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Normale Version: [Forschung] Die schwarze Versuchung/Eberleder gerben
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Wir sahen es beide und sprachen bereits darüber. Eberleder, schwarz wie die Nacht am Dunkelmond.
Ein Leder mit dem man bedrohliche Rüstungen und edle Stiefel fertigen könnte... wenn nicht gar verführerische kniehohe...
Im Halbschlaf lasse ich meine Gedanken träumerisch schweifen. Schwarzes Leder, was man alles damit machen könnte... Verlockend.
Aber erst einmal sollten wir mit der Arbeit beginnen, immerhin will getestet werden, welche Säuremengen man zum Gerben benötigt und ob das Leder eine Vorbehandlung benötigt.
Ich seufze und kämpfe mich aus dem Bett. Die Decke ist ein kuscheliges Fell, die Strohmatratze ist dünn und durchgelegen, besitzt ein paar Löcher, doch schützt sie mich vor der Kälte die vom Boden kommt in der kleinen, zugigen Hütte.
In der kühlen Luft bibbernd kleide ich mich an und mache mich auf den Weg.
So viele Leben die ich führen musste... manchmal wollte ich mich nur verkriechen...
Meine langen Beine tragen mich schnell über die Straße. Am der abgebrannten Taverne am Kreuzweg halte ich und schlage mich ungesehen in die Büsche.
Die Maske ist so beiläufig angelegt, dass es schon etwas Besorgnis erregen konnte... Zuweilen fühle ich mich so alt wie ich mich mit dieser Maske gebe. Alt, alleine und einsam... den jungen, glücklichen Paaren nachsehend und sie beneidend. Es festigte meine Maske, doch drohe ich mich manches Mal gänzlich darin zu verlieren. Es sind so viele Leben die ich führen muss.
Krücke und Sack liegen dort wo ich sie deponiert habe. Die Robe ist übergestreift und die Krücke ergriffen, schwer stütze ich mich darauf und konzentriere mich auf meine fehlenden Zehen. Wie es war, als ich sie gerade erst verloren hatte, wie ich vorsichtig auftreten musste weil ich ständig fürchtete vornüber zu kippen.
Vorsichtigen, gebrechlichen Schrittes wandere ich, klein wie ich bin, langsam nach Löwenstein. Mein behaglich warmes Heim in der Altstadt erwartete mich ebenso wie meine Forschungspartnerin. Auch wenn ich gestehen muss, dass mein Heim mich eher lockt als diese Frau.
Doch will ich nicht leugnen, dass ich in dieser Stadt der Person näher bin, die mir bei jeder Begegnung ein wohliges Kribbeln durch den Bauch sendet. Selbst wenn diese Person sich wohl nie nach mir umsehen wird... und mir nie meine Maske abstreifen darf...
Ich verschließe meinen Schmerz tief in mir, als ich den Rubinbiber passiere. Ich betrachte das Schild des Handelshauses und nickt mir selbst zu.
Richtig, die Arbeit. Immer erst die Arbeit. Immer erst die Pflicht.
Ich folge einem Plan, aber erst: Das Eberleder. Schönes, schwarzes Eberleder.
An mehr darf ich nicht denken, nicht jetzt, es ist zu gefährlich.
“Leder gerben”, sowas “neu” zu lernen hörte sich für Avinia in dem ersten Moment völlig absurd an, hatte sie ja schon gefühlt Tausende von Lederlagen gegerbt und auch immer wieder die gleichen gängigen.
Was sollte da schon eine Eberhaut im Vergleich zu einer Schweinshaut anders machen, abgesehen von der Farbe? Immerhin sind es ja die gleichen Tiere, angetroffen im gleichen Wald, wahrscheinlich sogar von der gleichen Schweins-Familie. Auch wenn man das nicht wirklich erkennen konnte… so war es zumindest in ihrer Vorstellung.


Aber vielleicht war auch gar nicht so wirklich das Gerben die Herausforderung, wie sich früh genug für sie herausstellte. Das eigentliche Problem waren anscheinend die Häute.
So selten dass man stundenlang nach einem einzelnen Schwein im Wald suchen musste, und dann darauf hoffen musste dass die Haut auch noch die richtige, dunkle, Färbung hatte. Oder teils Tage darauf warten musste dass sich ein Jäger meldet um ihr welche zu verkaufen

Aber zuletzt hatte sie zu ihrem Wohlwollen dieses Glück, als ihr Nym, auch wenn sie selbst immer noch nicht wirklich positiv ihr gegenüber stand aus den vorherigen Vorfällen, einige dieser Häute, die wahrscheinlich seltener als so manches Metall waren, gebracht hatte.

14 Stück für einen ziemlich stolzen Preis von fast 30 Schilling waren es. Aber das machte ihr nichts aus, die Kunden müssten ja später für diesen Preis der Rüstungen aufkommen.
So hütete sie diese Häute in ihrer Haut- und Fell-Truhe zusammen mit den anderen beiden die sie bereits hatte, gerade genug für eine einzelne Riemenrüstung (auch wenn sie wahrscheinlich den Latz dafür weg lässt) für welche sie sich im Voraus in der Bibliothek sämtliche Schnittmuster besorgt hatte.
Denn wenn man schon eine neue Art Leder gerbt, dann wollte sie auch direkt etwas vorzuweisen haben, um zu zeigen was es ist, und wie es aussieht.

So sah sie sich noch eine ganze Weile diese Schnittmuster an, auch wenn sie sich kaum unterschieden von denen aus Wild oder Schweinsleder. Aber zumindest hoffte sie auf kleine Unterschiede zu treffen, die ihr und ihrer Mit-Forscherin das Gerben und Verarbeiten erleichtern würden.

Zumindest wollte sie sich so schon einmal auf das nächste Treffen mit Mithra vorbereiten, dass würde sicherlich einiges erleichtern.
Das Gerben des Leders erwies sich, wie erwartet, als langweilig. Aber was sollte an Gerben schon interessant sein, selbst wenn es irgendwie besonderer wär.
Zumindest konnte sie sich diesmal mit dem Kotzreiz zurückhalten, nur 2 mal während des ganzen Testvorganges des Gerbens den sie mit Mithra abhielt.

Zwei Häute wurden schlicht im Kessel gegerbt, mit der üblichen Menge Gerbsäure und Wasser, und die anderen beide am Gerbgestell.

Dann wurde ein Tag gewartet und am nächsten Tag überprüfte Avinia die Häute, nachdem jene getrocknet waren.
Große Unterschiede gab es nicht, doch waren die am Gerbgestell gegerbten Häute ein wenig sauberer und gleichmäßiger, und so musste sie an den anderen im Kessel gegerbten Lederlagen noch etwas nacharbeiten, unreine Stellen feiner bearbeitend und von überschüssigen Resten befreiend.
Auch wenn das alles nichts war, was für sie in irgendeiner Art und Weise neu gewesen wäre.

So entschied sie sich also die restlichen 12 Häute, die sie noch hatte, am Gestell zu gerben. Es war zwar deutlich zeitaufwändiger, und auch nicht weniger Kotzreiz-fördernd, aber das Leder würde dadurch deutlich an Qualität gewinnen. (Und auch an dem Preis würde das sicher etwas ändern)

Dann wurden die Häute wieder zum Trocknen ausgelegt und es hieß wieder zu warten, erstens damit sie wieder trocken werden und zweitens auf das nächste Treffen mit Mithra, in welchem sie hoffte nun endlich dieses dunkle Leder in eine Rüstung zu wandeln.
Denn das würde immerhin das deutlich spannendere werden und so manche Eigenart des Leders könnte sich noch offenbaren.
Es mochte am Sturm gelegen haben, dass niemand zum ausgeschriebenen Gerbtermin erschien. Allerdings hatte sie das dumpfe Gefühl, dass es eher daran gelegen hatte, dass die Leute wussten wie sehr es stinken würde.
Außerdem war es nicht all zu aufregend gewesen ein paar Häute in einen Kessel zu werfen und ein paar auf einem Gestell mit der Gerbsäure zu behandeln. Im Gegenteil, es war regelrecht ermüdend und der Gestank hatte sie beide auf eine harte Probe gestellt.
Das Einzige um das sie froh war, war die Tatsache, dass sie im Rubinbiber gegerbt hatten und nicht in ihrem neuen Haus.
Avinia würde lange lüften müssen um diesen Gestank aus den Fellen und Teppichen im Rubinbiber zu bekommen.
Leider war der Sturm nicht gänzlich an ihr vorüber gegangen, weswegen sie die folgenden Tage das Bett hütete und die Nase schnäuzte und sich elend fühlte.
So musste der Verarbeitungsversuch des Eberleders zu einer Rüstung ein paar Tage länger warten als beabsichtigt.