"In der Fremde"
#1
Mein kleines Bündel an mich gedrückt verließ ich das Schiff und folgte dem Strom von Menschen und konnte mich nicht satt sehen an dem bunten Treiben was sich hier auf Amhran, in der Stadt Löwenstein bot. Bauern und Händler boten lauthals ihre Waren feil, Herrschaften stolzierten hoch erhobenen Hauptes durch die Strassen, gekleidet in den feinsten Stoff den ich je zu sehen bekommen habe, während Bettler und Arme an den Ecken kniend um Almosen baten. Hunde und Katzen, ja sogar Ratten huschten durch die engen Gassen und das emsige Treiben wurde von einem mir bisher unbekannten Geruch allerlei unbekannter Waren, Gewürzen und Unrat untermalt. Das also war das große Löwenstein! Es war kein Vergleich zu Svesur, der kleinsten Insel Galatias, der Insel wo der Fischfang und die Seefahrt blühte, die würzige Seeluft die Lungen der Bevölkerung stärkte und das ständige Wechselspiel des Windes von jetzt auf gleich Sonne oder Regen bringen konnte. Nein, dies hier war etwas völlig anderes, zumindest war es ein Weg fort vom verhassten Fisch, fort von Evelesco, dem alten, aber reichen Fischer an den ich verheiratet werden sollte. Eine gute Partie, eine Ehre und nach Mutter's Worten eine Schmach dieses Angebot abzulehnen.
Den Plan meinem ältesten Bruder Lysander zu folgen,aus Galatia zu fliehen war nun kein Traum mehr, mein Herz hämmerte vor Zuversicht, doch auch vor Angst, vor dem Unbekannten und das schlechte Gewissen schwer auf mir lastend, da ich doch Vater und Mutter und somit den gesamten Clan der Domhnaills in Ungnade hab fallen lassen, ein Heiratsversprechen brechend und wortlos fortzulaufen machte es mir nicht einfacher.

Während ich durch Löwenstein streifte, erfuhr ich, dass die anreihenden Lehen ihre Grenzen schlossen, ja dass mein Schiff das letzte war, welches Amhran ansegeln durfte.Es hieß, es sei die Keuche, die schon viele Menschenleben gefordert hatte, Menschen waren in Angst und Schrecken versetzt,niemand kam heraus. Mir wurde eng ums Herz, war das die Strafe für mein Davonlaufen? Die Götter würden mir sowas nie antun, haben sie mich doch stets wohl geleitet, mich beschützt und geliebt. Tief atmete ich durch, nahm eine Prise der guten Hafenluft ... ich musste Lysander finden, er hatte Botschaften geschickt wie gut es ihm ginge, ihm würde ich mich anvertrauen, er hatte mich stets gern gehabt, mich seine kleine Schwester, er würde sich um mich kümmern, da war ich mir ganz sicher. Und doch zog sich mir meine Kehle zu als ich ihn nirgends in den guten Wohngegenden ausfindig machen konnte, niemand schien von einem Lysander O'Domhnaill gehört zu haben. Ich folgte den Gassen, hier und da die Bewohner fragend, bis plötzlich ein alter Mann auf meine Frage zur Antwort gab:" O'Domhnaill? Mädel, da bist du fast richtig,geradeaus und dann durchs alte Tor, im Alten Hafen wirst du ihn finden, such ihn in der Taverne, bei der hübschen Elda!"Und hämisch lachend spuckte der Alte etwas dunkel Übelriechendes in die Gosse. Zögerlich folgte ich der Wegbeschreibung des Alten und fand mich in einem der schäbigsten Viertel der Stadt wieder. Es stank erbärmlich,Unrat war schon lange nicht mehr beseitigt worden, ich wollte nur noch fort... nur fort,da rief mich eine Stimme :" Verdammt, wat machst du denn hier, Arys???!!! " Lysander stand hinter mir, und sein sonnengebräuntes Gesicht schien die Röte einer Krabbe annehmen zu wollen. Weit entfernt von der Freude die ich mir von unserem Wiedersehen erhofft hatte, funkelte er mich bitterböse und ungläubig an." Haben dich alle guten Götter verlassen, bist du irre Arys... was läufst du hier rum, willste abgestochen werden oder Schimmeres?"
Stotternd versuchte ich ansatzweise meine Ankunft zu erklären, doch das machte alles nur noch schlimmer. Wütend packte er mich am Arm und zerrte mich in die Spelunke hinein. Düsteres Pack schien hier daheim zu sein, trinkend, sich zwischenzeitig beschimpfend und die schöne Elda mit ihren Blicken ausziehend fand ich mich nun einer Welt der Dunkelheit wieder. Lysander, so stellte sich nach einigen weiteren Flaschen Schnaps heraus,hatte seine Arbeit am Hafen verloren, jeglicher Seemann war nun auf sich gestellt. Kaum mehr einen Schilling in der Tasche war es um ihn nicht besser gestellt als um mich, aus der Traum vom freien Leben auf Amhran, ich fand mich im dunkelsten aller Alpträume wieder... und es kam kein zurück in Frage, die Fremde war ein hartes Brot,die Götter schienen mich verlassen zu haben. Meine Hand schloß sich eng um mein Schutzamulett, die Tränen niederkämpfend suchte ich mein Nachtlager auf einem verlassenen Heuboden während mein Bruder mit seinen düsteren Kumpanen Ränke schmiedend die Nacht zum Tag werden ließ.

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"In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 05.05.2013, 14:09
RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 08.05.2013, 17:30
RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 31.05.2013, 17:58
RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 23.06.2013, 11:41
RE: "In der Fremde" - von Lysander O'Domhnaill - 28.06.2013, 16:50
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RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 10.07.2013, 21:31
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RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 10.09.2013, 14:17
RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 11.09.2013, 23:28
RE: "In der Fremde" - von Ailís Maguire - 12.09.2013, 10:42
RE: "In der Fremde" - von Arys Ni Domhnaill - 12.09.2013, 22:26
RE: "In der Fremde" - von Lysander O'Domhnaill - 15.09.2013, 22:13
RE: "In der Fremde" - von Lysander O'Domhnaill - 13.11.2013, 23:02
RE: "In der Fremde" - von Baghatur - 03.01.2014, 21:36
RE: "In der Fremde" - von Lysander O'Domhnaill - 04.01.2014, 18:25



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