(K)eine Liebesgeschichte
#6
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Am Ende war es doch so trivial und einfach. Liebe ist Schmerz und Schwäche.
Es ist so wie er es in Erinnerung hatte und wenn er ein gesundes Gewissen hätte, würde es ihm wohl sagen 'Ich hab dich gewarnt'.

Rahel's Reaktion war wie ein plötzlicher Regenguss im Sommer, der einen bis auf die Knochen durch nässt. Er weiß nicht warum oder wieso, aber sie hat es schlicht und ergreifend beendet. Und das mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass er sich fragt, ob er überhaupt noch etwas an der Entscheidung hätte ändern können.
Was bleibt ist Resignation. Im Grunde hatte er jeden Tag damit gerechnet. Er ist kein Mann, der eine Frau wie sie halten kann. Aber die Bereitschaft zum Versuchen war da gewesen und das was sich zwischen ihnen Beiden entwickelt hat war ehrlich.
Auf Resignation folgt Schuldzuweisung, die in seiner Welt wie von selbst zu Wut führt. Die vertreibt er am effektivsten mit animalischer Gewalt, weswegen er regelrecht fluchtartig die Neustadt verlassen hatte, um in die nächstbeste Höhle zu gelangen. Das ist es was er jetzt braucht. Stickige Luft, Blut und Schmerz, um den emotionalen Schmerz mit körperlichem zu übertönen oder zumindest kombinieren. In der stetigen Dunkelheit des Stollens gibt es keine Zeit und keine Pflichten, nur das Töten. Auf Anzeichen von Erschöpfung oder Schwäche folgt Schmerz. Ein klares, ungeschriebenes Gesetz nach dem er funktionieren kann.

Während der Jagd hat er die Zeit vergessen und als er wieder an die frische Luft gelangt und dem Schwefelgestank entkommt, spitzt bereits die Sonne über den Berg. Er sinkt auf den Baumstamm und wagt es erst jetzt auf seinen Körper zu hören, als der Großteil seiner Kraft heraus gesogen wurde. Jeder einzelne Muskel brennt dank der langen Verausgabung. Hier und da spürt er Schnitte und blutige Kratzer, die das Gambeson mit etwas Lebenssaft tränken. Die Rüstung hat das gröbsten Verletzungen fern gehalten, weswegen sie blutverschmiert ist. Er stinkt vermutlich nach Schweiß und Dreck, auch wenn ihm das im Moment recht einerlei ist.
Aber dieses Zusammenspiel aus Erschöpfung und Schmerz betäubt seine Wut und lässt ihn zugleich Lebendigkeit fühlen. Er genießt diesen Moment Ruhe, als sich das Hämmern seines Herzschlags beruhigt und das Zucken in den Fingern nachlässt. Für einen Augenblick hat er die Kraft den Gedanken an Rahel weit weg zu drängen. Sie wird dich nicht vermissen. Weil du sie wie Dreck behandelt hast. Aber immerhin hast du ihr nichts zum Abschied hinterlassen. Ausnahmsweise keine würdelose Botschaft.
Verbissen klammert er sich an den Gedanken, dass Distanz die richtige Medizin ist. Abgesehen davon gibt es keine Alternative. Seine Selbstbeherrschung ist dahin. Wenn er sie Lächeln sieht oder ihr Lachen hört würde er die Kontrolle verlieren. Ihm ist bewusst, dass sie einen anderen Kerl finden wird, aber solange er es nicht mit an sehen muss kann er es ignorieren. Er weiß viel zu gut was sonst passiert.

Um die Ruhe aufrecht zu erhalten, die er im Moment verspürt klimpert er den Berg hinab in Richtung Flusslauf. Einige Schritte von der Straße entfernt löst er die Schnallen und Riemen und schält sich aus dem Metall. Auch wenn die Sonne langsam den Frühling einleitet ist das Wasser noch immer eiskalt. Seine Haut scheint sich zusammen zu ziehen und bildet spürbare Gänsehaut. Das Gefühl des eisigen Wassers dominiert sein Denken und er wünscht sich diesen Zustand erhalten zu können. Nach einem kurzen Untertauchen steigt er wieder aus dem Wasser, wirft sich ein wärmendes Fell über und schürt ein Feuer gegen die Kälte.
Langsam nimmt die Last auf seinen Schultern ab. Rahel hatte so viele Erwartungen an ihn. Bis zu einem gewissen Grad war es in Ordnung, dass sie ihn zu zähmen versucht und Bedingungen an ihre Beziehung stellt, aber er lässt sich nicht in einen Käfig sperren. Vielleicht braucht er die Freiheit mehr, als er zugeben will. Streitereien und Diskussionen erscheinen ihm sinnlos. Irgendwo ist es nur Zeitverschwendung und sie führten nie zu einem Ergebnis mit dem beide Seiten einverstanden waren.
War es das alles wert? Er hat sich an ihre Nähe gewöhnt, die Berührungen und ihren Geruch. Dadurch, dass sie ihn gestern weggeschickt hat wurde wieder diese unsichtbare Mauer hoch gezogen und er fragt sich, ob er sie jemals wieder zerschlagen will. Es ist gefährlich sich an Menschen zu gewöhnen, weil man sie mit einem Fingerschnippen einfach verlieren kann.
Rahel ist fort und es ist als hätte sie ihm einen Dolch in die Brust gerammt. Touché
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(K)eine Liebesgeschichte - von Aki Durán - 04.03.2015, 23:48
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RE: (K)eine Liebesgeschichte - von Aki Durán - 06.03.2015, 10:23
RE: (K)eine Liebesgeschichte - von Rahel Goldblatt - 06.03.2015, 19:10
RE: (K)eine Liebesgeschichte - von Aki Durán - 08.03.2015, 01:45
RE: (K)eine Liebesgeschichte - von Aki Durán - 20.03.2015, 12:54
RE: (K)eine Liebesgeschichte - von Aki Durán - 02.04.2015, 13:50
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RE: (K)eine Liebesgeschichte - von Rahel Goldblatt - 07.06.2015, 08:29
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RE: (K)eine Liebesgeschichte - von Aki Durán - 08.06.2015, 09:50



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