Orange und blutrot, das Leben als Knappe
#15
Das erste Tageslicht weckt ihn auf. Die Nacht war unruhig und er fühlt sich wie gerädert. Der getrocknete Schlafmohn hatte gut gewirkt, den er immer mit sich trägt und in solchen Situationen eine geringe Menge kaut. Was ihn eher immer wieder aufschrecken lies, waren die Schritte der Heilerinnen. Fast Stündlich hörte er Bewegung einen Stock über sich. Kein gutes Zeichen. Er macht sich Sorgen um Panscher, ihn hat es am Schlimmsten erwischt, als die gerissenen Angreifer aus dem Hinterhalt kamen. Nach dem überstürzten Ritt nach Löwenstein hing er bewusstlos auf seinem Pferd. Warum hat er sich überhaupt freiwillig gemeldet nach Löwenstein zu reiten, wenn er so angeschlagen war? Kann er seinen Körper nicht einschätzen?
Elend war ihm, als er seinen Mitstreiter vom Pferd ziehen lies, um ihn ins Heilerhaus zu bringen. Sogleich wurde nach der Vogtin geschickt, damit er augenblicklich versorgt werden konnte. Jon hat keine Ahnung, wie es um Panscher's Zustand steht.

Langsam schwingt er die Beine aus dem Bett und reibt sich mit den Händen übers Gesicht. Er nimmt einen Schluck aus dem Wasserschlauch, dem ihm die aufmerksame Phoebe hinterlassen hat. Bei jedem Schluck spürt er die Naht und einen unangenehmen Druck. Wenigstens hatte er kein Fieber bekommen, das ist doch ein gutes Zeichen? Und er hat Hunger wie ein Bär.
Mit den Fingern streicht er vorsichtig unter seiner rechten Achsel entlang. Er spürt die Wunde unter der Verband, der Schmerz löst den letzten Schlaf aus seinen Gliedern. Vorsichtig schiebt er den Verband höher, dort wo er die schmerzliche Rippe vermutet. Jon hebt umständlich den Arm etwas und sieht hinab. Ein überraschtes aber zugleich erleichtertes Ausatmen entfährt ihm. Es ist nicht die Rippe, er hat sich ein tieflila gefärbtes Hämatom eingefangen durch den heftigen Treffer. Vermutlich hat der Harnisch heftig gegen seinen Brustkorb gedrückt. Trotz dem Schmerz betastet er die Stelle, fühlt seine vollständige, wenn auch schmerzempfindliche Rippe, aber er fühlt keine Unebenheit, keinen Bruch. Er wagt einen tiefen Atemzug, der nur mit einem sachten Stich von Statten geht. Stumm dankt er Mithras, eine malträtierte Rippe könnte er im Moment überhaupt nicht gebrauchen. Die Trägheit seines Armes kann er verkraften, denn sein Herr lehrte ihm , er soll auch seinen zweiten Arm trainieren. Er würde soweit mit Links kämpfen können, hauptsache er fällt nicht aus.
Jon würde am Liebsten in die Kirche stürmen und Justan oder Gnaden Teran schütteln. Wer fühlte sich überhaupt zuständig dafür? Warum ist die Reinigung der Mühle nicht schon längst geschehen? Wieviele müssen noch zu Schaden kommen? Seine Geduld ist am Ende. Sein Herr hat Recht, wenn die Kirche nicht bald handelt, wird der Rabenkreis informiert. Vielleicht schreibt er Eylis eine Nachricht, sie wirkte alarmiert, als er ihr von den Vorkommnissen berichtete.
Nicht nur diese Nachricht ist nötig, sondern auch Andere. An seine Baronin. An Saresh. Und vielleicht sollte er auch Evellyn schreiben, nachdem er gestern nur noch eine mündliche Nachricht schicken konnte, sodass sie erfährt wie es um ihren Mann steht.

Gerade als eine der Heilerinnen wieder über seinem Kopf einen Stock höher auf und ab schreitet, drückt sich Jon auf und wirft seinen Umhang über. Er muss nur eben zur Bank und Papier und Feder holen. Sein Kreislauf zwingt ihn fast ins Bett zurück, aber er reisst sich zusammen. Kurze Zeit später kehrt er außer Atem zurück, klemmt sich hinter das kleine Tischchen und macht sich ans Schreiben. Dabei hält er mit der linken Hand das rechte Handgelenk fest, um den Schmerz gering zu halten.


Während er den Bericht verfasst, geht er den vergangenen Abend gedanklich nochmals durch. Die Musterung war ein voller Erfolg. Er hatte zwei der drei neuen Rekruten von Greifanger mit zur Musterung gebracht. Es war nicht einfach diese aufzutreiben, mit seinem Bruder hatte er natürlich nicht im Geringsten gerechnet. Vielleicht ein Zeichen Mithras?
Von Hohenquellner Seite zählte er zwei Rekruten, dazu Wachmann Runar und Herrn Panscher. Der organisatorische Ablauf ging gut von Statten, sie hatten eine ansehnliche Truppe auf die Beine gestellt und er blickte der Zukunft optimistisch entgegen.

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Als sie zur ersten gemeinsamen Patroullie aufbrachen, kamen sie nicht weit. Das unangenehme Gefühl kehrte zurück, das sie schon bei der Lichtwache beunruhigte. Panscher und Arellus warfen sich wissende Blicke zu. Die Sinne der Hermetiker sind einfach schärfer wenn es um solche Kräfte geht. Bei der Brücke in Kliffweiden wurden sie von schemenhaften Geistern angegriffen, Arellus nannte sie Schattengestalten, gehüllt in ravinsthaler Uniformen. Sie verhöhnten die Lande, provozierten die Ansässigen. Und sie hatten Jon wohl beim Jagen zugesehen. Als er zuschlagen will verschwindet sein Gegner vor seinen Augen, formiert sich neu und zielt mit brachialer Wucht auf eine seiner Schwachstellen. Jon war überrascht, der erste Treffer sas, bis er sich an die Taktik gewöhnen konnte, die seiner so ähnlich war.
Die Gruppe schlug sich bis zum Baroniesitz vor und reinigte den Vorhof. Doch dann huschte ein Schatten an ihnen vorbei und eine drei Mann starke Echse formierte sich. Die Kraft des Tieres war gewaltig, schlug Arellus mit einem gezielten Schwanzhieb zu Boden.
Schließlich wurde das Biest jedoch besiegt und wurde untersucht. Arellus nannte es einen Tatzelwurm, was immer das auch sein mag. Das Biest raffte einige von ihnen nieder, auch er selbst fand sich für ein paar unklare Momente auf dem Boden wieder.
Aber der Angriff schien zerschlagen zu sein und so machten sich Herr Panscher und er auf den Weg nach Löwenstein, um die Kirche zu informieren. Ihre Seligkeit selbst schickte ihn ins Heilerhaus. Er hatte eine gute Menge Blut verloren aber er war stur.
So hatte er sich den Abend nicht vorgestellt, aber er hofft bald aufbrechen zu können, um selbst die Baronie zu schützen und den Anwohnern Sicherheit zu vermitteln, bis die Kirche hoffentlich endlich eintrifft.

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Das Gastgeschenk - von Jonathan Silberfels - 16.09.2015, 23:09
Reinigung - von Jonathan Silberfels - 08.10.2015, 20:07
Bewältigung von Wut - von Jonathan Silberfels - 22.10.2015, 12:43
Vor der Parade - von Jonathan Silberfels - 08.11.2015, 18:25
Aus der Vergangenheit - von Jonathan Silberfels - 29.11.2015, 16:58
Die Musterung - von Jonathan Silberfels - 07.01.2016, 10:52
Durchhaltevermögen - von Jonathan Silberfels - 13.01.2016, 12:30
Bereitschaft - von Jonathan Silberfels - 15.01.2016, 11:22
Auf der Zielgeraden - von Jonathan Silberfels - 26.01.2016, 14:37
Am Ziel - von Jonathan Silberfels - 22.02.2016, 18:23



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