Tagebuch der Taliya Valaris
#7
[Bild: z86h34mu.png]
Achter Eintrag: Schmerz

Es ist vollbracht.
Nun gehöre ich offiziell nicht mehr zur Kirche, meine Buße ist
angetreten, zum Teil bereits entrichtet. Ich bin keine Novizin
mehr und schulde lediglich dem Herrn meine Eide und mein Leben,
so wie es sein soll. Der Prozess bis hierhin war gefüllt mit Aufregung
und Unsicherheit, auch wenn ich es nach außen hin so gut wie
möglich zu verstecken versuchte.

Am gestrigen Abend betrat ich das Büro der Kirche,
Ihre Gnaden Greiffenwaldt wies mich dazu an, meine Buße
entgegen zu nehmen. Anwesend waren sie selbst, sowie
Gnaden Zerline Veltenbruch und Gnaden Alina. Bei der
letzteren bin ich der festen Überzeugung, sie hätte mich nur
zu gern verstümmelt, wenn nicht sogar tot meine Buße verrichten
lassen. So wirkte es, ob es wirklich so ist, sei dahin gestellt.
Auch Gnaden Veltenbruch war wenig begeistert von meinem Pfad,
den ich eingeschlagen habe und dem ich folge. Doch mein Gewissen
ist rein und ich diene unserem Herren Mithras allein.

Nun wurde ich an jenem abend angehört: Von Zerline und Alina,
von Mirialay. Ich habe zugegeben, meine Eide geleistet und sie in
den Augen der Kirche gebrochen zu haben.
Ich habe es… Mein Ornat habe ich abgelegt, dem Schoß der Kirche
für mein Seelenheil den Rücken gekehrt. Doch so würde es nie
verstanden werden, denn für die Diener der Kirche liegt das
Seelenheil in ihren Aufgabenbereichen und Unsicherheiten werden
mit Gebeten vernichtet. Bei mir wurden sie nur verschoben,
weswegen ich meinen Weg neu gewählt habe. Mein Herz gehört
deswegen nicht weniger dem Herrn.

Nachdem man mich anhörte, wurde ich hinaus geschickt, um die Art
und Höhe meiner Buße zu entscheiden. Während ich dort wartete,
zerbröckelte für einen Moment meine gefasste Fassade, die ich
während des Gespräches aufrecht zu erhalten versuchte und was mir,
so wie ich es sah, gut gelungen ist. Schwerwiegende Taten führen
zu harten Konsequenzen, die vom Schuldner mit Würde zu
nehmen sind
, hatte mein Vater mir einst gesagt. Und so wollte
ich es handhaben. Die Art und Weise, wie ich meinen neuen Weg
eingeschlagen habe, war nicht die feinste und so stehe ich zu
meiner Schuld.

Als ich nach gefühlten Stunden wieder in das Büro gebeten wurde,
waren eindeutige Spannungen zu spüren, gerade zwischen Alina
und Mirialay. Anscheinend hatte Alina wieder eine spitze Bemerkung
von sich gegeben, die Mirialay nicht gefiel. Nach meinem Eintreten
wurde ich zunächst von Gnaden Veltenbruch über meinen Ausschluss
aus der Kirche unterrichtet und ich darauf hingewiesen, dass
ich meine Eide nun nur noch gegenüber dem Herrn auszuführen
habe und dass ich keine Novizin mehr sei. Dies war tragbar,
denn es war mein Ziel.

Nun sollte aber meine Buße erläutert werden für meinen Eidbruch
gegenüber der Kirche. Die erste Buße war, dass ich von meinem
zukünftigen Einkommen einen Teil an die Kirche zu spenden habe.
Eine Buße, mit der ich wohl gut zurecht kommen werde, weiß ich eh
nicht, wann mein erster Einkommen eintreten wird und wenn es kommt,
wird es nicht allzu viel sein, sodass auch der Teil für die Kirche einen
Hungerlohn darstellen dürfte.

Die zweite Buße soll sein, dass mir die Farbe Rot verweigert wird.
Keine rote Kleidung. Sollten sich meine Hoffnungen auf das
Schneiderhandwerk erfüllen, stehen mir alle Farben auf dem Markt
zur Verfügung, sodass ich diese Buße mit einem Schulterzucken
abtun kann. Die Farben meiner Familie sind eh blaue Farbtöne.

Von der dritten Buße trage ich noch jetzt den Schmerz. Hiebe mit
dem Gürtel. Drei auf dem Rücken, drei an den Fußsohlen, drei auf
meine Schwurhand. Vor dieser Buße fürchtete ich mich, sind
Schmerzen mir doch weitestgehend fremd. Doch ich nahm mir vor,
auch diese Buße mit Würde zu ertragen und ich meine, dies sei mir
gut gelungen: Ich ertrug den Schmerz ohne großes Jammern.
Ich hatte mir dies selbst zugefügt, also musste ich es mit erhobenem
Haupt ertragen. Vor Gnaden Veltenbruch nur keine Schwäche
zeigen, sondern beweisen, dass der Herr mir immer noch wohl
gesonnen ist. Die Hiebe schmerzten, Schweiß bildete sich auf
meiner Haut und mein Körper begann unweigerlich nach den Hieben
zu zittern…
Doch meine Fassade blieb standhaft: Nur geringe Schmerzenslaute
verließen meine Lippen und ich bin standhaft geblieben,
anstatt zusammen zu brechen. Trotzdem mir kurz schwarz vor
Augen wurde.

Nun kann ich kaum gerade sitzen, das Laufen ist unangenehm und
das Schreiben bereitet mir Schwierigkeiten, weswegen dieser Eintrag
auch weniger sauber ist, als ich es von mir gewohnt bin. Aber ich
habe meine Würde, meine Ehre und mein Seelenheil
aufrechterhalten.

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RE: Tagebuch der Taliya Valaris - von Taliya Valaris - 16.09.2013, 07:02



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