FSK-18 Masken
#4
Was sie letzten Endes dazu bewogen hatte, wieder aufs Pferd zu steigen und der Garnison den Rücken zu kehren, hätte eindeutig schon früher kommen müssen.
Das Wissen darum, dass sie bei dieser Abmachung, dieser Lösung, nichts zu gewinnen hatte. Aus irgendeinem Grund war ihr das aber erst so richtig klar geworden, als Arkin, dieser weißbemantelte Kerl mit dem immerwährenden Lächeln, vor versammelter Mannschaft aussprach, was Einars Bedingung ohnehin die ganze Zeit beinhaltet hatte: Sie war in den Augen der Söldner Deserteur, Verräterin. Doch für diese Betitelung, diese Ansicht und die Folgen hatte sie nicht vor, auch noch in Gulden und Demütigung zu zahlen. Vielleicht hätte sie diese Schande, diese 'Knüppelgasse' über sich ergehen lassen - wäre sie dann mit den Wölfen quitt gewesen. Auch den Gulden hätte sie unter Zähneknirschen dazu gezahlt. Aber wozu diese beiden Opfer, wenn letzten Endes doch nur die darauffolgende Ächtung wartete? Dafür, dass sie Thalweide unter misstrauischer Beobachtung betreten konnte? Niemals. Und je näher sie Löwenstein kam, wobei sie das Pferd weder zur Eile trieb noch Müßiggang duldete, desto lächerlicher erschien ihr der Gedanke an das Prozedere.
Nein. Sie würde keinen Heller bezahlen und niemand würde einen Finger an sie legen, ohne, dass sie sich bis auf den Tod dagegen zur Wehr setzte. Obgleich es ihr grundsätzlich missfiel, ungeklärte Rechnungen im Rücken zu wissen, so würde sie es in dieser Sache darauf ankommen lassen. Fahnenflucht - Todesurteil. Vorausgesetzt, sie wurde innerhalb Thalweide oder der Passwacht gefasst. Und das würde sie zu vermeiden wissen. Ihr Ruf konnte ihr in dieser Angelegenheit egal sein. Was gab sie darauf, was ein Haufen verflohter Barbaren von ihr hielt? Schließlich hatte sie die Sache vernünftig lösen wollen. Doch Vernunft schien in dieser Angelegenheit fehl am Platz. Während sie das Pferd im Unterstand vor ihrem Haus unterbrachte spürte sie, wie sich der Kloß im Hals, den sie bereits seit gestern Nacht vergebens hinunter zu schlucken versuchte, in Nichts auflöste. Ja, vielleicht war sie in größerer Gefahr, als sie momentan annahm. Aber sie hatte sich ihren Stolz bewahrt. Barbarentum galt es nicht zu unterstützen. Und während sie die Tür aufschloss und den Blick durch die Wohnstube schweifen ließ dachte sie an die Götter. Dachte an den einen Gott. Und mit einem mal überkam sie ein unwohles, nagendes Gefühl, das noch bis zum folgenden Morgen anhalten sollte...
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Masken - von Nym Graukatz - 13.02.2017, 12:19
RE: Masken - von Nym Graukatz - 22.02.2017, 09:19
RE: Masken - von Nym Graukatz - 27.02.2017, 01:34
RE: Masken - von Nym Graukatz - 28.02.2017, 11:35



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