Orange und blutrot, das Leben als Knappe
#11
Die Tage rannten an ihm vorbei, ohne das er ihnen wirklich folgen konnte. Ganz zu schweigen davon sie zu verarbeiten.
Die Parade war ein voller Erfolg gewesen und sein Herr wurde zum Lehensritter ernannt. Das Ereignis war eine Bestätigung für das was Jon schon lange wusste. Sein Herr ist für Größeres bestimmt und er wird auch in Zukunft nicht der Stagnation verfallen. Immerzu strebt er nach Größerem und nach dem Gespräch mit der Reichsritterin vor einigen Wochenläufen ist sich Jon sicher, das der Weg seines Herren noch lange nicht zu Ende ist.
Doch unbewussterweise hat sein Herr das Feld ein wenig geräumt. Nachdem die Musterung und Parade vorrüber waren lag das Augenmerk auf dem Knappen. Der Maskenball stand an – nicht nur aber vor allem im Sinne der Bürgerschaft – und wurde ein voller Erfolg. Ihm war nicht bewusst, das Organisation seine Stärke ist, aber der erfolgreiche Abend bestärkt ihn in seinem Denken. In den darauffolgenden Tagen hagelte es viel Lob, mehr als er wahr heißen konnte.
Am Tag des Mondes schließlich, am Ende der kräftezehrenden Wochenläufe wurde Jon von der Baronin eingeladen. Alleine das Wissen um den anstrehenden Termin machte ihn nervös, aber noch mehr das er den Grund für das Treffen nicht kannte. Da er nicht als Saresh' Begleitung eingeladen wurde musste es um ihn gehen. Wohl die Bürgerschaft?

Seine Ahnungslosigkeit wirkte sich auf seine Nervosität aus und er fühlte sich wie ein Junge bei seiner ersten Verabredung mit einem Mädchen. Die Baronin ist unbestreitbar eine Person nach seinem Geschmack. Sie legt Wert auf Etikette, ist ehrlich, direkt und intelligent. Ganz abgesehen davon kann er nicht abstreiten, dass sie eine attraktive Frau ist. Laut der Aussage seines Herrn ist sie noch recht jung, zwischen zwanzig und dreißig Jahresläufen und ihre belesene und weitsichtige Art verschafft ihr Respekt.
Das war seine Ansicht bereits vor den Worten, die sie ihm ins Gesicht sagte. Sein Herr hatte ihn im Dunklen tappen gelassen, wohl wieder eine Prüfung, um zu sehen wie er damit umgeht und reagiert. Dadurch, dass Saresh als Lehensritter nun direkt dem Fürst untersteht, fehlt der Baronin ein Ritter. Die Tatsache wäre schön und gut, hätte sie nicht wortwörtlich gesagt, das sie Jon im Auge behält, um die entstandene Lücke zu füllen sobald seine Ausbildung beendet ist.
Für einen Moment schlug sein Herz schneller, aber auf eine eingeengte Art und Weise. Seine Treue gehört seinem Herren, ganz gleich wem dieser untergeordnet ist. Aber sein Leben und seine Zukunft liegen in Saresh' Händen. Dessen Antwort jedoch, das er ihn nicht nur mit bestem Gewissen frei stellen würde, sondern auch einen der schwersten Verluste für seine Reiter eingehen würde, lässt Jon's Herz für einen Schlag aussetzen. Eindeutiger Stolz sprach aus den Worten seines Herren und es gab nichts, was Jon hätte sagen können, um sich für dieses imense Lob zu bedanken.
Deswegen schwieg er und antwortete möglichst ruhig auf die Worte der Baronin, während sein Herz ihm bis zum Hals schlug. Nahezu so laut, das er befürchten musste, man könnte es hören.
Grundsätzlich gierte er nie danach einen Titel zu haben, solange er von Nützen war und seinen Herr mit Stolz erfüllen konnte. Diese bescheidene Einstellung wurde ihm schon während der Kindheit nahe gelegt. Jedoch zeigen die Worte, die Saresh an ihrer beider Baronin weiter geleitet hat und die Tatsache, das sie seiner Meinung ist, seinen Wert für die Baronie. Diese Entwicklung erfüllt ihn mit Stolz, Freude und stärkt sein Selbstbewusstsein.
Erst als die Baronin Beide entlassen, beruhigte sich sein Herz wieder ein wenig. Jedoch war der Moment noch nicht verstrichen, denn die Baronin machte sich daran das Gastgeschenk auszuwickeln, welches er mit brachte. Ein Brauch seines Dienstherren, den er gern und wiederstandslos übernommen hat. Dieser Brauch verschaffte ihm die Freude die Edle lächeln zu sehen. Obwohl es nur ein leichtes Lächeln war machte es die Baronin schöner, jünger und ihre Worte nur noch gewichtiger. Es ist keine Frage, ob er sie als seine Herrin akzeptieren würde, viel eher ob sie mit seinen Diensten zufrieden sein kann.

Fest steht, dass er weitere, mühsame Monatsläufe vor sich hat. Die Ausbildung bei dem Jurenritter ist seit dem ersten Tag aufreibend und herausfordernd, aber sonst hätte er unmöglich eine solche Menge in so kurzer Zeit lernen können. Er sieht den kommenden Tagen und Monaten gespannt entgegen.
Nach den Worten mit seinem Herren nutzt er den Rest seines freien Abends, um nach Löwenstein zu reiten und den Tempel zu besuchen. Wie so oft will er Mithras für seine Führung danken.
Dennoch kann er das Kinn nicht einfach empor recken nach dieser Aussicht. Vielleicht hängt es auch davon ab, das er es zuerst mit der zweitwichtigsten Person in seinem Leben teilen muss, um es wahr zu haben. Auf jeden Fall liegt es an seiner Bescheidenheit und seinem Ehrgeiz. Es würde der Tag kommen an dem es sich auszahlt, so hofft er.
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