FSK-18 Grübeleien
#7
Das Glück ist wie ein schwedischer Sonnenuntergang - er ist für alle da, aber die meisten von uns blicken in die andere Richtung.

(Mark Twain)


Irgendwann zwischen den bangen Momenten der Angst, dem angespannten Lauschen auf seine Atemzüge, der ungewissheit ob es gut war wenn sie leiser wurden, oder ob es ein Zeichen war dass er am davongleiten war, irgendwann zwischen dem Moment als sie resigniert aufgab den fieberheißen Körper mit kalten Tüchern abzureiben und dem Moment wo sich ihre Augen von der Erschöpfung des reglosen Durchwachens schlossen und sein Atem ruhig und gleichmäßig ging und das Fieber gesunken war und er schließlich sie in eine liegende bequemere Position verfrachtet hatte und sich eng an sie geschmiegt hatte. Irgendwo in diesem schmalen Fenster der Existenz, war die Welt unendlich klar. Ihr eröffnete sich dass sich langsam aber sicher immer mehr Wege vor ihr auftaten. Mit jedem Schritt den sie einen Weg weiter beschritt, schien dieser Weg zu neuen zu führen, die genau so unzweifelhaft ihr Leben auf die richtige Weise voran trieben. Auf diesen Wegen begegnete sie andren Menschen und mit manchen ging sie kurze oder längere Strecken gemeinsam. Doch die bei denen sie sich sicher war, dass sie sie nicht aus den Augen verlieren würde, auch wenn sich ihre Wege eine Weile trennen sollten, die vermochte sie zu erkennen. Und in dem Augenblick sah sie die Welt voll unendlicher Klarheit vor sich. Sie sah die verwobenen Fäden die die Götter sponnen wenn sie die Schicksale ihrer Patenkinder webten, sie sah dass es kein Falsch gab in dieser Welt sondern alle noch so verworrenen und versponnenen und verwirrend verwobenen Schicksalsfäden nur eine einzige große großartige Geschichte sponnen. Sie sah und begriff . Nicht mit dem Kopf, mit dem Herzen vermochte sie die Welt in all ihrer einfachen Klarheit zu begreifen.

Diese Klarheit entglitt ihr, so wie ihr die Wachheit entglitt, aber ein unendlich tröstliches Gefühl blieb zurück. Sie würde sich nie mehr so alleine fühlen. Vielleicht war es einfach eine flüchtige Fantasie die durch die Sorge und den Schlafentzug herbei geführt war, möglicherweise war es aber tatsächlich ein Augenblick von solcher Klarheit wie er nur wenig Menschen von den Göttern geschenkt wird.

Aber vor allem machte sich die Gewissheit in ihr breit glücklich zu sein. Alles hatte sich gefügt. Sie hatte zwei treue Freudinnen gewonnen, einen kleinen Bruder und eine kleine Schwester, einen echten Freund, einen Onkel, einen Lehrer, ein Vorbild, eine Liebe und ganz besonders, allem voran, hatte sie sich gewonnen.

Dieses Glück würde nicht immer so hell scheinen, aber sie würde es immer festhalten wollen, tief in ihrem Inneren. Sie wusste dass es nicht immer einfach werden würde, aber sie war geleitet. Die Götter führten sie durchs Leben und es war schlicht nicht möglich auf diesem Weg fehl zu gehen. Sie hatte das gefunden was ihr Wurzeln schenkte und auch wenn sie nicht festhalten hatte können wie die Wege aussahen und was die Zukunft bereit hielt, so war die Angst und Unrast gewichen. Sie hatte nicht mehr das Gefühl dass das Leben eine große staubige Fläche war, die sie gestalten musste um irgendwie etwas zu hinterlassen. Sie wollte kein mageres Haus auf eine staubige Ebene bauen. Sie wollte einfach nur laufen und die Wunder sehen die sich überall am Wegesrand auftaten. Sie musste nichts schaffen, es war alles schon da. Man musste nur vertrauen und glauben.

All diese Gedanken waren verschwunden als sie viel später im Zelt aufwachte und die Hektik des Alltags sie einholte. Doch ein Nachklang dieses Moments holte sie noch Tage später immer wieder ein und setzte einen Samen des Friedens in ihr unrastes Wesen
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Grübeleien - von Anabella - 07.06.2013, 18:52
RE: Grübeleien - von Anabella - 22.06.2013, 00:25
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Feuer - von Anabella - 02.07.2013, 15:05
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RE: Grübeleien - von Anabella - 29.11.2019, 18:40



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