Orange und blutrot, das Leben als Knappe
#20
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Die erste Nacht in ihrem neuen Heim bricht an. Jon dreht sich auf die Seite und schmiegt sich noch einen sehnlichen Moment in die wärmende Felldecke und an die Frau neben sich. Seine Hand legt sich auf ihrem Bauch ab und streichelt wissend darüber. Vor Kurzen hätte er noch behauptet, das letzte halbe Jahr war ereignisreich wie sonst keine Zeit in seinem Leben gewesen. Doch dann kam das neue Jahr und mit diesem ein viel tief gehender Wandel. In knapp zwei Wochenläufen würde er Leira zur Frau nehmen.

Sie hatte ihm schon so viel geschenkt und nun noch mehr. Ihre Herz, ihre Hand, ihr ganzes Sein und jetzt auch noch ein Kind. Sie schenkt ihm eine Familie, etwas woran er vor einem Jahreslauf noch nicht einmal gedacht hatte. Er mochte seine Freiheiten viel zu sehr, um sie aufzugeben. Aber trotzdem fügte sich alles so mühelos. Leira ist sein Halt und sein Antrieb, wo er befürchtet hatte eine Bindung würde ihn hindern. Wie hätte er auch wissen sollen, dass sie sein fehlender Teil ist, bevor er sie kannte?
Darüber hinaus hatte er ihre Loyalität gesichert. Etwas, das Saresh ihm ans Herz gelegt hatte und ihn lange beschäftigt hat. Wenn das Bündnis zwischen Greifanger und dem Orden je geschwächt worden wäre, hätte Leira sich entscheiden müssen. Eine Situation, die er zu gern fort schieben wollte. Aber schlussendlich war es ihre eigene Entscheidung, den Orden hinter sich zu lassen. Jon ist ihr überaus dankbar dafür, vor allem da sie ihren Nachwuchs trägt. Er kann nirgends so für sie da sein und sie beschützen wie hier in seiner neu gewonnen Heimat, die auch Leira's Heimat ist.

Langsam schlingt er sich aus der Schlafpostion und hinterlässt der schlafenden Schönheit einen Kuss auf dem Schopf. Noch ungewohnt, ob der neuen Umgebung durchquert er das Zimmer und steigt die Treppe hinunter. Ab dem morgigen Tag hielten ihn die Pflichten in Löwenstein, weswegen er zumindest den Tag noch nutzen wollte, um zu Patroullieren und Jagen, bevor sein Körper mit Tanz und Festlichkeiten gefordert wird. Aber es ist genau das Richtige. Zwar wurde der Triumph über die Dunkelheit im engen Kreis ein wenig gefeiert, aber er versteift sich zu sehr auf seine Pflichten und Aufgaben, um wirklich willentlich die Arbeit ruhen zu lassen.
Natürlich brennt auch etwas Neugierde mit. Die Konklave soll ein großes, schimmerndes Fest sein mit viel Aktivität und dem Adel aus aller Welt. Es würde lehrreich werden, aber auch unterhaltsam. Dennoch darf er seine Pflichten und Manieren nicht vernachlässigen, zu viele Augen sind auf seinen Herren und das Gefolge gerichtet, das Candaria vertritt. Tatsächlich ist eben das aber kein leichtes Unterfangen mehr. Er spürt, wie sein Dienstherr ihn freier laufen lässt. Die Gespräche und der Umgang verändern sich. Und doch bleibt die Verbundenheit, die auf Jon's Loyalität und Saresh' Vertrauen gründet. Etwas, das ihm wichtig geworden ist und er niemals aufgeben wird.

Im Wohnraum tritt er zum Lager hinüber und öffnet die Kiste mit den Rüstungen und Waffen. Er legt die Teile routiniert an, bevor er sich nochmals im neu bezogenen Heim umsieht. Die Teppiche und Möbel verstömen eine einladende und warme Atmosphäre. Auf kurz oder lang werden sie hier Gäste empfangen, dann wird Kinderschreien aber auch Lachen durch den Raum hallen. Im Sommer könnten sie direkt neben dem Hof im Meer baden. Es ist ein guter, friedlicher Ort. Zumindest ist es das Gefühl seiner bescheidenen Erziehung und Gesinnung. Ob es Leira und seiner werdenden Familie genügt, wird sich zeigen. Denn es soll ihnen an nichts fehlen.
Bevor ihn der Gedanke an seine Verlobte wieder nach oben lockt, zieht er den Waffengurt fest und macht sich auf in den kalten Morgen.
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