FSK-18 Grübeleien
#6
Natürlich hatte Morkander es nicht gut aufgefasst. Sie hatte förmlich sehen können wie in ihm etwas zerbrochen war. Der Moment hatte sich angefühlt als würde ihr ein Krug voll Wasser aus den Händen rutschen und in Zeitlupe konnte sie sehen wie der Krug zerbrach und das wertvolle Nass einfach im indarimer Wüstensand versickerte. Und seitdem war sie durstig. Natürlich nicht im Sinn von körperlich wahrnehmbaren Durst (wobei auch dies der Fall war, besonders Durst auf Alkohol!), sondern mehr seelisch. Sie hatte sich danach gesehnt im Arm gehalten zu werden und zur Ruhe zu kommen.
Und so war sie auch tief dankbar gewesen dass Welf nachts vorbei gekommen war und sie so verständnisvoll im Arm gehalten hatte. Die Flammen waren aufgelodert und er hatte sich wirklich bemüht ihr und ihrem Zustand gerecht zu werden, aber am Ende hatten sie sich zufrieden geben müssen dass er sie im Arm hielt und neben ihr schlief. Das hatte ihr gut getan aber sie kam dennoch nicht zu Ruhe
Und so zweifelte sie. Denn wirklich zur Ruhe gekommen war sie in den letzten Tagen wieder einmal nur in den kurzen Momenten in den Armen ihres besten Freundes. Wenn er bei ihr saß, wenn er sacht durch ihr Haar strich, wenn er mit seiner warmen Stimme die ihm durch und durch ging mit ihr sprach, dann machte sich tiefe Ruhe in ihr breit. Dann fiel das getriebene, rastlose von ihr ab. Dass er sich so liebevoll um sie kümmerte und nach dem ersten Schock sie nicht von sich stieß und ihr trotz allem keine Vorwürfe machte, rührte sie zutiefst. Noch nie zuvor hatte, abgesehen von ihrem Bruder, ihr ein Mensch so gut getan. Noch nie hatte sie so sehr sie selbst sein können. Aber wenn diese Gedanken kamen, dann war da wieder die Erinnerung an diese Verliebtheit, und die Leidenschaft die ihr bei ihm einfach fehlte. Immer noch plagten sie Gewissensbisse. Sie merkte dass er so ausgebrannt war. Und Sie hatte diese Gewissensbisse weil sie sich eigentlich entschieden hatte, aber am Ende nun doch wieder zweifelte.
Sie war so getrieben gewesen, so unruhig, wie ein Blatt im Wind, wie der Wind selbst, wehte sie hierhin und dorthin und es fiel ihr gerade schwer ihre Gedanken, ihre Gefühle und ihren Weg festzuhalten. Alles fühlte sich ungeplant an und sie wünschte sich einen Fingerzeig, etwas was ihr half zu erkennen was ihr bestimmt war.

Und so war die Sehnsucht wieder hochgekommen, entgegen aller Angst, ihren göttlichen Paten zu begegnen. Manchmal war es gut, denn sie fürchtete was es ihr offenbaren konnte. Es war gut es nicht zu wissen, denn alles aber wirklich alles konnte möglich sein. Aber auch genau das selbe Gefühl, das Gefühl es wäre alles möglich, lies sich oft mit Bauchweh zurück. So hatte sie entschieden Ophelia zu bitten es ihr zu deuten. Mit allen was geschah war sie getrieben und unrast genug. Vielleicht würde es ihr helfen Wurzeln zu schlagen und nicht gänzlich verweht zu werden.
Dennoch nagten die Zweifel. Sie nagten so unerbittlich dass sie keine Ruhe fand und das Gefühl hatte vor lauter Unruhe Ausschlag bekommen zu müssen oder sich zu übergeben, nur dass irgendwas geschah. Sie wollte gegen Wände rennen, und schreien und einfach davonfliegen, nur um diesem getrieben sein, Raum zu geben.

Doch nun, sie konnte es noch immer kaum glauben, nun war diese Unrast einfach geendet.
Alles hatte sich so vollkommen perfekt gefügt zum Ende.
Nicht zuletzt dank Ophelia. Sie hatte sich alles vom Herzen reden müssen, bei jemandem der noch nicht die ganze Geschichte kannte. Und es hatte geholfen. Ophelia hatte ihr die Augen geöffnet indem sie nur ihre eigenen von ihr selbst gesprochenen Worte wiederholte.
Eine Zukunft mit Welf war ein Schloss auf Sand zu gründen. Alles betrachtend war es spannend, abenteuerlich, eine Geschichte. Aber im wahren Leben hatten solche Abenteuer selten ein gutes Ende. Er und sie hatten andere Ideen, sie hatten andere Hintergründe und die Umstände, was seine Familie und ihre Herkunft anging, waren auch nicht gerade eine gute Basis.

Morkander und sie hingegen hatten gute Vorrausetzungen. Sie waren beide fest verwurzelt in ihrem Glauben. Sie waren beide auf verborgene Weise gefährlich tief drin. Sie waren beide zu innigen tiefen Gefühlen fähig. Bei beiden gab es niemandem der ihre Liebe im Weg stehen würden, außer sich selbst. Aber sie hatte ihn sehr verletzt und er konnte ihr nicht mehr vertrauen und sie verstand es. Aber sie hoffte. Sie glaubte . Und irgendwann vielleicht würde es doch gut werden.

Es war nicht einfach gewesen alles zu regeln. Sie wusste er würde sie nicht loslassen, aber dass es jemals ein „wir“ geben würde, darüber war sie sich nicht so sicher gewesen. Doch jeder Moment den er ihr erlaubte bei ihr zu sein, jeder Moment in dem sie seine sanfte Berührung spürte, war ein guter Moment. Er erlaubte ihr sie zu sein und sich zu finden. Manchmal war da Schmerz und Angst und Kummer. Manchmal waren da die Momente wo es sie fast zerriss. Wo ihr alles zu viel wurde und die Tränen hochstiegen. Doch um nichts in der Welt hätte sie ihn loslassen mögen. Alles, sogar der durch ihn herbeigeführte Schmerz, war leichter zu ertragen wenn er da war. Er war Krankheit und Heilung zugleich.
Sie hatte sich in dieser Zeit kaum um die Arbeit gekümmert sondern hatte in den Tag hinein gelebt. Übte und schlich sich ab und an, an die Front. Nachts lag sie in dem Zelt. Ein Mal war sie neben dem Bett auf dem Boden eingeschlafen, den Kopf neben ihm auf der Matratze auf die Arme gebettet. Eigentlich wollte sie nur vorbei sehen und er hatte schon geschlafen. Sie hatte es nicht übers Herz gebracht gleich wieder aufzubrechen und hatte eine Weile in dieser eher unbequemen Stellung die Sterne und den Mond betrachtet die durch einen Spalt im Zelteingang zu sehen waren, und war irgendwann über seinen gleichmäßigen Atemzügen eingeschlafen. Als sie wach wurde lag sie statt ihm im Bett und er war verschwunden. Sie war das erste Mal in den letzten Tagen ohne ihn aufgewacht und es hatte tief drin weh getan. Sie wusste nicht wieso er das getan hatte. Warum war er gegangen? Sie hatte eine ganze Weile still geweint ehe sie aufgebrochen war. Fortan war sie wenn sie zurück kam und hatte bereits geschlafen, sie stets wieder gegangen ohne seinen Schlummer zu stören. Sie wollte nicht wieder dass sie ihn vertrieb. Wenn er Raum brauchte, würde er ihn haben.

Sie hatte dennoch wieder einige Male bei ihm geschlafen. Mal sanft und einfach innig umschlungen. Halt gebend, Zärtlichkeiten tauschend. Mal unschuldig Arm in Arm, den Kopf auf des andren Schulter. Wie Bruder und Schwester in trauter fröhlicher Zweisamkeit. Aber auch innig, die Körper ineinander verschlungen, erhitzt, voll Leidenschaft, sich dem andren ganz hingebend.

Aber wirklich an Glück geglaubt hatte sie nicht mehr. Sie war davon ausgegangen dass entweder er oder sie vorher daran zerbrechen würde und sie aufgeben würden.

Doch dann war der Moment gekommen in dem alles in Scherben lag. Der eskalierende Streit mit Askir , ihr fester Entschluss nun egal um welchen Preis heimzukehren, war es gewesen was die Wende gebracht hatte. Was genau ihn an ihren Worten dazu bewegt hatte ihr nun doch zu trauen wusste sie nicht, aber sie war glücklich. Und ab dem Moment war alles leichter geworden.
Seit dem Moment war es heller und unbeschwerter und sogar die müsigen und aufreibenden Dinge waren nur ein Grund kurz langsamer zu gehen. Alles war ein wunderbares glückliches Abenteuer gerade und sie fühlte sich als könnte sie Berge versetzen.
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Grübeleien - von Anabella - 07.06.2013, 18:52
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Feuer - von Anabella - 02.07.2013, 15:05
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RE: Grübeleien - von Anabella - 29.11.2019, 18:40



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