Warten auf die Dämmerung
#5
Obwohl an jenem Morgen Wind wehte, prasselte der Regen nicht gegen das Fenster. Vielleicht war der Wind nicht stark genug, vielleicht wehte er nicht in die richtige Richtung.

Das einzige was der Wind brachte war Kälte. Und so waren die ersten Eindrücke die Violetta empfingen, als sie in ihrer Schlafmatte auf dem Boden ihres Zimmers und zu Füßen des Bettes erwachte, bleierne Schwere und Kälte. Da der Schornstein des Gasthauses durch ihre Nordwand ging, war es zumindest an dieser Wand des Zimmers nie wirklich kalt, dies verstärkte allerdings nur das morgendliche Bedürfnis, nicht unter der Decke hervorzukriechen.

So wie besagte bleierne Schwere war es allerdings auch dem Laufe ihres Lebens geschuldet, dass dieses Bedürfnis keinen sehr starken Standpunkt in ihrem Leben hatte und sich daher der empfundene Widerwillen kaum auf ihren Zügen abzeichnete, seit sie sich aus dem Schlafsack hervorgetraut hatte. Sie war in ihrer Morgenroutine nun dazu übergangen war, sich den engen Dutt zu binden, der in ein paar Stunden nur noch einen Preis für Mühe, aber nicht für Dauerhaftigkeit bekommen hätte. Der Blick durch ihr Zimmer verriet ihr, dass alles noch so war wie sie es zurückgelassen hatte, und dafür brauchte es keinen langen Blick. Zeit ihres Lebens hatte sie nie viel besessen und nie den Drang entwickelt Dinge zu sammeln für die keine Notwendigkeit bestand.

Nachdem sie sich angekleidet und frisiert hatte, setzte sie sich wieder auf den Schlafsack, also den Boden, neben ihrem Bett, sich auf die Matratze des Bettes stützend, welches als ihr Tisch herhielt. Dort lag ihr Foliant, dort stand eine Öllampe, ein seltsames Willkommensgeschenk, das sie aus einer seltsamen Sentimentalität heraus sehr schätzte, sowie eine Holzschüssel mit genau zwei Äpfeln.

Die Tage waren ruhiger geworden seit sie in Hohenquell eingezogen war, und sie hätte sich vor ein paar Wochen kaum vorstellen können sesshaft zu werden. Aber seltsamere Dinge passierten. Oder auch nicht. Denn die meisten dieser seltsamen Dinge die sie in den Monaten zuvor wach hielten, waren hier in eine gewisse Ferne gerückt. Wolfsangriffe, obskure Monster - das war hier alles in eine scheinbar weite Ferne gerückt und diese Ferne schaffte eine andere Perspektive. Diese Dinge drangen nun nur noch pointiert und vermittelt zu ihr durch, und dass sie nie aus Mund oder Feder jener denen sie vertraute und ihre Unterstützung anbot, zu ihr drangen, beruhigte sie.
Sie hatte aufgehört zur sehr an diese Dinge zu denken, und so war es eine Liste mit einfachen Besorgungen die sie an jenem Morgen beschäftigte, während der Regen elanlos prasselte, und der Wind in Kälte wehte. Und diese Liste las sich in etwa wie folgt:

Zitat:- Mehl (Weizen)
- Schrot (Mais)
- Fleisch (Schwein, Lamm ...)
- Innereien
- Bier
- Salz
- ein Spiegel
- ein Silberring/Amulett/Stift/Schlüsselanhänger
- Öl
- eine Armbrust
- solidere Kleidung
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Warten auf die Dämmerung - von Violetta Winter - 26.09.2016, 10:44
RE: Warten auf die Dämmerung - von Violetta Winter - 11.11.2016, 12:28



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