[Forschung] Die schwarze Versuchung/Eberleder gerben
#1
Wir sahen es beide und sprachen bereits darüber. Eberleder, schwarz wie die Nacht am Dunkelmond.
Ein Leder mit dem man bedrohliche Rüstungen und edle Stiefel fertigen könnte... wenn nicht gar verführerische kniehohe...
Im Halbschlaf lasse ich meine Gedanken träumerisch schweifen. Schwarzes Leder, was man alles damit machen könnte... Verlockend.
Aber erst einmal sollten wir mit der Arbeit beginnen, immerhin will getestet werden, welche Säuremengen man zum Gerben benötigt und ob das Leder eine Vorbehandlung benötigt.
Ich seufze und kämpfe mich aus dem Bett. Die Decke ist ein kuscheliges Fell, die Strohmatratze ist dünn und durchgelegen, besitzt ein paar Löcher, doch schützt sie mich vor der Kälte die vom Boden kommt in der kleinen, zugigen Hütte.
In der kühlen Luft bibbernd kleide ich mich an und mache mich auf den Weg.
So viele Leben die ich führen musste... manchmal wollte ich mich nur verkriechen...
Meine langen Beine tragen mich schnell über die Straße. Am der abgebrannten Taverne am Kreuzweg halte ich und schlage mich ungesehen in die Büsche.
Die Maske ist so beiläufig angelegt, dass es schon etwas Besorgnis erregen konnte... Zuweilen fühle ich mich so alt wie ich mich mit dieser Maske gebe. Alt, alleine und einsam... den jungen, glücklichen Paaren nachsehend und sie beneidend. Es festigte meine Maske, doch drohe ich mich manches Mal gänzlich darin zu verlieren. Es sind so viele Leben die ich führen muss.
Krücke und Sack liegen dort wo ich sie deponiert habe. Die Robe ist übergestreift und die Krücke ergriffen, schwer stütze ich mich darauf und konzentriere mich auf meine fehlenden Zehen. Wie es war, als ich sie gerade erst verloren hatte, wie ich vorsichtig auftreten musste weil ich ständig fürchtete vornüber zu kippen.
Vorsichtigen, gebrechlichen Schrittes wandere ich, klein wie ich bin, langsam nach Löwenstein. Mein behaglich warmes Heim in der Altstadt erwartete mich ebenso wie meine Forschungspartnerin. Auch wenn ich gestehen muss, dass mein Heim mich eher lockt als diese Frau.
Doch will ich nicht leugnen, dass ich in dieser Stadt der Person näher bin, die mir bei jeder Begegnung ein wohliges Kribbeln durch den Bauch sendet. Selbst wenn diese Person sich wohl nie nach mir umsehen wird... und mir nie meine Maske abstreifen darf...
Ich verschließe meinen Schmerz tief in mir, als ich den Rubinbiber passiere. Ich betrachte das Schild des Handelshauses und nickt mir selbst zu.
Richtig, die Arbeit. Immer erst die Arbeit. Immer erst die Pflicht.
Ich folge einem Plan, aber erst: Das Eberleder. Schönes, schwarzes Eberleder.
An mehr darf ich nicht denken, nicht jetzt, es ist zu gefährlich.
[Bild: raddessein.gif]
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[Forschung] Die schwarze Versuchung/Eberleder gerben - von RabenGroll - 01.03.2017, 02:02



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