Ehre und Ordnung, das Leben als Ritter
#6
Es ist Mittag in Hohenquell, als Jon seinen Sohn beim Spielen beobachtet. Nathan wird bald einen Jahreslauf alt und der Ritter ist mittlerweile vielmehr zu einem vorbildlichen Vater sowie Gärtner und Gestalter geworden. Seit dem kürzlichen Tod von Luisa, der Baronin von Greifanger und des Fürsten von Candaria wundert sich niemand, dass Jon sich bei den Familientreffen der Fuchsenfelder eher zurück hält und auch sonst vielmehr bedeckt agiert.
Dem ruhigen Hohenquell droht keine spürbare Gefahr und er kann die Ruhe dringender gebrauchen, als es ihm bewusst war. Für die Weile, in der sein Knappe und Saresh mit Abwesenheit glänzte, war er streng genommen für zwei Baronien verantwortlich. Ein Ereignis jagte das nächste und es gab keine Möglichkeit, um zur Ruhe zu kommen. Dazu kam die Ungewissheit mit seiner Baronin, die mit Geistesabwesenheit glänzte, sich den Umstand jedoch stur nicht eingestehen wollte. Bei dem Gedanken an das vergangene, inszenierte Duell mit Arellus ist ihm immernoch unwohl. Was ihn wirklich die Monate nach Luisa's Tod plagte war jedoch der letzte Gesichtsausdruck, den er von ihr in Erinnerung hatte. Da war kein Stolz und Zufriedenheit mehr, sondern Enttäuschung und Betrübtheit. Ihn traf grundsätzlich keine Schuld, was ihren Amtsverlust angeht, denn es war richtig so zu handeln, aber was stört sich das Gewissen schon an richtig oder falsch?
Nach dem Tod des Fürsten und der Baronin blieb nur Trauer. Trauer darüber, zwei Menschen verloren zu haben, die er geschätzt und respektiert hat. Zwei Edle, die wichtig für Candaria waren. Aber Attentate, Morde und Unglücke passieren und wenn ein Höllenfeuer im Thronsaal ausbricht, dem keiner aus der anwesenden Adelsriege Herr werden kann, sucht er keine Schuld bei sich.

Es hätte schlimmer laufen können, beispielsweise so sie ein Chaos hinterlassen hätten. Stattdessen hatte Candaria Arellus, der schon immer engagiert seine Ziele verfolgte. Manchmal ist ein Wandel und damit einhergehender Wechsel der Führung wie ein Frühling nach einem strengen Winter.

»Onkel Arellus bringt frischen Wind nach Hohenquell.« raunt Jon eher zu sich und wird mit einem Lächeln seines Sohnes aus den Gedanken gerissen. Er sitzt auf dem Teppich im Wohnraum und beobachtet seinen Sohn, wie er mit einem Stoffpferd spielt oder besser gesagt daran zieht, knabbert und es ungeniert besabbert. Seine Frau ist draußen im Stall, um nach den wenigen Pferden zu sehen, die sie nach Aufgabe des Hofs in Greifanger behalten hat. Ihr Leben war beschaulicher geworden und hat sich gebündelt.
Jon kommt nicht umhin Mithras bei jedem Gebet für das zu danken, was er hat. Die Ungewissheit und die Gewissensbisse, die ihn wegen seiner ehemaligen Baronin ergriffen hatten, haben ihn und Leira auseinander gerissen. Es gab Tage, da hat er in ihr Gesicht gesehen und vor eigener Stumpfheit nichts gesehen, was ihm imponierte oder beruhigte und nichts gehört außer schnippische Äußerungen, die jeden Gedanken und jedes Handeln seinerseits kritisieren. Ihr getrübtes Verhältnis hat sich erholt und sie zurück auf einen liebevollen, vertrauensvollen Weg geführt.

Die Gedanken an Leira, lassen ihn in Bewegung kommen. Jon entwendet diplomatisch Nathan's Spieleug, packt ihn in ein Fell ein und trägt ihn nach draußen zum Stall. Pferdewiehern mischt sich in das sanfte Summen, das Leira von sich gibt. Jon schätzt ihre weiche, melodische Stimme ebenso wie Nathan, der ruhig wird und lauscht.
Sie riecht nach Stroh und Jon kommt näher, mit dem eingepackten Nathan auf dem Arm. Er hebt die Finger zu ihrem Gesicht und streicht ihr ein paar Halme aus dem roten, wallenden Haar. Nathan beobachtet den Vater und will sich ebenfalls nützlich machen, indem er nach Leira's Haar greift, um jedoch vielmehr Unordnung als Ordnung anzurichten.
»Ich komme gleich und mache euch Essen.« lächelt Leira, verlegen bei der geballten männlichen Zuwendung.
»Keine Hast. Ich muss dich sowieso um einen Gefallen für heute Nachmittag bitten.«
Sie neigt den Kopf ein Stück und die schlauen, grünen Augen mustern ihn eingehend.
»Ich muss auf Patroullie und anschließend meine Rüstung auf Vordermann bringen. Ein Bote aus Löwenstein brachte Kunde über ein Treffen des Ritterordens im nächsten Wochenlauf.«
Die minimale Spur von Zweifel in ihrem Gesicht wird größer, als er weiter spricht. Jon spürt, dass die Wunden der Zerrüttung noch nicht verheilt sind. Sie hat Angst davor, ihn erneut zu verlieren und er kann nichts sagen oder versprechen, um die Angst zu vertreiben. Das kann nur die Zeit. Sie ringt sich ein Lächeln ab und blickt an ihm vorbei. Der Zweifel vergeht und in die intensiven Augen tritt ein anderer Ausdruck: Schalk.
»Du beanspruchst unseren Sohn in letzter Zeit sowieso viel zu viel, das ist er überhaupt nicht gewöhnt. So habe ich ausnahmsweise etwas von dem kleinen Nathan ..« und ihr Zeigefinger reckt sich um das kleine Abbild auf Jon's Arm am Füßchen zu kitzeln, »Und wage es blos nicht vor Einbruch der Nacht zurück zu kommen. Ein wenig Leibesertüchtigung würde dir auch nicht schaden, damit du an die Rittertafel passt. Du hast dich gehen lassen, mein Ritter.« Ihre schlanken Finger lassen von Nathan ab und streichen über Jon's muskulösen Bauch, der sich unter dem lockeren Hemd abzeichnet. Ihr verschmitztes Lächen ist hinreissend und er stellt seine Überlegung ein, welche Ertüchtigung seine Frau damit meint. Offensichtlich jene, die hinter geschlossenen Türen stattfinden.
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RE: Ehre und Ordnung, das Leben als Ritter - von Jonathan Silberfels - 15.03.2017, 14:53



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