Tagebuch der Taliya Valaris
#3
[Bild: z86h34mu.png]
Vierter Eintrag: Träume

Am gestrigen Tag habe ich viel Zeit damit zugebracht,
über meinen Büchern zu sitzen, zu lesen und zu notieren,
was mir fehlte. Ablenkung… Organisation…Konzentration.
Ich will nicht an den Verlust denken. Lernen. Für Mithras,
für die Kirche, um mich als würdig erweisen zu können.
Emotionale Ablenkung darf ich nicht zulassen.

Mein Magen knurrt. Schon wieder. Habe ich am Vortag
nicht schon genug gegessen? Bevor ich mich zu Bett
begebe, werde ich wohl doch speisen müssen. Essen und
Hunger unterbrechen mich bei meinen Studien, ohne
Nahrung gelingt es mich jedoch nicht, mich angemessen
zu konzentrieren. Und ich bin so müde. Es ist wieder mitten
in der Nacht. Nur noch ein Buch…



*an dieser Stelle
sieht man einen Buchstaben, dem ein lang gezogener Strich
und ein Tintenfleck folgt*



Ich bin eingeschlafen. Der Morgen graut bereits, es ist
fast Zeit für das erste Gebet. Ich fühle mich wie gerädert.
Nicht nur bin ich über meinem Tagebuch eingeschlafen,
ich habe meinen Kopf sehr ungünstig positioniert. Mein
Nacken schmerzt, mein Kopf auch. Wie passend, dass
ich gerade jetzt wach werde. Wieso aber ausgerechnet
jetzt?

Bilder rasen durch meinen Kopf. Bilder eines Traums, die
ich kurz zu vergessen versuchte. Nun kommen sie mit
aller Gewalt zurück.
In meinem Traum geschah viel. Ich sah mich, heute, in
meinem roten Ornat und mit einem Stapel Bücher unter
dem Arm. Wie immer wissbegierig und fleißig, aber auch
merkwürdig zerstreut. Bilder von meinem Onkel, von meinem
Bruder, beide bereits verstorben, folgten. Zunächst lächelnd,
dann die Gesichter verziehend, zerfallend. Schreie dringen
an mein Ohr und ich sehe, wie das Chaos nach mir greift.
Wo ist das Licht, das mich erretten wird?

Es kommt nicht… zu wirr sind meine Gedanken, zu unruhig
mein Innerstes. „Du zwingst dich zu sehr, jemand zu sein,
der du nicht bist“, raunt eine kühle Stimme. Eine Frau in
schwarzem Gewand tritt vor mich, die Augen verbunden.
Auf die Frage, wer sie sei, lächelt sie kalt. „Ich bin dein
Geist, der dem Chaos verfallen ist. Du hast mich erschaffen.“

Ich will schreien, fliehen… Doch die fremde Frau zieht mich
zu sich, bis wir zusammen stoßen. Meine Perspektive
wechselt, alles ist schwarz. Als sich meine Lippen teilen,
erklingt die Stimme der Frau. Stimmen, Gedanken, Schreie
hallen durch meinen Kopf. Wir sind eins…

Meine Gedanken schwingen, ich fühle mich der Ohnmacht
nahe. Ich soll diese schwarze Frau sein, die dem Chaos
ins Netz gegangen ist? Das kann nicht stimmen!

Licht… Durch die tiefe Schwärze, die mich umringt, bahnt
sich ein kleiner Punkt gleißenden Lichtes. Erst nur ein
bisschen, dass ein bisschen sehr. Der Punkt wird zu einem
Strich. Und ich erwache aus meinem Traum.

Es war der Sonnenaufgang, den ich nun von meinem Platz
aus bestaunen kann. Mithras war es, der mich aus diesem
finsteren Gespinnst meiner Angst befreite und mich in das
Hier und Jetzt zurückgeholt hat. Doch der Traum ist auch
eine Botschaft. Ich muss mein Innerstes sortieren und
Ordnung in mein Leben bringen, in meinen Verstand. Ich
fange am besten mit einem Gebet an, welches ich meinem
Bruder widme. Dann für meinen Onkel. Möge Mithras einen
Platz an seiner Seite für sie haben. Ich muss Abschied
nehmen und Trauer Platz lassen, Tränen müssen fließen.
Denn nur, wenn ich die Last des Verlustes ablege, kann
ich mich selbst ordnen. Emotionale Kälte ist der falsche
Weg… Sie ist nicht mein Weg.
Ein Gebet, ein Gespräch, Ruhe und Zeit… Das brauche ich
nun, um meinen Verstand zunächst von diesem Traum
zu reinigen…



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RE: Tagebuch der Taliya Valaris - von Taliya Valaris - 13.06.2013, 18:53



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