FSK-18 Von Raub, Pferden und dem Meer
#6
Man kann sich ganz einfach ziemlich fehl am Platze fühlen. Dafür brauchte es nicht viel. Ein Haufen Amrhaner, eine Priesterin des Mithras und ihr komisches Rumgerutsche auf den Knien, das sie Abendgebet nannten. Morrigùs kalte Klinge sollte sie treffen, würde sie jemals so kriecherisch vor den Göttinnen kauern. Es war armselig, wie sie alle ihren sonst so wichtigen Stolz wegwarfen und sich benahmen wie niederste Sklaven. Und wofür? Um immer und immer wieder die selben Litaneien zu laiern? Wäre sie Mithras gewesen und müsste sich das Jahrhunderte anhören... die Menschen hätte schon lange der Schlag getroffen. Aber ihr sollte es gleich sein. Sollten sie auf dem Boden herum rutschen. Es war gar lustig anzusehen. Nur bei Serbitar war es ihr ein Dorn im Auge. Nicht das sein Glaube sie störte. Das war ein anderes Thema. Er war nun Wolf unter den Schafen. Er führte sie an, stand weit über ihnen. War Edel wo sie unedel waren. Und dann warf er sich in den Schmutz. Hinab auf ihre Ebene, wo er viele blumige Worte finden musste, um Untergebene los zu werden. Und warum? Um ihre Gefühle nicht zu verletzten! Sie verstand es einfach nicht. Sie würde es niemals verstehen. Sie gehörte dort nicht hin. Und sie wäre auch nicht dort, wenn es nicht der Befehl ihres Khans gewesen wäre. Gebeugt ritt sie im Trab durch Südwald, während diese Gedanken durch ihren Kopf flossen wie ein unendlicher Strom der Geringschätzung.

Sie wünschte sich zurück auf ein Schiff. Sie wünschte sich die starken Böhen, die sprühende Gicht und das ewige Schaukeln zurück. Sie wünschte sich die Aufregung eines Angriffs und den Respekt der Mannschaft. Hier war sie nur die Wilde. Dank der verfluchten Bogenschützen und dicken Eisenpanzern, nicht einmal in der Lage zu zeigen was sie konnte. Alles versteckte sich hinter dickem Metall, nicht bereit einen ehrlichen Kampf zu führen.
Der trottende Gang ihres Hengstes wirkte einschläfernd. Sie hatte seit Tage eine Lethargie erfasst, die sie einfach nicht abschütteln konnte. Ob es nun an dem Kind in ihrem Leib lag oder an dem ständigen Nichtstun, konnte sie nicht ausmachen. Und doch wirkte alles so unendlich viel langsamer als sonst. Jegliche Aussicht auf Aufregung war ernüchternd. Jedes hitzig gesprochene Wort wurde zu bitterer Asche in ihrem Mund. Alles hatte seinen Reiz verloren. Jedes Ding etwas von seiner Farbe eingebüßt. Was war nur los mit ihr? Oder lag es nicht an ihr? War es vielleicht die Welt um sie herum, die sich veränderte? Vielleicht lag es an den Amrhanern die aus den trivialsten Dingen ein Aufhebens machten, als würde die Welt plötzlich umkippen? Ja sie liebten ihre Zeremonien und großen Feiern auf denen niemand feierte. Ihre Papierstapel und Vorschriften.

Dhena fühlte sich genau dazwischen gefangen.

Sie erinnerte sich an die Steppentiger in Chucai. Wie diese stolzen, wilden Tiere, so wunderschön und majestätisch anzusehen, in kleine Käfige gesperrt wurden - kaum genug Platz um aufrecht zu stehen. Wie sie gebrochen wurden um hübsche Kunststücke für ihre neuen Besitzer vor zu führen. Wie ihnen ihr Stolz, ihre Freiheit und ihre Schönheit genommen wurde. Die einzige Freiheit die die Jurin noch verspürte war die auf dem Rücken ihres Pferdes. Der einzige Rückzugsort, an dem sie ihren Kopf heben konnte und das sein konnte was sie nun einmal war. Ein wildes Tier dem Instinkt und Ehrlichkeit das wichtigste war. Würde sie dieses Gefühl ihrem Kind weitergeben können? Es würde Amrhaner sein. Ein Mischblut. Nichts Halbes und nichts Ganzes. Hatte sie es von vorn herein verdammt oder würde etwas Größeres daraus erwachsen? Sie wusste um die Stärken des Vaters. Inzwischen würde sie gar sagen es sei ein Kind der Liebe, nicht mehr nur eines der Pflicht. Doch war das genug? Für diese Welt hier wäre es am Ende doch nur ein Bastard gezeugt mit einer jurischen Hure. Und noch dazu mit einer Entstellten. Sie wusste ganz genau was hinter ihrem Rücken für Worte herum zogen. Früher oder später würde sie den Weg für die Heilerin frei machen müssen. Ihr Kind nehmen und sich um den Stamm kümmern. Sie hatte die Blicke gesehen, die zwischen Eirene und Serbitar ausgetauscht wurden. Wieder etwas bei dem sie unterschätzt wurde. Doch sie war nicht dumm. Sie sah vermutlich klarer als alle Amrhaner zusammen. Und sie sah, dass sie im Moment noch im Weg stand. Mit voller Absicht. Bis sie das Kind hatte, das sie begehrte, würde sie dort stehen bleiben, die Gesellschaft ihres Barons Schildkröte geniessen. Erst wenn sie bekam was sie wollte, würde sie ihr Herz ignorieren können, den Schmerz hinunterschlucken und gehen.
Es war noch ein langer Weg. Er fühlte sich endlos an und ihr stiegen beinahe die Tränen in die Augen, als sie an die Anstrengungen dachte, die noch auf sie warten würden.

Auch ein Schattenreiter hat Angst. Angst ist es die ihn am Leben hält. Doch irgendwann ist der Reiter, allein mit sich selbst, auch mal nur Mensch und die Angst überschwemmt sein Herz bis es weint.
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Von Raub, Pferden und dem Meer - von Dhena - 07.01.2015, 01:18
RE: Von Raub, Pferden und dem Meer - von Dhena - 20.01.2015, 08:56
RE: Von Raub, Pferden und dem Meer - von Dhena - 12.02.2015, 12:28
RE: Von Raub, Pferden und dem Meer - von Dhena - 10.03.2015, 16:16
RE: Von Raub, Pferden und dem Meer - von Dhena - 06.05.2015, 11:34
RE: Von Raub, Pferden und dem Meer - von Dhena - 10.06.2015, 10:07
RE: Von Raub, Pferden und dem Meer - von Dhena - 02.07.2015, 11:51



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