"In der Fremde"
#3
Ob's an den vielen neuen Eindrücken lag, an der fremden amhranischen Luft oder daran, dass ich mein Leben fern von Svesur lebte, so waren doch die wenigen Wochenläufe gefüllt mit Ereignissen, für die es auf Svesur Jahre in Anspruch genommen hätte. Ich weiss schon garnicht recht womit ich zuerst beginnen soll. Seit den Tagen am Lager des Rabenzirkels waren Baghatur und ich nicht mehr von einander gewichen,und um ums herum gestaltete sich eine Welt, geflochten aus vielerlei Farben und Wesen. Hindernisse galten bezwungen zu werden und eines davon war mein ältester Bruder Lysander. Jemand der den alten galatischen Traditionen verbunden war und darin auch seine Wurzeln stärkte musste in diesem unserem Fall kräftig durchatmend den Göttern vertrauen. Mit ansehen zu müssen wie sich seine jüngste Schwester einem Juren anschloss war für ihn kein leichter Weg, und doch willigte er ein und gab uns seinen Segen, jedoch nicht ohne zuvor Baghatur den Schwur, mich wie sein eigenes Leben zu schützen, abnehmend. Den Gedanken,dass er vielleicht gar froh sei sich nicht mehr um mich kümmern zu müssen verdrängte ich rasch, war doch Lysander das Einzige was mir aus der Heimat geblieben war. Zu meinem Leidwesen hatte er sich im Hafenviertel eine baufällige Hütte angemietet und teilte sie mit einem Fischer namens Matthijs. Fisch soweit das Auge reichte, Fisch getrocknet, geräuchert, gebraten gekocht, Fischernetze und Angeln, die Hütte war damit bis auf's Dach vollgestopft. Ich mied sie und sah meinen Bruder somit meist durch Zufall auf den Strassen Löwensteins wo er als Stadtwache für Sicherheit und Ordnung zu sorgen schien, mein Bruder der Walfänger, mein Bruder der Schmuggler und Kartenspieler. Menschen würden sich verändern so hieß es, der Strom des Lebens würde sie erfassen und wegschwemmen, wie gut, wenn man des Schwimmens fähig war. Und Schwimmen, das konnten Lysander und ich, oh ja!

Mein Strom des Lebens gestaltete sich ein wenig stürmischer als der meines Bruders, denn schon bald zogen erste Gewitterwolken an unserem ach so lauschigen Lager des Rabenzirkels auf. Baghatur war gerade von der Jagd zurück gekehrt, als uns der Druide Janus mit ernster Miene eröffnete, dass einige der Mondwächter die Juren fürchteten und daher zunehmend das Lager mieden. Ich konnte spüren, wie Baghatur bei diesen Worten das Blut gefror um einen kurzen Moment später durch seine Adern zu jagen, ungläubig die Worte des Druiden in seinem Geiste wiederholend, er, der über Wochenläufe des Lagers mit Fleisch versorgt, jeden hungrige Mund gestopft und mit seiner Anwesenheit Druiden und uns Heimatlose beschützt hatte musste nun mit anhören, dass sein Volk nicht mehr geduldet sei? Trotz der beschwichtigenden Worte Janus,dass Baghatur trotzdem weiterhin willkommen war, hatte es die Ehre des Juren zu tief verletzt, besonders da Ophelia noch mit eisiger Miene hinzu fügte, dass es nicht die Massen an Juren waren die Angst machten, nein, schon die wenigen zwei, drei die sich im Lager aufhielten würden die Herzen der Gläubigen verschrecken und sie fernhalten.

Es gab nichts mehr hinzuzufügen,wir gingen und kehrten dem Lager den Rücken, Baghatur voller Zorn, ich in Gram und Enttäuschung. Diejenigen, welche ich für Freunde gehalten hatte entpuppten sich lediglich als Fremde und wir zogen hinaus in die Wälder, wissend dass der Strom uns weiter mit sich reissen würde, vertrauten wir auf die Götter und dem was sie für uns bereit hielten.
Es schien als käme nun die Zeit, in der sich Baghatur seiner wahren Bestimmung stellen musste. In den Tiefen des Waldes sprachen die Göttinnen.

Der Strom floß wild und wir waren mittendrin. Alle Tage lang machten wir uns auf nach Löwenstein, zu handeln und uns mit Vorräten einzudecken. Während ich die Gelegenheit nutzte um Ailis, meine galatische Freundin und ihren Freund und Begleiter Farquhar zu treffen, kam Baghatur einer Einladung der Shurax nach. Ein Jure sehnt sich sein Leben lang nach seiner Heimat der Steppe und seine Landsleute dachten wie er, fühlten wie er. Baghatur blieb mehrere Tage an deren Feuerstellen im Armenviertel, einem Ort voller Dreck und Abschaum, Krankheit und Siechtum.
Doch wie Baghatur mir erklärte zählte dies alles für einen Juren nicht, sie waren da wo der Stamm war, das war ihre Heimat.

Nach Tagen des Getrenntseins zogen wir wieder gemeinsam in die Wälder, weit hoch in die Berge, zu einem Ort, den wir die "Steppe" nannten, einen Ort der Flüchtlinge und Heimatlose wie uns bereitwillig aufzunehmen schien. Hier fühlte ich mich meinen Göttern nah, Sulis und Branwen, Galates und Artio, sie alle waren hier bei uns und Baghatur und ich fühlten uns einander zugewandt, von den Göttern zusammen geführt und vereint. Es gab Wild in Mengen, Beeren und frisches Wasser, dies wäre ein Platz um ein Lager aufzuschlagen, eines wo jeder willkommen wäre, sei's Jure oder Galatier. Und so wuchs in uns der Gedanke von einem Ort der Gemeinschaft, ein Ort an dem Geschichten erzählt wurden, Sorgen ausgetauscht und gutes Fleisch gebraten wurde.
So riefen wir alle heimatlosen Galatier und Juren zu einem Treffen zusammen, fern von Löwenstein, fern der Ohren der Mithrasgläubigen.
Wir brachten unseren Gedanken vor, berichteten von unserem Vorhaben, doch scheiterten wir kläglich.
Der Stamm der Shurax sprach sich entschieden dagegen aus, sie würden ihr Lager niemals mit jemandem anderen teilen. Und die Galatier entzürnten sich ob unserer Wut die wir gegen die Druiden Janus und Ophelia aufbrachten. Letztlich riss uns der wilde Fluss weiter und weiter, liess die so nahen Ziele weit an die Ufer zurücktreten und überliess uns abermals den Händen der Götter und Göttinnen.
Unser Lager ist mal hier, mal dort im Wald, auch dort gesellt sich manch einer zu uns, Geschichten werden erzählt und die Nächte werden wärmer, der Frühling will in den Sommer kehren und Baghatur trägt wieder seinen kleinen Lederbeutel am Gürtel, gefüllt mit den Knochen der Weissagung.

[Bild: lagerfeuer-im-wald.jpg]
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"In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 05.05.2013, 14:09
RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 08.05.2013, 17:30
RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 31.05.2013, 17:58
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RE: "In der Fremde" - von Lysander O'Domhnaill - 28.06.2013, 16:50
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RE: "In der Fremde" - von Baghatur - 03.01.2014, 21:36
RE: "In der Fremde" - von Lysander O'Domhnaill - 04.01.2014, 18:25



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