Gefangen im Wahnsinn
#1
Als ich an diesem Abend zu Bett ging oder eher zu Holzboden, fiel mir das Schlafen besonders schwer. Ich hatte mich zwar gewaschen, aber es kam mir noch immer so vor, als hätte ich sein Blut an den Fingern. Ich rieb immer wieder die Hände aneinander und irgendwann gar so stark, dass es mir schon weh tat. Seufzend ließ ich die Arme herab fallen und rückte sogleich das Fell zurecht, welches mir Seytz noch vor ein paar Tagen gab. Es war zwar nicht so, dass es der Schlafkomfort sich dadurch erheblich verbesserte, aber es war zumindest ein Anfang. Desweiteren hatte ich diese Nacht mal kein Bedürfnis danach, mich über die lächerlichen Einrichtungsverhältnisse zu ärgern. Diese Nacht war eigentlich eher bedrückend. Nicht solch ein Gefühl, welches mich heulen ließ, aber auch keines, welches in irgendeiner Art und Weise ein Lächeln in mein Gesicht zauberte. Die Zustände waren grauenhaft und es kotzte mich an, das ich daran nichts ändern konnte, auch wenn ich es zutiefst wollte.

Es war nicht einmal so, dass ich großartiges Mitleid mit Durias hatte oder doch, hatte ich vermutlich, auch wenn ich mir nie eingestehen wollte und wahrlich auch nie jemanden gesagt hätte. Aber dieser Abend war wieder ein Moment, wo ich mich fragte, wo das alles hinführen sollte. Seine Worte, die er heute mir mir sprach, waren alle so wahr und es ärgerte mich zutiefst, dass dies der Fall war. Selbst als ich mich darum bemühte, heilende Substanzen für ihn zu erwerben, fragte ich mich dabei innerlich, warum ich mir überhaupt so viel Mühe machte. Warum gehe ich nicht einfach, irgendwo hin, wo ich nicht zusehen müsste, wie irgendwelche Leute blutig geschlagen werden? Ich war einst so egoistisch und gab nichts auf andere Menschen, kaum war ich in diesem Haus angestellte, hegte ich das Bedürfnis auf alle aufzupassen. Recht lächerliche Vorstellung, was konnte ich schon ausrichten. Aber trotzdem wollte ich von diesem Gedanken nicht abweichen. Ich wollte dienlich sein, in den verschiedensten Arten und Weisen, denn ich hatte nie das Gefühl, ich würde genug leisten.

"Sie ist eine Petze."

Ich atmete tief durch und als das Schnarchen der Anderen an mein Ohr drang, hätte ich aufschreien können. Ich wäre am liebsten aufgestanden und hätte jedem einmal ins Gesicht getreten. Doch ich blieb liegen, ich erinnerte mich an Oswalds Worte und ich erinnerte mich daran, dass er Recht hatte. Ich schwörte mir allerdings auch zeitgleich, dass ich diesen Ruf loswerden würde, denn es müsste zumindest eine starke Schulter geben, in diesem durchgedrehten Haushalt, mindestens eine, die dafür sorgt, dass nicht alle elendig an ihrem eigenen Blute erstickten...


In der Nacht, wenn alles ruht,
Träumend von der Ferne,
Hat der Himmel auf der Hut
Nur das Aug der Sterne.

Doch wenn in die Welt zurück
Kehrt des Tages Wüten,
Braucht er schon den Sonnenblick,
Um sie zu behüten.
Hermann Rollett - Schutz
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Gefangen im Wahnsinn - von Jakobine Dunkelfeder - 14.05.2013, 01:08



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