FSK-18 Grübeleien
#4
Feuer


Sanft strichen die Fingerspitzen über die nackte Schulter, die zwischen einem wirren und verschwitzten Schübel roter Haare hervorblitze, Sie konnte nicht anders als versonnen zu lächeln.

Wenn seine Familie wüsste…
… vor allem wenn sie die ganze Wahrheit wüsste.
Kurz fragte sie sich wie groß sein Interesse an ihr ohne dieses kleine Geheimnis wäre.
Schnell schob sie diesen Gedanken von sich. Nicht anfangen zu denken. Nicht den magischen Moment mit Grübeleien zerstören. Schon gestern hatten seine ehrlichen, herzlichen Worte sie dazu verleitet in Panik zu geraten und Fragen zu stellen über die sie im Grunde selbst nicht nachdenken wollte.
Sie war gerade einfach glücklich und fühlte sich regelrecht schwerelos. Die Finger spielten inzwischen mit einer Strähne seines zwischen Karotte und Tomate befindlichen Haares. Das verklärte Lächeln wich nicht aus ihrem Gesicht.
Es war wahrlich unklar, was war und was sein würde,, geschweige denn warum. Sie musste sich hier und jetzt nicht festlegen um glücklich zu sein. Es fühlte sich gut an in seinen Armen. Und auch wenn die Dinge diffus waren, zeigte ihr etwas an ihrer Beider Blicke und Verhalten dass sie sich insgeheim schon entschieden hatten.
So hoffte sie zumindest.
Dennoch schlich sich etwas Sorge in die unbeschwerten Momente. Etwas sagte ihr dass sobald ihm langweilig wurde, sobald durch welche Umstände auch immer das Kribbeln, der Reiz des Verbotenen weg wäre, das ganze genau so schnell ein Ende finden würde wie die Flamme entfacht war. Dass er mit ihr spielen könnte, oder sie gar vorsätzlich verletzen wollte, von solchen Gedanken hatte sie sich schon vor Stunden gänzlich verabschiedet.
Spätestens nach seinen Komplimenten die so ehrlich klangen und die sie in seinen Augen wiederfand… „du bist unglaublich wunderbar“ hatte er gesagt in Anlehnung an Gwens Versuche ihr klarzumachen dass ihr Bruder sie mochte. Spätestens nachdem sie am Feuer gelegen hatten und er war so glücklich und so entspannt und hatte sie angesehen und gemeint „du bist so verflucht schön anzusehen“ und sie sah den Flammenschein auf seinen Zügen und in seinem roten Haar tanzen und es sah aus als stünde es in Flammen, und sie wusste was er meinte damit.
Nein sobald sich solche Gedanken auch nur im Ansatz in ihr Bewusstsein schleichen konnten, sah sie jedes Mal sein gesicht vor sich wie im Feuerschein die Schatten auf ihm tanzten und sie spürte seine schweißnasse Haut auf ihrer, als sie sich im Gras liebten, und sie spürte den ruhigen Atem in ihrem Nacken als er schlief. Sie sah sein spitzbübisches Lächeln und die Tränen in seinen Augen als er ihr die Geschichte erzählte.
Sie genoss das Leben gerade in vollen Zügen. Am liebsten würde sie ihr Glück mit aller Welt teilen. Aber es in Worte zu fassen, würde den Zauber zerstören. Ihre Freunde würden es auch so bemerken.

Ganz leise zog sie sich an. Zärtlich schob sie die Bettdecke hoch um seine Schulter zuzudecken. Seine Sachen wurden ordentlich über den Stuhl gehängt und aus einem ihrer roten Bänder und etwa 2 Dutzend geübten Nadelstichen, wurde eine kleine Stoffrose, vielleicht so groß wie ein Schilling, geformt und darauf gelegt.
Leise huschte sie die Treppe hinunter. Ein kurzes Gespräch mit Georg später, verschwand sie nach draußen und man ließ ihre Begleitung weiterschlafen.

Leise summend wanderte sie am Platz entlang wo das Fest stattgefunden hatte

„Ich wäre auch gerne dabei gewesen“. Ja jeder wollte das gerne. Und so waren auch alle da. Mondwächter und Mithrasgläubige, Familien, einsame Gestalten auf der Suche, Räte, Handwerker und Krieger, Juren und Galatier, Arme und Reiche. Nur keine Veltenbruchs… Warum bei allen 21 hat sie genau diese Menschen so ins Herz geschlossen, die so unflexibel und verbohrt waren wie kaum ein anderer. Er hatte versucht ihr zu erklären was der Grund war. Seine Worte konnte sie verstehen, doch ihr Herz konnte es nicht begreifen. Es war einfach nicht nachvollziehbar woher diese Abneigung kam. Trotz dieser unflexiblen Art liebte sie sie. Es gab auch dafür keinen Grund, sie tat es trotzdem. Und so war sie trotz aller Wut die gerade Theresia oft in ihr auslöste, einfach nicht in der Lage und auch nicht willens, diesen Ärger auf Dauer aufrecht zu erhalten. Wussten die Götter warum.
Einen winzigen Moment fragte sie sich wieso gerade Welt für die sonst so beherrschte Theresia eine so rotes Tuch darstellte, ehe die Gedanken ohne eine echte Antwort zu finden, lediglich eine vage Ahnung keimte kurz auf, er war Familie aber er trieb sie zu Verzweiflung, sie sprachen gefühlt nicht mal die selbe Sprache, und so konnte sie ihn nicht hassen und nicht lieben.., zum Fest weiterwanderten.

Es war so großartig gewesen, Die Stimmung war ausgelassen gewesen und friedlich. Alle waren für einen Abend, eine Nacht, losgelöst von all den Sorgen des Alltags und sie ließen Streit und Kummer hinter sich. Für diese Stimmung liebte sie das Branwenfest.
Die Opferzeremonie hatte sie aufs tiefste berührt und dass sie die Gaben für Nodons übergeben durften, empfand sie als kaum in Worte zu fassende Ehre. Die Begründung ehrte sie noch mehr. Er hatte von Loyalität und Aufrichtigkeit gesprochen und davon die andren zu schützen. Sie war tief gerührt davon Teil dieses wunderbaren Moment gewesen zu sein.

Eisen


Etwas in Garah berührte sie ohnehin tief. Auch jetzt noch, nach allem was sie erfahren und gesehen hatte, wollte sie ihn nicht verloren geben. Er war ein lebender Widerspruch und es gab keinen Grund zu denken er könnte sie brauchen. Aber etwas tief drin sagte ihr, dass es dennoch so war. Er brauchte Menschen wie sie oder Livera. Sie merkte dass diese Gegenwart ihm gut tat. Und sie war nicht bereit kampflos aufzugeben. Auch wenn er schon auf den ersten Blick nur als ein hoffnungsloser Fall bezeichnet werden konnte. Er schien zu Emotionen einfach schlicht und ergreifend nicht fähig zu sein und in dieser Hinsicht erinnerter er sie besorgnisserregend an Albert. Es schien oft als würde er seine Welt mit lediglich und ausschließlich wissenschaftlichem Interesse wahrnehmen. Er schien in jedem nur ein versuchsobjekt zu sehen und ganz besonders menschliche Emotionen schienen seine Neugier zu wecken. Vermutlich weil sie das einzige wahren was zu begreifen er nicht im Stande war. Nun schätzte aber nicht jeder als Versuchskaninchen missbraucht zu werden. Sie selber hatte es nicht so sehr getroffen, aber sie hatte erfahren dürfen was er anrichtete. Und so waren die Gefühle im Widerstreit was richtig und was falsch war. Bestand Hoffnung? War es richtig ihn zu bestärken und ihm einen Weg zu zeigen. War er in der Lage und willens ihn zu gehen? Oder war er manipulativ genug es auszublenden und dies nur weiter aus der Distanz zu betrachten und seine Schlüsse zu ziehen? Würde es am Ende nur seine Fähigkeiten erweitern anderen etwas vorzumachen? Und war es am Ende gar möglich Emotionen so perfekt zu durchschauen und vorzuspielen, ohne sie jemals zu durchleben, dass keiner den Unterschied mehr wahrnahm? Sie war hin und hergerissen und sie musste sich demnächst ein Bild davon machen. Aber so oder so hatte Livera sie sofort tief berührt und sie wollte ihr helfen. Sie würde auf sie aufpassen und vielleicht bestand Hoffnung. Dennoch schlichen sich seit jenem Gespräch immer wieder Alpträume von Marionetten mit seltsam farbig glänzenden Fäden die sie zutiefs beunruhigten in ihre Träume.

Wasser


Es waren einige Tage vergangen. Turbulente Tage, schöne Tage. Welf war ständig unterwegs gewesen, Garah hatte sich in seine Forschungen vergraben und Carmelina hatte sich auf ihre Arbeit gestürzt und über dem Unglück und die Männer gegrübelt. Sie war sich sehr wohl bewusst dass sie sie damit allein lies und es tat weh, aber sie wäre die letzte gewesen die gerade was das Thema anging ein guter Gesprächspartner gewesen wäre. Und so beschränkte sie sich darauf ihr eine Decke überzulegen wenn sie am Arbeitstisch eingeschlafen war und ab und an nach ihr zu sehen wenn sie im Morgengrauen kurz hereinschlich um neue Sachen zu holen. Sie war kaum mehr zu Hause anzutreffen.
Tags arbeitete sie hart, nachts trainierte sie. Ihre Bewegungen wurden geschmeidiger und kraftvoller. Sie schließt meist auf einem Heuboden, Hausdach oder wo sie gerade umfiel. Und später meist bei Morkander.

Ihn getroffen zu haben war ihr ein großes Glück gewesen. Sie hatte ihn vom ersten Augenblick an gemocht. Seine heitere Art, seine Gabe zu sprechen und Menschen damit zu berühren, generell sein Talent mit Worten umzugehen. Die heitere, manchmal alberne, aber nie lächerliche Weise mit der er durchs Leben wanderte, berührte sie. Und dennoch schien er zu tiefem Denken und beherztem Handeln fähig. Sie war ausnahmslos überzeugt dass er ein wunderbarer Druide werden würde.
Eine Weile war sie fast eifersüchtig gewesen ihn mit diesem Mädchen zu sehen. Etwas an ihm hatte sie gereizt vom ersten Wimpernschlag an. Aber dennoch freute sie sich für die Beiden. Wer hatte auch ahnen können dass es so kommen würde…
Von jetzt auf sofort war es gescheitert. Zumindest schien es nicht ihr Verschulden. Sie hatten einfach andere Träume. Wobei es ihr komisch vorgekommen war. Das Mädchen das ihr im Wald von ihrer Sorge erzählt hatte nicht zu genügen, das nicht glauben konnte gemocht zu werden, und dann die Aussage sie wollte nur Spaß und es geniesen so lange es gut ging? Sie würde ihr beizeiten auf den Zahn fühlen müssen der guten Elynia.
Statt dessen hatten aber sie beide sich angefreundet. In seiner Gegenwart hatte sie sehr bald das Gefühl sich fallen lassen zu können und niemals zu tief zu stürzen. Nachts ganz unschuldig in seinem Arm zu liegen, in die viel zu große geliehene Robe eingewickelt, sacht durch sein Haar streichend und zuzuhören wie er ihr vorsang, das war wunderschön gewesen. Und langsam sehr langsam dämmerte ihr was sie vermisste in ihrer „Beziehung“ jemand der sie so liebte und annahm wie sie war, der stolz darauf war sie an seiner Seite zu wissen und es nicht verbarg aus Angst vor Konsequenzen. Sie war selbst schuld. Sie hatte es nie eingefordert, war sich dessen bis zu dem Moment nicht einmal bewusst gewesen. Aber nun wusste sie es. Sie wollte es ganz oder gar nicht. Und sie ahnte dass er dazu kaum bereit wäre.
Also genoss sie einfach die Zuwendung und den Ausgleich ohne sich Gedanken darüber zu machen. Dies ging gut bis zu der Nacht in der er sie küsste.
Sie war früh wach geworden danach und lag in seinem Zelt, sah zu wie die Sonne aufging und die Sterne der Sonne wichen. Kurz bevor ihr die Symbolhaftigkeit und Perfektion dieses Moments bewusst wurde, dämmerte ihr noch etwas anderes…
… nämlich dass etwas grundlegend schief lief.
Und dann, einige Herzschläge später, war der magische Moment vorbeigezogen den sie so sehr liebte. Der Moment voll vollendeter Klarheit. Die Sonne begab sich zum Himmel, überstrahlte kurz alle Sterne, doch wenn sie müde wurde des Abends und verblasste und sich zur Ruhe begab, erstrahlten auch wieder die Sterne und spendeten Trost und Schutz dem Leben das sich zur Ruhe begab. Tags leuchtete der Alltag über den Menschen dieser Stadt, leitete ihr Tagwerk. Mithras leuchtete in jeden Winkel dieser Erde und die Menschen folgten ihm. Der Alltag bestimmte das Leben hier, aber dann begab sich die Welt zur Ruhe. Das Tagwerk ruhte und auch Mithras tat das. Und er tat es guten Gewissens, denn des Nachts funkelten die Sterne und schenkten der geschundenen Welt Ruhe. Die meisten Menschen schliefen nachts und so hatten für sie die alten Götter nicht mehr diese Bedeutung. Aber wer des Nachts zum Himmel sah konnte verstehen dass beides gut war. Denn sein wir ehrlich: die wirklich magischen Momente…
… geschehen doch immer nur des Nachts.
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Grübeleien - von Anabella - 07.06.2013, 18:52
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RE: Grübeleien - von Anabella - 22.06.2013, 18:00
Feuer - von Anabella - 02.07.2013, 15:05
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RE: Grübeleien - von Anabella - 29.11.2019, 18:40



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