Die letzte Einladung
#5
"Dann schreib doch ein Gedicht!"

- Ein Gedicht? Was habe ich mir bloß dabei gedacht, als ich Feykir fragte, wie ich Brigid ehren könnte... Ich und ein Gedicht verfassen... Ich habe ja kaum welche gelesen, als dass ich dann irgendwie Anhaltspunkte hätte. Es muss sich doch reimen oder? Und irgendwie hatten sie alle einen gleichen.. hm... "Schwung". Mag sein das Brigid einer meiner Schicksalsgöttin ist, aber eine richtig poetische Zunge hatte ich nie. Ach was soll's...

Es verging eine längere Zeit und das gekaufte Buch, dass kaum Verzierrung aufwies hatte bereits mehrere rausgerissene Seiten. Mehrere Ansätze angefangen und aufgegeben. Viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf, aber so richtig wollte der Kohlestift kein gescheites Gedicht aufschreiben. Mit einem Seuftzen erhebt sich der Altjenar und macht es sich unter einem Baum gemütlich. War es ein Kastienbaum? Richtig darauf geachtet hat er nicht. Nach einer Weile fielen ihm auch schon die Augen zu und er hielt ein Nickerchen.

Langsam öffnet sich die Augen. Das Vogelgezwitscher ertönte laut und hat ihn geweckt. Sein Blick glitt nach vorne: Der Himmel strahlte merkwürdig hell und es war keine Wolke erkennbar. Für den Gilbhart erschien alles so hell. Aughril überkam ein Gefühl der Ruhe und er hatte das Gefühl, dass sein Kopf auf einem Kissen lag. Eine Hand legte sich auf seine Stirn und fuhrt über sein Haar. Nicht seine Hand. Er legte leicht den Kopf in den Nacken und erblickte... ein Lächeln, eine kleine Nase, weißstrahlendes Haar, die Augen der Person waren nicht erkennbar und ein weißes Kleid. Bevor er doch überhaupt irgendwie reagieren konnte, war da wieder die Hand, die sich über die Augen des Waibels legten.

[Bild: 836f92-1508921078.jpg]

Da schlug er die Lider auf und erhob langsam den Oberkörper. Aughril schaute sich um, aber niemand war da. Ein Traum. Er senkte den Blick und sah das mager verzierrte Buch auf seinem Schoss balancieren. Er schlug es auf und las leise:

Sie trug den Becher in der Hand
-Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand -,
So leicht und sicher war ihr Gang,
Kein Tropfen aus dem Becher sprang.

So leicht und fest war seine Hand:
Er ritt auf einem jungen Pferde,
Und mit nachlässiger Gebärde
Erzwang er, dass es zitternd stand.

Jedoch, wenn er aus ihrer Hand
Den leichten Becher nehmen sollte,
So war es beiden allzuschwer:

Denn beide bebten sie so sehr,
Dass keine Hand die andre fand
Und dunkler Wein am Boden rollte.

In ihm breitete sich eine angenehme Ruhe aus.

Aughril erhob sich und legte das Buch, geschwängert mit dem Gedicht, in die Opferschale am nächsten Schrein ab. Ein letzter Blick auf das Buch und ihm glänzte irgendwas vor der Nase. Als der Knappe nach dem Faden griff, erkannte er schnell, dass es Spinnenseide war...

Nun musste er nur noch ein Brief verfassen.
"Wo Worte selten sind, haben sie Gewicht."

[Bild: Aughril.png]
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