[Schattenlos] Es ist sicher
#17
Wochen später, in einem Ort Namens Hohenquell.

Auf einem Balkon saß ein junger Mann auf einer bequemen Holzbank. Die Beine in wenig anmutender Haltung davon gestreckt, der Rücken leicht bucklig, das Hohlkreuz zeigend. Der Blick starr hinab gesenkt auf ein Schriftstück, was allgemein als Gösselpost bekannt ist. Die Mimik von Argwohn gezeichnet. Kurz zuvor ward die oberflächliche candarische Ruh von verfluchenden Worten gestört: "Welches von Mithras verlassene Rindskopf hilft diesem selbstgerechten Arschloch von Andras, in dem es den Namen seines Häschers verschriftlich. Diese Löwensteiner Drecksbande. Sich für keine Dummheit zu fein".

Schweigen. Der starre Blick wurd ungesund lange aufrecht gehalten. Unter Gestöhne erhebte sich der Mann und auf leisen Sohlen wird die Heimstätte verlassen. Noch in der Nacht in Richtung Löwenstein geritten. Fackel schwingend auf dem Wege dorthin. Er brauchte Antworten und wenn die Gösselpost so freizügig mit Informationen um sich warf, wer weiß, vielleicht findet sich in alten Ausgaben noch hilfreiches. Wäre kein schlechter Ausgleich dafür, dass ein besonders einfältiger Schreiberling mit seiner Drecksfeder seinen Namen in die Gösselpost verbannte. Alles zu seiner Zeit. Alles zu seiner Zeit. Sein Gemüt beruhigte sich zunehmend, ohnehin brauchte er alle Konzentration während des nächtlichen Ritts.

Leicht staubige Schriftstücke werden gewendet, belesen und Abschriften auf mitgebrachten Schriftstücken angefertigt. Die Mimik, verziert durch minimal angehobene Mundwinkel, ist Zeuge seines Sucherfolgs. Es wurd mehr gefunden, als erhofft war. Sekundenschlaf sucht den müden Leib auf, zieht und zerrt an ihm. Die Nacht wird nicht ganz zum Tage, denn irgendwann zieht es ihm hinfort. Eine Taverne wird aufgesucht, eine Stätte, die ihm schon in der Spiegelebene Zuflucht war. Dort ist es gewiss sicher.

Wenige Tage vor dem Wutanfall, wieder  in Hohenquell.

Der Schmerz drückte von innen heraus gegen den Schädel. Der Kopf schwer, die Ohren voll von Klageleid und Sensibelkeiten anderer. Die anderen: Menschen, die er gerade an der Taverne verabschiedete und für deren Einsatz er sich höflich, dem Anstand folgend, bedankte

Eine kleine Gruppe fand sich zusammen. Gezielt seinerseits angeschrieben. Jeder von ihnen gehörte einer anderen Fraktion an, so möge sich das Ergebnis und notwendige Berichte ob der Suche von allein verbreiten. Gemein ist ihnen wohl nur die Wohnstätte Löwenstein. Er benötigte verschiedene Sichtweisen, Erfahrungen und Herangehensweise. Das war beabsichtigt. Er wollte den Erfahrungsschatz anderer zum Wohle der Suche einsetzen. Für die Suche nach dem Wihelm Andras schob er sogar seine Faulheit zur Seite. So halb wenigstens. So richtige viele Personen kennt er nicht und so war die Auswahl begrenzt.


Der Trupp, verstärkt durch zwei Gardisten aus Löwenstein, zog nach leidlicher Verzögerung aufgrund Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe los. Wer darf wo was und vor allem wie. Die Bedingungen müssen stimmen - jah, jah. Kaum in Greifanger angekommen und auf einen groben Plan geeinigt, schien die Last der vielen Augen, die aus dem Schatten heraus die Gruppe anstarrten, eine größere Last zu sein, als er sich ausmalte. Ekelhaft, als ob er auf einer Theaterbühne steht. Es wurd Nichts gefunden, nicht einmal die sterblichen Überreste eines Wilhelm Andras. Sehr bedauerlich. Doch die einst nur starrenden Augen zog es hinaus aus dem Schatten, hinweg von der Passivität zu einem gewaltverherrlichenden Stil. Es wurd eng und die Truppe zog es zurück nach Hohenquell.

Von Ruhe keiner Spur. Sitzend vor der Taverne wurden Feindseligkeiten hübsch in Worte verpackt und einander vorgeworfen. Es ging dabei nicht um die Suche nach Wihelm Andras. Wer hat welchen Gegenstand aus welchem Grunde und wird aus anderem Grunde diesen Gegenstand und jene Erkenntnis nicht teilen, weil irgendwann irgendwas gesagt oder nicht getan wurde. Alle das nicht zielführende Gerede war Quell seiner Kopfschmerzen. Eindeutig. Er musste gehen. Hinfort von diesem erlähmenden Gesprächen. Er wollte nur..., nur eine Gruppe finden, sich gemeinsam zur Suche aufraffen und körperlich unversehrt zurück. Minimalziel erreicht. Doch diese Gruppe, schwierig. Sehr schwierig.

Er war dennoch dankbar. Niemand ist zu Schaden gekommen und es wurd etwas getan. Ein Anfang und ein nicht einmal kleiner, angesichts dessen, wie Fremd sich die Beteiligten untereinander sind oder schon vor langer Zeit geworden sind. Da dachte er an Fräulein Strastenberg, die emsige Schöffin aus Löwenstein. Wie hält sie das nur aus? Welches Rezept wendet sie an, um nicht der Verrücktheit ein williges Opfer zu sein? Und gedanklich dankte er ihr, wo sie seine Suche an richtiger Stelle erwähnte und der Oberleutnant entsprechend zu handeln wusste und am Ende selbst anwesend war. Sehr schön. Es funktioniert doch

Kürzlich hat sich folgendes zugetragen, am alten Fürstenhof in Servano.

"Berninger....Berninger...oh ja natürlich, die Juweliere aus der Altstadtgasse.
Ja, die sind stadtbekannt."
"Nur Schmuck oder auch feinste Gegenstände, die eher ein Raum schmücken? Wie Gläser, Vasen oder Spiegel?"
"Ich meine hauptsächlich Schmuck und Schmucksteine...Spiegel...ich glaube, die wurden verziert, das kann ich aber nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Aber der alte Berninger wurde verrückt. Man sagt, das ihn die Steine, oder besser ein Stein irrsinnig gemacht hat. Aber das kann ich kaum glauben"
"Stein, jah. Was für eine Art Stein? Davon habe ich keinerlei Ahnung. Ihr meint eine Art Rubin?"
"Ich glaube ja, es war ein Rubin, es soll ein wunderschöner gewesen sein."

Gedankenverloren stopfte er sich die frischen Zuckersteine in den Mund. Lutschte an diesen unnötig lange herum. Die eben gehörten Worte versumpften gemählich im Kopf.

Zurück in Hohenquell, auf einem altbekannten Balkon.

Mit einem Anflug von Überheblichkeit erdachte er sich die Zukunft, wie es wäre, Wilhelm Andras zu treffen. Ihm gegenüber zu stehen. Er, der all das Leid erlitt und zu einem gewissen Zeitpunkt der falschen, vorgeblichen helfenden Hand, die ihm angeboten wurde, ergriff und sich aus dem Loch, in dem ihm andere und seine Blindheit führten, hervor ziehen ließ. Nur um später zum willigen Werkzeug verformt zu werden. Er würde Andras am liebsten umarmen. Wie der Vater sein Kind. Ihm sagen, wie bedauerlich er dies alles findet. Ihm sagen, dass Mithras ihm bei echter Reue vielleicht vergeben wird und dann, würde er Andras das Jagdmesser in den Rücken rammen. Ihn anlächeln und meinen, Mithras ist Perfekt und ich..., ich werde es nie sein. Ihn zu Boden geleiten. Einen Trunk der starken Schmerzminderung einflößen und Andras lebend häuten. Eine geringe Strafe für das, was Andras auf seinen selbstgerechten Feldzug der Rache anrichtete.

"Mithras straft alle. Vergeht unter seinem strahlenden Antlitz der Reinigung."
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[Schattenlos] Es ist sicher - von Armaud - 07.02.2017, 00:27
RE: [Schattenlos] Es ist sicher - von Armaud - 06.04.2017, 14:20
Gespräche zwischen Tür und Angel - von Armaud - 09.04.2017, 22:53
RE: [Schattenlos] Es ist sicher - von Armaud - 23.04.2017, 19:44
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RE: [Schattenlos] Es ist sicher - von Armaud - 18.05.2017, 11:34
RE: [Schattenlos] Es ist sicher - von Leevin Waldwind - 21.06.2017, 21:56



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