarheit auf die sie manchmal spürte. Und seitdem sie begonnen hatte diese Momente etwas festzuhalten war ihr klar gewesen dass sich der erste ihrer Paten ihr offenbart hatte, schon viel früher. Und nicht weil es so offensichtlich war wie Branwens Tanz, sondern weil er zu ihr sprach. Nicht mit Worten, das tat er nicht. Aber seine Gegenwart erfüllte in diesen Bruchteilen eines Atemzugs, in diesen zeitlos ewigen Sekunden, ihr Herz mit tiefer Freude, und Sehnsucht und vor allem Klarheit. Sie kannte die Legenden um Galates Botschaften, aber sie war sich sicher dass es keine Worte waren. Galates hatte keinen Mund… einfach weil kein Mund seine Worte sprechen könnte, so wie kein Gedanke sie fassen konnte, seine Worte klangen direkt im Herzen wieder.
Galates Geheimnisse klingen in ihrer Seele und irgendwann würde sie diese festhalten können.


Und mit dieser tröstlichen Gewissheit fielen ihr nochmal die Augen zu.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Grübeleien - von Anabella - 07.06.2013, 18:52
RE: Grübeleien - von Anabella - 22.06.2013, 00:25
RE: Grübeleien - von Anabella - 22.06.2013, 18:00
Feuer - von Anabella - 02.07.2013, 15:05
RE: Grübeleien - von Anabella - 02.07.2013, 15:10
RE: Grübeleien - von Anabella - 13.07.2013, 14:25
RE: Grübeleien - von Anabella - 18.07.2013, 01:15
RE: Grübeleien - von Anabella - 18.07.2013, 13:51
RE: Grübeleien - von Anabella - 20.07.2013, 20:58
RE: Grübeleien - von Anabella - 07.08.2013, 01:03
RE: Grübeleien - von Anabella - 20.08.2013, 01:21
RE: Grübeleien - von Anabella - 21.09.2013, 20:04
RE: Grübeleien - von Anabella - 28.09.2013, 12:14
RE: Grübeleien - von Anabella - 12.10.2013, 03:32
RE: Grübeleien - von Anabella - 18.10.2013, 02:52
RE: Grübeleien - von Anabella - 13.11.2013, 03:07
RE: Grübeleien - von Anabella - 30.05.2014, 23:40
RE: Grübeleien - von Anabella - 28.05.2019, 00:11
RE: Grübeleien - von Anabella - 04.06.2019, 15:19
RE: Grübeleien - von Anabella - 16.06.2019, 01:02
RE: Grübeleien - von Anabella - 24.06.2019, 23:54
RE: Grübeleien - von Anabella - 30.06.2019, 21:00
RE: Grübeleien - von Anabella - 02.08.2019, 00:14
RE: Grübeleien - von Anabella - 17.08.2019, 23:16
RE: Grübeleien - von Anabella - 30.08.2019, 20:48
RE: Grübeleien - von Anabella - 30.09.2019, 14:58
RE: Grübeleien - von Anabella - 10.11.2019, 20:19
RE: Grübeleien - von Anabella - 29.11.2019, 18:40



Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste