Dem Fisch den Kampf angesagt.
#8
Nachdem Gaius Nestra den Brief von Kristin Mia Kylli in die Hand gedrückt hatte, konnte sie den Umstand, dass sie sich nun für ihre Abstinenz rechtfertigen müsste nicht länger ignorieren. Dennoch dauerte es einige Tage bevor sich Nestra überhaupt entschied den Brief zu lesen. Jedes Mal wenn sie auf das hübsche Siegel sah, fand sie plötzlich ganz viele andere Dinge, die noch erledigt werden mussten und sei es nur, dass sie die Farben nach den genaueren Pigmenten ordnete oder Garnknäuel nach der Größe sortierte. Erst als Gaius sie im Keller einsperrte und ihr zu verstehen gab, dass sie erst wieder raus käme, wenn der Brief geschrieben wäre, fand sie die nötige Kreativität.

Nun saß Nestra im romantischen Schein der Kerze und tippte sich mit der Feder über die Lippen. Das fand sie so wichtig für den Brief, dass sie den Brief selbst eine Weile vergaß.


„Es kann doch nicht so schwer sein einen Brief zu verfassen..“ Dachte sich Nestra laut und besah das Hadernblatt, das sie, so ungeziemt nackt zu verhöhnen schien, bis sich Nestra nicht mehr auf der Bank halten konnte und laut rezitierend im Kämmerchen auf und ab ging.

„Liebes Fräulein Kylli..“ Begann sie. „Aber nein! Was ist wenn sie nun schon Frau Jehann heißt und ich wurde nicht zur Hochzeit eingeladen? Sie hat sicher ein wunderschönes Kleid mit Spitze getragen und Gänsen. Nein, keine Gänse für das Fräulein. Aber bestimmt schöne Spitze und Seide. Ein Seidenkleid. Ganz pompös mit Goldstickereien und makellosen Perlen. Oder sie mag es ganz schlicht. Aber wer mag es schon schlicht? Das wäre ganz ganz schrecklich wenn sie uns nicht einladen würde, Rufus.“ Rufus, der kleine Bassetwelpe, schaute aus seinen traurigen Augen hoch und wackelte mit den langen Ohren, da er seinen Namen hörte. Den Rest verstand er zwar nicht, dennoch empfand Nestra seine Anwesenheit als äußerst tröstlich. „Ja, du hast ja recht, Rufus. Mein Herr Gemahl und der Stadtrat Jehann stehen in freundschaftlicher Beziehung zueinander. Bestimmt hätte ich es erfahren.“ Nestra streichelte belohnend über das Hundeköpfchen und schrieb voller Tatendrang den Anfang des Briefes.

Liebes Fräulein Kylli!

Es ist ganz ganz schrecklich aber nach dem Treffen habe ich die Schneiderei verloren weil der

Das nächste Wort war ein Klecks Tinte, denn Nestra wurde bewusst was sie dabei war zu schreiben. „Gaius Gottlieb wird den Brief vorher bestimmt meinem Herrn Gemahl geben, Rufus. Dann hat er meinen Ungehorsam schriftlich. Das wäre ganz ganz schrecklich. Wir müssen das klüger machen, Rufus.“
Das schöne Hadernpapier wurde zerknüllt und ein neues fein zurecht gelegt. Dann sah sich Nestra in der Dunkelheit um und begann erneut zu schreiben.

Liebes Fräulein Kylli!

In der letzten Zeit gab es für mich viele Dinge zu erledigen. Deswegen hoffe ich ihr nehmt es mir nicht zu übel wenn ich mich erst jetzt melde. Mein Herr Gemahl und ich hoffen das ihr und euer Herr Verlobter wohl zufrieden und gesund seid. Wir übermitteln eurem Herrn Verlobten beste und ehrlichste Grüße.

„Was nun, Rufus? Soll ich ihr das mit der Schneiderei im Brief erwähnen? Aber das wäre doch höchst unschicklich, Rufus. Das Fräulein könnte dann meinen sie wäre doch mit Schuld daran und das müssen wir vermeiden.“ Nestra zog den Bassetwelpen sich auf den Schoß und sah in seine triefenden Bassetaugen, die immer wirken wie in Trauer gehüllt. „Ich weiß, dass du auch sehr traurig bist wegen der Schneiderei, Rufus. Aber wichtiger ist, dass wir gesund sind. Ich habe eine Idee wie wir das schreiben, Rufus!“ Nestra strahlte auf, setzte den Welpen auf den Boden, wo er wieder umher trottete und schrieb weiter.

Da sich meine Pflichten im Haus gemehrt haben wird es mir schwer fallen einen passenden Termin zu finden. Ich werde mit meinem Herrn Gemahl darüber sprechen und bin sicher das er sich freut wenn ich in euch eine gute Freundin finde. Mein Herr Gemahl hat dann auch sicher nichts dagegen wenn wir uns treffen und über Dinge sprechen die Damen interessieren. Wie Mode und wie hübsche Blumen und wie wohl riechende Öle und hübsche Gestecke.

„Hier wird er nicht weiter lesen, Rufus. Er hasst solchen Frauentand. Wahrscheinlich legt er den Brief bei Seite und tut ihn als unwichtig ab, Rufus. Aber wir müssen dennoch ganz ganz auf der Hut sein falls nicht, Rufus.“

In Zukunft hoffe ich das wir einander nicht enttäuschen und Dinge an die Männer tragen die nur für Damenohren bestimmt sind.

„Ob sie diese Rüge begreift, Rufus? Sie hat alles dem Gaius erzählt. Ich hoffe sie begreift es. Deutlicher sollte ich es nicht schreiben.“

Ich würde euch ganz ganz gerne eine neue Kleidkreation vorführen und würde mich freuen könnten wir uns sehen. Ihr könnt natürlich auch gerne bei uns vorbei sehen gutes Fräulein Kylli und ich backe uns leckere Kekse.

Möge das strahlende Licht Mithras über unsere Wangen streicheln und uns ein Lächeln aus Fröhlichkeit schenken!

Eure Freundin Nestra

Am Ende klopfte Nestra an die Tür, damit der Brief abgeholt und sie endlich aus dem kleinen Gefängnis entlassen werden konnte. Sie konnte nur hoffen, dass dieser Brief sie nicht in Schwierigkeiten bringen würde.
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RE: Dem Fisch den Kampf angesagt. - von Nestra Ganter - 24.04.2014, 13:38



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