FSK-18 Von Met, Bolzen und einem schmalen Grat
#3
Tag um Tag war vergangen. Aus einer kindischen Schwärmerei, die sie sich nicht erlauben wollte, war Liebe geworden. Liebe, sie schnaubte verachtend aus. Leute behaupteten manchmal die Liebe sei das zerstörerischste Gefühl von allen. Sie hatten Recht. Die Liebe verdrängte um sich herum so vieles oder stürzte es gar in den Abgrund. Die zierliche Blondine war sehr lange das Objekt ihrer Begierde, mehr als das. Sie hatte dieser Frau Dinge angetan die bei allen anderen undenkbar waren. Leise seufzte sie, als ihre Hand an der kondensierten Scheibe entlang glitt und den Blick nach draußen frei gab.
Träne um Träne hatte sie ihr abgerungen. Schmerz, Angst, Lust jedes einzelne Gefühl hatte sie in der kleinen Schreinerin geweckt. Diese jedoch drängte sich ihr mehr und mehr entgegen. Sie hieß die imaginären Flammen willkommen, die ihren Körper umschlangen. Sie hatte sogar den Geist der kleinen Frau vergiftet bis jene sich ausmalte, die Worte von Ihr, wären wahrhaft. Eingebildete Gäste die sie beide überraschen, Fremde die ihre gierigen Blicke an der Blonden labten und sogar Männer die Sie der willigen Frau aufdrängte. Irgendwann hatten ihre Gedanken angefangen, alles wahrhaft werden zu lassen.

Doch nun änderte sich alles. Ein Schauer lief über die Arme und den Rücken der Frau. Ihre Hand saugte sich beinahe an der kalten Scheibe fest. Jemand anderes hatte ihr Herz erobert. Sie hatte es wohl nicht einmal darauf angelegt. Und doch hatte Systheria zu lange zwischen zwei Stühlen gestanden. Seit heute fehlte einer dieser Stühle. Jene die nun  ihr Herz besaß hatte es verlangt und das mit Recht. In ihren Ohren klangen die Worte ihrer Großmutter.
"Niemand tanzt mit zwei Partnern gleichzeitig."
Ihre Augen schlossen sich und ihre Gedanken schweiften nach draußen über die Felder der Höfe und die Ebenen Candarias. Bis zu jenem kleinen See nahe Hohenquell.

Lita Ford - Close my Eyes

In ihren Gedanken trug sie die ohnmächtige Schreinerin auf den Armen. Sie trug die Frau bis zu jenem See der weitab der Wege zwischen den Wiesen und Bäumen lauerte wie ein Auge, dass in den Himmel sah.
Langsam tauchte sie den Körper der Bewusstlosen ins Wasser. Ihre blonden Haare und das dünne weiße Hemdchen saugte sich mit der kalten graublauen Masse voll. Und während ihre Haare durch die hauchfeinen Strömungen schwebten, suchte ihr Kleid nach dem Grunde des Sees als wollte es sie herab ziehen.
"Lass sie treiben, sie wird ein neues Ufer finden." Die Stimme hatte Recht und Systheria ließ den Körper los. Er ging nicht unter trotz des gierig zerrenden Kleides. Am nahen Ufer pflückte Systheria einige wilde Blumen und legte sie auf der Bewusstlosen ab.

An ihren Körper klebte das weiße Kleidchen und zwischen ihre Lippen hielt sie den dornigen Stiel einer frisch erblühten Rose.
"Zwischen dir.. und mir.. gibt es kein Wir mehr."


[Bild: Le-canzoni-di-Caino.jpg]


Systheria schreckte auf. Ihre Hand lag noch am Fenster und zitterte sachte ob der Kälte. Manchmal hasste sie ihre Gedanken.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Von Met, Bolzen und einem schmalen Grat - von Systheria Calladottir - 31.10.2018, 20:31



Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste