FSK-18 Von den Göttern, dem Leben und der Liebe
#1
[Bild: 96005_popup.jpg]

Es waren viele Tage vergangen, seit der kolossale Mensch sich unter die Bewohner Hohenquells gemischt hatte. Anfangs waren noch einige von ihnen voll der Sorge, vielleicht sogar ein wenig Angst. So wie die Bäuerin damals. Sie lief vor den Indharimern davon und schrie als sie Gorm sah.
"Noch so ein widerlicher Fleischgolem!"
Glücklicherweise dachten nicht alle in Hohenquell so. Die meisten hatten den sanften Riesen tatsächlich in ihr Herz geschlossen. Es schien ihnen gar nichts auszumachen, dass in diesem Bullen der unschuldige Verstand eines Kindes schlummerte. Eines Jungen genauer gesagt, der anstatt zu kämpfen, lieber Schmetterlinge fangen würde nur um diese eine Weile in der Hand zu halten und sie wieder frei zu lassen. Eine Frau in diesem Dorf mochte er besonders, sie hatte ihm gesagt er sei etwas besonderes. Er war mit einer Gabe beschenkt worden. Aber um dem Kreis der Raben beitreten zu können waren drei Aufgaben zu erfüllen.

Die Worte der Druidin würden noch lange in einen Ohren widerhallen. Am Anfang hatte sie ihm von einem Kodex berichtet. Es waren Regeln die ihm gut erschienen. Die kleine Frau ließ aber keinen Zweifel daran wie streng der Kreis der Raben diese durchsetzen würde. Es war eine freudige Fügung, das Gorm keinerlei Sorgen damit hatte diese Regeln zu befolgen. Anouk mahnte ein letztes Mal, dass die Konsequenzen eine Regelbruches nicht auf die leichte Schulter zu nehmen seien.
"Anouk Rabenkleid, Gorm glauben das ein Mensch kann tun schlimme Dinge zu anderes Mensch. Aber Gorm mehr Angst vor Dunkelheit und Verrat in seinem Herzen, als vor Pfeil von Anouk. Schlimmstes Wesen zu peinigen Gorm, sein Gorm selbst." Anouk nickte, offenbar zufrieden damit das er den Ernst der Lage so gut zusammengefasst hatte.

"Ich habe mir Gedanken um deine Aufgaben gemacht, Gorm." Ihre Stimme war in diesem Moment wieder wärmer geworden. Gorm entspannte sich und versuchte das hüpfende Kaninchen in seinem Bauch zu beruhigen.
"Gorm dürfen also wirklich versuchen? Zu werden Schüler.. warte wie nennen? Zu werden Rabenküken?"
"So ist es. Deine erste Aufgabe wird es sein ein Schmuckstück, eine Art Talisman für Mabon zu fertigen. Dieses Schmuckstück soll dich auf deinem Weg zum Druiden begleiten." Ihr Worte waren voll Ruhe gesprochen aber im Herzen des Riesen ging gerade die Sonne auf. Mabon war für ihn zu einem Sinnbild alles Guten geworden.

Schon am nächsten Morgen sah man den fleißigen Riesen dabei wie er allen möglichen Krams aus seiner Kiste in der Bank wühlte. Über alle Maßen kritisch war er wenn es darum ging das Material für das Schmuckstück zu finden, welches in seinem Kopf herum spukte. Splitter von Bergkristallen, Brocken von Kupfererzen, Fasern aus den besten Stämmen und man mag es nur schwer glauben, sogar die Händlerin der örtlichen Schneiderin wurde mehrfach belagert. Wobei man ihn sah wie er mit Töpfen und Tiegeln voll Farbe wieder in seine Ruhige Ecke über der Mine kletterte. Wer ihn beobachten wollte, konnte dies ohne weiteres tun. Jeder konnte sehen mit welcher ein Inbrunst und Mühe er bei der Arbeit war. Aus den Fasern wurden kleine Kordeln geflochten. Allein dies hätte manchen Beobachter vor Respekt erstarren lassen, waren die Finger des Mannes doch kaum für solch eine Arbeit geeignet. Doch er fluchte nicht. Er schrie nicht. Nein nicht einmal ein enttäuschtes Seufzen konnte man hören. Wenn ein Versuch missglückte fing er sofort wieder von vorn an.

Ähnliches war zu sehen, als er begann mit einem Meißel und einem kleinen Hämmerchen die Kupferbrocken und die Bergkristalle zu bearbeiten. Manchmal sah man ihn dafür zur Schmiede hinab laufen um den Werkstücken mit Hilfe der Wärme eine neue Form zu geben. So gingen zwei Tage ins Land, zwei Tage in denen der Riese kaum schlief. Wer wollte, könnte leichte Augenringe erkennen, aber nun war es vollbracht. und Gorm hielt seine Arbeit stolz in Händen.

[Bild: Gorm_Schmuck_fur_Mabon.jpg]
Zitieren
#2
Er war gerade aus der Mine gekommen. Sein Tagwerk für den Stamm Hohenquell war erledigt. Die letzten Strahlen der warmen Sonne genießend folgte er den Kämpfern in etwas Abstand, bis sie die Dorf Palisade erreichten. Dort draußen lauerte der Tod in so vielen Formen, er war noch nicht bereit sich wieder in das Leid zu stürzen. Noch nicht. Seine Blick musterten jeden der Tapferen die das Dorf verließen um dem obersten Krieger Kordian zu folgen. Sogar der Amtmann und die edle Holzformerin begleiteten ihn. Doch sein Blick haftete am längsten auf einer Frau deren feuerrote Haare selbst unter der Kapuze zu erkennen waren.

"Gorm beten für sichere Rückkehr von Elda Rotschopf," hörten einige Umstehende ihn murmeln.

Die Sonne versank, der Kriegslärm wehte über die Stadt. Die irren Bemalten, wie Gorm die Indharimer nannte, nutzen böses dunkles Feuer um das Licht in den Herzen der Verteidiger zu verdunkeln. Nochmal wiederholte er sein Flehen an die Einundzwanzig, keinen von ihnen ließ er aus. Doch zu einer sprach er länger und intensiver als zu allen anderen. Mabon. Die leuchtende Schlange des Pantheons, gemeinsam mit Nodons und Bormo hütete sie die Geheimnisse um den Lebensfunken. Gorm überlegte zwischen zwei Gebeten, niemand wusste ob Mabon eine Frau darstellte. Er schob diesen Gedanken beiseite, jetzt war nicht die Zeit für sowas. Der Tross der Krieger kehrte heim. Sie hatten unterwegs Verstärkung bekommen. Die Kämpfe waren ihnen allen anzusehen. Dann war es als würde sein Herz einen Schlag aussetzen. Elda humpelte! Sie stützte sich mühevoll auf ihren Speer und schleppte sich ins Wachhaus. Seine schritte lenkten sich Richtung Wachhaus, in welches Ajara gerade eintrat.

Ascends

"Es ist nur ein verdammter Kratzer."
"Da Pfütze sagen was anderes?" Offenkundig diskutierten Ajara und Elda grade über die Behandlung. Es braucht nur einige freundliche Worte und Elda schob sich grummelnd ins Heilerzimmer.
"Zwei gegen eine ist unfair." Gorm war im Moment nicht nach einem Lächeln. Elda litt unter ihrer Verletzung und nur ihr Stolz verbot ihr dies zu zeigen. Ajara und Gorm halfen der verletzten Druidin sich zu entkleiden und auf das Bett zu legen. Jeder andere hätte diese Situation wohl schamlos ausgenutzt, doch die Blicke des Riesen waren nur auf den Wunden und den Augen der Verletzten zu finden. Es war klar, Ajara würde die Wunden nähen müssen, und das bei diesem Blutfluss.

"Gorm deine zweite Aufgabe wird etwas schwieriger. Ich möchte das du lernst, deine Gabe zu nutzen um anderen Mabons Segen zuteil werden zu lassen."

Die Worte von Anouk waren nun klarer für ihn als jemals zuvor. Er wusste was zu tun war. Auch wenn seine Gefühle für Elda tiefer waren als bloße Drang zu helfen. Für diesen Moment, in diesem Augenblick musste er in Elda eine hilflose Verwundete sehen. Nur so wäre er in der Lage Sorge durch Fürsorge zu ersetzen.

"Mabon, erfüllen Dunkelheit der Nacht mit Licht für Dienerin."
"Gorm bitten gleißende Schlange, dass gleiten sanft durch Leib von Elda Rothaar. Entzünden Licht von Leben wieder hell und stark."
"Licht erfüllte königliche Schlange von Leben, geben deinen Dienern Möglichkeit noch lange zu preisen deinen Namen."

[Bild: reiki_heilendehande.jpg]

Die Hände des Riesen lagen nahe der Wunde die Ajara behandelte und obgleich seine Gabe nicht fokussiert oder trainiert war, breitete sich eine freundliche Wärme im Bereich der Wunde aus. Grob war sein Eingreifen, aber nicht unvorsichtig. Jedes geflüsterte Gebet schien auch ihn in seiner Absicht zu bestärken. Die Wirkung war, wie erwartet, nicht über alle Maßen effektiv... aber es half. Wie der Arm, der den Einbeinigen überhaupt stehen lässt uns ihn stützt, so stützte nun Gorm die Bemühungen Ajaras und Eldas. Ja... seine Mühen waren groß zumal, ihm die Ausbildung fehlte die Gabe zu lenken und vor allem zu dosieren. So kam es wie es kommen musste, in seiner Anstrengung war es als würde er ein Wasserfass in einen Becher füllen wollen. Schon zur Mitte der Behandlung spürte er das Nachlassen seiner Konzentration. Es mag in diesem Moment gewesen sein, da Elda seine Hand berührte. Gemeinsam mit ihrem Blick, welcher auf ihn fiel, spendete diese Berührung die Kraft die notwendig war sich zu konzentrieren. Vom Rest des Abends blieben ihm nur die Erinnerungen an den Kuss auf seine Stirn, den Elda ihm schenkte und ihr Angebot ihm auch etwas bei zu bringen sofern Anouk dies gestattete. Nachdem Elda eingeschlafen war, legte er noch eine selbst geflochtene und rot eingefärbte Kordel auf ihren Gürtel. Jeder andere würde diese Geste oder dieses Geschenk gering schätzen, doch unter den Druiden und Schülern des Rabenkreises mochte man dieses Zeichen deuten können. Zumal das Fest der Sinne vor der Tür stand.

Elda würde es deuten können, da war er sich sicher.
Zitieren
#3
[Bild: Dorfplatz1.jpg]

24. Wonnemond 1405

Kalter Wind zog in Bodennähe durch die Straßen Hohenquells. In der einsetzenden Dämmerung tanzten nur vereinzelte Blätter über das Pflaster. Tief drang der Geruch der Stadt in seine Nase. Eine Mischung wie sie in dieser ländlichen Gegend nahezu immer vorherrschte. Der, auf den Feldern verteilte, Dung... der Duft der Blumenwiesen die den Dorfplatz umringten... doch auch die schleichende Fäulnis welche aus Richtung Greifanger herüber wehte. Der Blick des riesenhaften Mannes schweifte über den Dorfplatz. Die Menschen dieser Stadt erfuhren so viel Leid und doch kämpften sie sich immer wieder voran, sie standen jeden morgen wieder auf wissend was dort draußen lauerte. Es fühlte sich gut an, mehr und mehr einer von ihnen zu werden. Und es fühlte sich gut an, immer weitere Schritte in Richtung der Götter zu gehen. Heute jedoch würde er einen heiligen Ort aufsuchen um Antworten zu bekommen.

Gorm wusste nicht wie viele Stunden er schon hier gesessen hatte. Wie oft er Artio angefleht hatte ihm zu erklären was vorgefallen war. War die Begegnung mit dem Wolf echt gewesen? Warum war der Wolf so aggressiv? Was hatte ihn wirklich davon abgehalten Gorm zu zerfleischen? Auch hier, auf dem Hügel der als Artios Faust bekannt war schlich der Wind um ihn herum. Seeluft füllte seine Nase und irgendwo in der Ferne erklang das leise Rascheln von Gras. ein Rascheln das näher und näher kam. Solange, bis in den Augenwinkeln eine Gestalt sichtbar wurde. Die Gestalt einer Frau die sich dem Altar auf der Faust näherte. Gorm und Anouk sprachen über die Göttin Artio, ihre Gaben und das Opfer welches die Druidin niedergelegt hatte. Sie redeten auch über den bösen Traum den Gorm gehabt hatte, von einem Wolf groß wie ein Bär der ihn verletzt hatte. Die Verletzungen waren real, daran gab es für Gorm keine Zweifel. Aber war es wirklich ein Wolf gewesen?

Anouk lauschte den Worten des Riesen aufmerksam. Sie erklärte ihm das es durchaus solche Wesen gäbe, und das es nachvollziehbar sei hier, in Artios Nähe, nach Antworten zu diesen Wesen zu suchen. Die Enthüllung, dass gorm den Wolf nur mit Worten vertrieben hatte schienen in Anouk deutliche Sorge auszulösen.
Die beiden sprachen, bis die Sonne dem Land, ihr Licht entzogen hatte. Das bleiche Licht des wachsenden Mondes war nun der einzige Zeuge für das was folgen sollte. Folgen, auf Gorms Aussage hin, er habe bei der Heilung Eldas mitgeholfen. Der blick der Vatin ward strenger, oder besorgter?

"Du hast Glück, dass er dich nicht getötet hat. Man kann auch kämpfen ohne zu töten. So wie deine Hände den Tod bringen können, können sie auch Leben retten. Du sagst du hast Elda gholfen, was ist genau geschehen?"

In Kurzform schilderte Gorm der zuhörenden Anouk was geschehen war, als Elda und der Stoßtrupp von der Jagd heim kehrten. Wie er sah das Elda verletzt war, wie er mit Ajara gemeinsam gegen die Wunden gekämpft hatte und vor allem wie inständig er Mabon um Hilfe angefleht hatte. Das die Druidin während des Gespräches ihre Handschuhe abgelegt hatte und nun ein Messer in der Hand hielt, realisierte Gorm erst als sie in ihre Hand schnitt und sagte...

"Zeig es mir!"

Kaum das ihre Worte verklungen waren, zierte auch schon ein tiefer Schnitt ihre ansonsten makellose helle Hand. Blut quoll daraus hervor und es machte keinerlei Anstalten von selbst aufzuhören, ebenso wenig machte die Druidin Anstalten ihre Pein selbst zu lindern. Die Zeit für Gespräche oder subtile Verhandlungen war vorbei. Gorm umschloss die Hand der Druiden mit den seinen und betete erneut zu eben jener Göttin die er schon so oft in den letzten Tagen angerufen hatte.

"Ewiges Licht, dass zeichnen Schlange in den Himmel der Nacht. Göttin von Leben und Licht des Seins, gewähre deinen Dienern die Gnade die dein Wesen umfängt. Schenke Linderung der Pein, auf das fortan wir noch hingebungsvoller als bisher, wir können Lob preisen deinen Namen."

Die Wunde schloss sich langsam aber sicher. Gorm blickte die Druidin an die ihn auf so drängende Art und Weise, wieder einmal zu etwas getrieben hatte, dass er allein nicht für möglich gehalten hätte. Willentlich, wissentlich und ohne die von Liebe vernebelte Hingabe, ein Wesen zu heilen und vielleicht sogar zu retten in dem er einzig und allein... betete.

"Du bist bereit. Bereit die Rabenfedern anzulegen."

Gorms Augen wurden groß. Ja auch er hatte seiner Handlung Gewicht beigemessen, aber das sie wahrlich ausreichte damit seine zweite Aufgabe als erfüllt galt. Damit hatte er nicht gerechnet. Nachdem Anouk sich vergewissert hatte, das Gorm bereit war den einen Schwur zu leisten traten beide vor zur Mitte des heiligen Ortes. Hier vor dem Angesicht Artios sollte Gorm den Schwur leisten. Gemeinsam erkoren sie etwas aus das sie beide verband. Etwas greifbares in dem Fall. Es war ein Handteller großer Fetzen eines alten Servanischen Wappenrockes, wie ihn der Untote Ritter im Sägewerk getragen hatte. Er war für beide ein Symbol für den ersten gemeinsamen Sieg über das Unnatürliche. Über etwas das der Kodex strengstens untersagte. Eine Schändung des Kreislaufes und ein Frevel gegen so vieles wofür sie einstanden. Nachdem Anouk, Gorm zur Mitte des heiligen Ortes gebeten hatte und sie sich gegenüber standen, hob sie die Hände und begann feierlich zu sprechen.

Memoirs of the Forgotten

"Ich, Anouk, Vatin des Rabenkreises, bekunde hier und heute vor den Augen der Götter, dass dieser Mann der vor mir steht und auf den Namen Gorm hört in den Dienst des Rabenkreises tritt. Gorm soll fortan mein Schüler sein, so wie ich seine Meisterin sein werde." Nachdem ihre Hände herab sanken und ihr blick sich auf die Augen des Riesen fixierte, sprach sie weiter.

"Ich verlange von dir, dass du gehorsam sein wirst und die, dir gestellten Aufgaben, pflichtbewusst erfüllst.
Ich verlange von dir, dass du aufmerksam sein wirst und meinen Worten Gehör schenkst.
Ich verlange von dir, dass du Verschwiegenheit über das bewahren wirst, was du während deiner Ausbildung lernst.

Gleichsam verspreche ich dir, dich nach bestem Wissen und Gewissen zu führen... Von dir nur das zu verlangen, was ich selbst bereit wäre zu tun... und dich in die Geheimnisse des Druidentums einzuweihen."
Gorm lässt die Worte einen Augenblick lang, ihre Wirkung entfalten. Dann ergreift er, sichtlich gerührt von den Worten Anouks, das Wort und beginnt mit ruhiger und seltsam klarer Stimm und Wortlage zu sprechen. Jedes wohl sortierte Wort kostet ihn Mühe und Konzentration aber das scheint es ihm wert zu sein.

"Gorm wird von jetzt an, und immerdar nutzen seine Gabe um zu mehren den Ruhm der ewigen Einundzwanzig.
Gorm schwört, er wird alle seine Möglichkeiten nutzen um den Schmerz von den Gläubigen zu nehmen, damit ihre Lippen unbeschwert die ersten, wahren und einzigen Götter preisen können.
Gorm schwören ebenso, dass er den Anweisungen von Anouk folgen wird und ihren Ratschluss niemals offen in Frage stellt.
Ich werde meine Zeit in diesem Leben nutzen um das Werk der Götter mit Glorie zu erfüllen. Ihr Wunsch soll mein Wille sein.
Ich werde in ewiger Treue, den Göttern, meiner Meisterin Anouk und dem Rabenkreis folgen.
Dies gelobt Gorm vor Anouk und den Einundzwanzig."


Nachdem beide ihren Teil des Schwures geleistet hatten nahm Anouk ihren Ritualdolch und schnitt ihre Handfläche wieder auf. Der Fetzen des servanischen Wappenrockes wurde mit Blut getränkt und dann, gemeinsam mit dem Dolch, an Gorm weiter gereicht. Auch jener schnitt, ohne zu zögern, in seine Handfläche bis sein Blut hervor trat. Wie seine Meisterin benetzte auch er den Stofffetzen mit seinem Blut. Nun war es soweit, jenes Stückchen Stoff welches sie an ihren ersten gemeinsamen Sieg über das Widernatürliche erinnerte ward getränkt mit ihrem Blut und band die Worte ihrer Schwüre in sich.

[Bild: bloddy_hand.jpeg]

Der Mann, der einem Bären ohne Haare glich, war nun wieder ein Küken. Ein Rabenküken, um genau zu sein.
Zitieren
#4
[Bild: Schmetterling.jpg]

Der Sommer stand kurz davor de Lauf der Zeit vom Frühling zu übernehmen. So war es kein Wunder, dass der Frühling noch einmal mit aller Kraft zeigte warum er Erneuerung, Schönheit und Leben bedeutete. Jede Form von Leben erblühte in ihrer farbenfrohsten Art. Wo immer der Blick hin fiel konnte man Lachen hören, Freude sehen und Liebe spüren. Vielerorts überlagerte der Frühling sogar den Krieg. Flüchtlingskinder schenkten den Wachen Blumenkränze für ihre Waffen und Helme. Wer durch den Ort Hohenquell blickte konnte den Frühling förmlich in sich aufsaugen.

Es war für den sanften Riesen wieder ein Tag voller Arbeit. Doch das machte ihm nichts aus, fröhlich summend schaufelte er einige Ladungen Sand, Lehm und Steine zusammen. Dies war seine Art dem Krieg zu trotzen. Er mochte Waffen nicht besonders und obwohl er den Körper eines Kriegers bekam hasste er es zu kämpfen. Viel lieber würde er den Menschen hier dickere und höhere Mauern geben. Geschlagen aus dickstem Stein. Der Tag zog dahin und nichts vermochte es ihm die Laune zu trüben. Es dämmerte schon als es wieder auf den Dorfplatz kam und Richtung Bank marschierte. ein Pfiff ertönte, ein schriller, lauter Pfiff. Mehrere Leute fuhren herum Gorm ebenso. Oftmals waren diese Laute ein Zeichen nahender Gefahr, doch nicht dieses Mal. Elda stand auf der anderen Seite des Platzes und sah ihn an. Sie konnte keine Gefahr für ihn sein.. oder?

"Eh Großer, ich muss mit dir reden. Aber irgendwo wo es nicht so öffentlich ist." Wieder kam ihm der Gedanke, Elda könnte keine Gefahr für ihn sein. Er schlug vor, ihr seine Wohnung zu zeigen. Auch wenn diese im Augenblick eher ein kahles Lager für Lehm und Stein Klumpen war. Elda packte noch einige Felle ein und dann gingen sie los.
"Ach herrje. Wenigstens haste nen Blick aufs Meer." Sie sprachen danach noch eine ganze Weile über seine Wohnung... ihre Wohnung und wie es sich in den Höhlen unter dem Rabenhügel lebte.

"Hier für dich, da wo ich herkomme beschenkt man jemandem der eine neue Hütte bezieht Gebäck uuuuuuund Scheiße!" Gorm hob seine beiden kahlen Wülste über den Augen an, vielleicht konnte dieser Brauch sich unter Landwirten durchsetzen die Dünger brauchten aber....
"Ich habe die Flasche vergessen. Die mit dem süßen Traubensaft. Hat eine Freundin von mir, extra für dich gemacht." Er kam sich in dem Moment nicht sehr gescheit vor. Sicher die Leute nannten ihn oft dumm oder beschränkt. Aber in diesem Moment wäre er am liebsten im Torf versunken. Zum Glück lenkte Elda ihn schnell wieder ab. Als ihr Blick unsicher umher glitt und sie ihm eröffnete das leere Räume ihr unheimlich waren. Nachdem Gorm ihr versicherte, dass nicht dagegen sprach wenn sie ihm beim einrichten half wechselte erneut das Thema.

Das Gespräch über seine Schicksalsgötter fiel Gorm nicht leicht. Schon zu oft hatte er versucht an sie zu denken. Immer wieder hatte ihn eine graue Nebelwand vor seinen Erinnerungen bewahrt. Einzig Mabon hatte sich offenbaren lassen. Doch sein Leben könnte eventuell noch mehr für ihn bereit halten. Was verbargen die Nebel vor ihm? Elda eröffnete ihm den Vorschlag es in Ravinsthal noch einmal zu versuchen. An einem besonderen Schrein unter anderen Voraussetzungen. Er wollte sie alle kennen lernen. Was erwartete er sich davon? Das sie ihm brav vorsagten was er zu tun habe? Das sie ihm den ebenen gepflasterten Weg vorsetzten? Oder einfach nur Einsicht?

"Ich muss dir etwas gestehen Großer. Ich habe versucht etwas über deinen Weg heraus zu finden. So wie ich es von jurischen Sehern lernte. Durch den Rauch gaben sie mir eine Aufgabe."
Gorm zögerte obwohl tief in ihm ein Sturm der Neugier tobte. Doch schlussendlich rang er sich dazu durch Elda zu fragen.
"Meine Aufgabe ist es, dein Schild zu sein."
"Elda sein gutes Vorbild für Menschen hier. Stark und selbstbewusst. Elda nicht kleinlich, nicht zimperlich Elda Symbol für starke Frau."
"Das wirkt nur nach außen hin so. Glaub mir."

Was nun folgte war für beide, als würde Elda ihr Seele vor ihm auf dem Boden auskippen. Als würde sie, einem kleinen Mädchen gleich das seine Puppen vorführt, ihm die Dinge zeigen die sich in ihrem Geist verbargen. Ihre Pein, ihre Fehler und ihre Bürden. Das stetige Zittern ihrer Hände war wohl nur das kleinste dieser Übel. Ihre Aussage sie würde keine Nacht in Ruhe schlafen und darum Nachts die Einsamkeit suchen, tat ihm weh. Es war ein fühlbarer körperlicher Schmerz, der noch dadurch verstärkt wurde das sie ihm offenbarte, das sie die Einsamkeit hasste.

"Elda, Gorm wird für dich immer da sein. Vielleicht Elda ist kleine Blume gemacht aus Schatten und vielleicht Gorm sein nur kleines Licht das um Ecke gucken und spenden ein wenig Hoffnung, aber zusammen wir sein Gleichgewicht. Du sicher erinnern, wo kein Licht, da kein Schatten."
"So einfach ist das nicht. Es reicht wenn meine Träume mir den Schlaf rauben. Ich möchte nicht die sein, die das Licht für alle hier im Dorf verdunkelt."
"Elda müssen nicht alleine sein. Wenn Elda erlauben, Gorm diese Nacht bei ihr bleiben."
"Wirst du mich im Arm halten und mir versprechen das, egal was passiert, es nicht diesen Raum verlässt?"
"Gorm versprechen Elda. Nur im Arm halten, niemand sagen was passieren."

Pain

Die Nacht war anstrengend. Mehr als einmal wachte Elda auf, egal wie weich und warm er sie hielt, ihr Körper zitterte und war von kaltem Schweiß bedeckt. Die Gaben der Götter mit leisesten Worten erflehend gelang es ihr mit seiner Hilfe jedes mal wieder einzuschlafen. Doch der Riese, schlief in dieser Nacht nicht. Seine Augen fielen nur ein oder zweimal zu. Auch dann nur für wenige Augenblicke. Diese Nacht war er ein Wächter und das Lebewesen in seinem Arm brauchte seinen Schutz.

Vor seinem geistigen Auge malte er sich immer wieder aus, welche Dämonen Elda plagten. Erschrocken stellte er fest das seine Gedanken an dieses Übel, ihm eine Gestalt verliehen.

[Bild: Alptraum.jpg]
Zitieren
#5
[Bild: elda_silhouette.png]


In seinem Traum sah er sie. Die stolze Kriegerin unter den Raben. Seit jener Nacht, die sie in seinen Armen träumte, hatte er einiges über sie gelernt. Und er hatte einiges von ihr gelernt. Sie sagte immer wieder sie wollte ihn nicht verderben, sie wollte ihn beschützen. Dennoch kamen beide überein, dass es besser war wenn er winzig kleine Teile der Dunkelheit von ihr lernte, anstatt ihnen dort draußen Schutzlos ausgeliefert zu sein. In seinem Traum umspielten Winde ihren Körper hoch erhoben stand sie auf einer Klippe vom letzten Licht des Tages und Wolkenfetzen umspielt. Auch wenn er mittlerweile wusste, wie sie unter dieser Rüstung aussah, wollte er immer noch die Flügel eines Schmetterlings an ihr suchen. Aber da waren keine Flügel..

Als er erwachte krähte grade der erste Hahn im Dorf. Es wurde Zeit sein Tagewerk zu beginnen und das Frühstück für... Sein Herz blieb stehen. Einen Schlag lang, zwei Schläge lang. Sie war weg. Normaler Weise schlief sie deutlich länger als er. Lag es an ihrem Wortwechsel gestern? Er hatte ihr eine der schlimmsten Sachen vorgeworfen die man einem Diener der 21 vorwerfen konnte. Er hatte sie provoziert damit sie sich selbst als Alles darstellte was sie war. Nicht nur Morrigús mordende Dirne. Sein Geschick im Umgang mit Frauen mochte sich körperlich gebessert haben, aber in seinen Worten und Kommentaren war er wohl wieder zurück gefallen in ein Stadium das man am besten in der Einsamkeit des Waldes an den Tag legte.

Elda hatte ihn verlassen. Ohne ein weiteres Wort, ohne eine Erklärung, ohne das er ahnte wo sie nun war. Sein Gedächtnis rief eine Erinnerung wach die ihm, wie ein Dolch in der Seite, in den Kopf stach. Eine andere Frau erschien im tanzenden Staub der von den Sonnenstrahlen sichtbar gemacht wurde. Er wollte sie erkennen, er kannte sie auch. Aber woher? Ihr Bildnis verschwand. Galates war ihm immer noch nicht zugeneigt. Vielleicht ja doch. Das Bildnis erschien wieder, aber es war eine andere Frau.. eine die er ebenso sehr vermisste wie Elda.
Anouk.

Seine Hände gruben sich in die Felle die sein Lager darstellten. Sie war gegangen. Ja, er wusste das sie wegen Orestes Caetano fort war. Aber solange? Hatte sie keine Zeit ihm einen Boten zu senden? Vielleicht war all dies eine weitere Prüfung. Konnte er allein Handeln? War er in der Lage den Weg zu gehen der notwendig war? Auch wenn kein anderer Druide in seiner Nähe war? Er musste es heraus finden. Doch zuerst wollte er Elda leb Wohl sagen. Ihr sagen das sie, auch wenn sie fortbleiben würde, immer einen Platz bei ihm finden kann.

Seine Schritte lenkten ihn zur Bank. Kurz danach auf dem Platz traf er Algrid. Sie weihte er als einzige in das Ziel seiner Reise ein. Dann trugen seine Beine ihn hinaus aus Hohenquell. Hinaus aus Candaria. Zum ersten Mal, beschritt er alleine diesen Weg. Hinein in die Ausläufer der flüsternden Wälder. Er sollte nicht alleine hier her kommen sagte man ihm immer. Besonders nicht über Nacht bleiben. Aber er hatte keine andere Wahl. Er kannte einen Ort den sie vielleicht öfter besuchte. Einen Schrein einer Göttin die ihr viel bedeutete. Eine Göttin die Gorm so sehr ängstigte, dass er ihre Nähe am liebsten meiden würde. Im Grunde war er es doch, der so viele Aspekte der Götter verleugnete.


Seine Schritte klangen durch den Flüsterwald und seine Ausläufer. Der Schrein kam näher. Elda bezeichnete es damals, als sie hier waren, als einen glücklichen Umstand das sie einen Waldwolf erlegen mussten um zum Schrein zu gelangen. Elda hatte sein Herz genommen und es Morrigú mitgebracht. Gorm wollte keinem Wolf begegnen, zumindest nicht um ihn zu töten. Doch das Glück schien ihm hold. Kein Knurren oder Grummeln erklang in seiner Nähe. Das einzige was er sah, war eine Reh Ricke die sich aus dem Gras einer Lichtung erhob und Schutz zwischen den Bäumen suchte. Doch aus irgendeinem Grund lies sie Gorm nicht aus den Augen. Seine Füße trugen ihn zur Mitte der Lichtung. Dort drückte sich ein zitterndes Rehkitz ins Gras, kaum stark genug um zu stehen wie es Gorm schien. War auch dies ein Zeichen? War es an der Zeit seine Unschuld abzulegen? Er kniete nahe des Kitzes nieder, und sah es lange an. Man durfte sie nicht berühren, dann würde die Mutter nicht wieder kommen. Sein Blick fiel auf seine Hände und dann wieder auf den Hals des Kitzes.

[Bild: Rehkitz_Drueckinstinkt.jpg]

Als er den Schrein endlich sehen konnte wurde ihm flau im Magen. Mit ruhigen Schritten ging er auf die Statue zu, die streng und emotionslos auf ihn herab blickte. Seine Tasche legte er einige Schritte abseits der Statue auf den Boden und näherte sich dann weiter. Vor der Statue kniete der bullige Mann nieder und senkte sein Haupt.
"Gorm haben kein Opfer für Fürstin der Krähen." Seine Stimme zitterte als er sie ansprach. Sollte ihn jemand beobachten würde man Angst und Respekt vereint sehen wie sie einen Giganten, mit zitternden Beinen, in die Knie zwangen.

"Ihr sicher nicht erwarten Gorm hier. Vielleicht weil Gorm euch nicht so behandeln wie andere Zwanzig. Gorm tut euch Unrecht." Er sprach lange mit der dunklen Statue. Sehr lange. Doch wollte sich keine Befriedigung einstellen. Wie könnte es auch sein? Kein Opfer, keine Führerin die ihn leitete und ein Herz das zerfressen von Zweifeln in seiner Brust ruhte. Er war im Augenblick niemand der würdig war ein Opfer dar zu bringen. Er wäre im Augenblick nicht einmal als Opfer gut. Ebenso wie das kleine unschuldige Rehkitz das er unangetastet im Gras liegen ließ. Er entfernte sich von dem Schrein, er hatte kein Recht sie mit seiner Anwesenheit zu belästigen. Als er nahe dem Schrein auf dem Waldboden lag blieb nur ein Bild in seinem Kopf. Ein Bildnis der Fürstin der Krähen wie sie über ihn richtete.

[Bild: Morrigu.jpg]
Zitieren
#6
Das Dorf lag hinter ihm und die Umrisse verschwanden in der Dunkelheit. Es war das erste Mal das der Riese sich mit diesen Gefühlen konfrontiert sah. Gefühlen die er nicht verstand. Gefühlen die einen Geist in Besitz nahmen. Er hatte sich offen gegen seine Meisterin gestellt, mitten auf dem Dorfplatz und damit seinen Eid gebrochen. Er hatte sich offen über Elda gestellt und damit ihre Ehre beschmutzt sich nicht selbst wehren zu können. All das geschah nur wegen eines Mannes und dem Gefühl das Gorm nun mit diesem Mann verband. Hass. Feuriger, brennender und tief sitzender Hass.

Alles woran Gorm glaubte, das Leben, die Liebe und den Wert des Seins, war fortgewischt worden. Sein neues und einziges Ziel stand fest. Er würde dem Mann der als Kyron bekannt war das Leben nehmen. Seine gewaltigen Hände wollten den Kopf dieses Menschen zermahlen wie einen trockenen Apfel. Selbst nach den Streits mit Elda und Anouk fand er keine Ruhe. Das war der Grund warum er gegangen ist. Das war der Grund warum die Gemeinschaft Hohenquells ihn nicht mehr willkommen heißen würde. Das war der Grund für seine, selbst gewählte Einsamkeit.

[Bild: Gorm_wutend.jpg]






Selbst als er sein altes Zuhause in den Klippen von Artios Faust wieder bezogen hatte war seine Wut noch allgegenwärtig. So konnte, und wollte er niemandem mehr gegenüber treten. In dieser Nacht schlief er nicht ohne Träume, wie sonst. In dieser Nacht suchten ihn Bilder heim von denen er nicht wusste woher sie kamen, ob sie Erinnerungen waren oder Visionen. Ob sie echt waren oder nur Einbildungen.

... der Stock traf seinen Rücken. Wie bei den Hieben davor platzte seine Haut unter dem dünnen Stock auf und hinterließ eine Blut triefende Furche. Er wollte schreien doch kein Ton drang aus seinem Mund. Er wollte sich losreißen, doch die Ketten fraßen sich gnadenlos in seine Handgelenke. Die Zeit zwischen den Schlägen bestand aus kleinen Ewigkeiten. Er wusste nicht mehr wie lange das schon so ging. Als er seinen Blei schweren Kopf anhob sah er nur ihr Lächeln. Er kannte ihr Gesicht und doch wieder nicht. In wenigen Augenblicken wechselten ihre Züge und sie war eine vollkommen andere Person. Doch jedes ihrer Gesichter trug eines in sich: Kalte Abscheu...

Wie einmal schreckte der Riese in seinem Haufen aus Blättern und Zweigen zusammen. Heute Nacht würde er keinen Schlaf mehr finden. Er versuchte es gar nicht mehr. Sein Blick heftete sich auf einen dunklen Flecken am Himmel, an welchem man kaum Sterne sah. Ein kleiner Flecken, frei von allem.
Zitieren
#7
[Bild: Testi_3.jpg]
Dunkelheit, schwarz und zäh wie Teer, kroch über jenes reine Abbild das einst seine Seele war. Der Strudel aus Pein und Hilflosigkeit zog jenes einstmals strahlende Wesen in die Tiefe der Agonie. Die Schläge des Herzens wurden langsamer.

Der erste Schlag setzte aus.

Zu der Schockstarre und den Schmerzen jenseits aller Erlebnisse, gesellte sich nun auch die blanke Panik.
Ein Entsetzen das er so niemals fühlte. Dann kam die Kälte. Nicht wie der kalte Hauch der Wintermonate, viel eher kroch sie langsam an seinen Beinen hinauf. Umschlang seine Beine, den Bauch und dann die Brust.

Der zweite Herzschlag entfiel.

Bebende Lippen ohne die Kraft zu flehen. Zitternde Hände ohne die Kraft zu greifen. Trübe Augen ohne die Kraft zu sehen. Gefangen war er in einem Käfig der Schmerzen. Alles was er wahrnehmen konnte waren die Reste seiner Lebensessenz. Kümmerlich lagen die letzten Bruchstücke davon vor ihm. Den Rest hatte er verloren.

Dann... Ein Schlag des blutenden Herzens

Hoffnung? Nein. Die zähe Masse in der er schwebte hielt ihn gefangen. Gnadenlos. Ohne Erbarmen. Schon bald würde er in dieser Masse ertrinken. Allein wie er war, gab es keinen Ausweg. An seinem Hals hinab, flossen Leben und Zuversicht ins Ungewisse.

Dunkelheit
Zitieren
#8
"Es tut mir leid.. ich wollte das ni..." weiter kam der Riese nicht.

Schmerz... der ihn in die zähe Schwärze hinab zog

Nähe... die ihn ertränken und zugleich halten wollte.

Worte... die seinen Verstand zerschmetterten wie ein Hammer, ein rohes Ei


Jene die ihn näher kannten, bemerkten es zuerst. Seine Worte, die er so lange geübt hatte und die ihn soviel Kraft kosteten.. jedesmal wenn er sprach. Klangen wie an jenem Tag als er zum ersten Mal diesen Ort betreten hatte. Konfus durcheinander geworfen, falsch gewählt oder betont, sogar Namen vergas er einige. Sein Verhalten war wie ausgewechselt. Fahrig und nervös schleicht der Hüne mit hängendem Kopf durch die Straßen. Spricht nur wenig und schaut kaum vom Boden auf.

Öfter mal sieht man ihn wie er versucht Gespräche zu führen, aber keines scheint ihn zu befriedigen. Keines scheint ihn heilen zu können, oder seinem Gesicht die Farbe wieder zu geben. Oftmals blickt er von Angst erfüllt umher und starrt Orte und Wände an wo niemand zu sehen ist. Mehr und mehr zieht er sich von den zivilisierten Menschen zurück, nur die wenigsten können mit Worten noch zu ihm durchdringen. Das einst strahlende Licht in seinen Augen wird von Tag zu Tag schwächer, und der Trost den seine Gegenwart und sein Lächeln einst brachten.. ist kaum noch fühlbar. Für die Welt trägt er eine Maske.. spielt ein Schauspiel. Das Schauspiel des heilen und ruhigen Lebens in Candaria. Das Schauspiel dessen Vorhang für ihn längst gefallen scheint.

Jene die seine Schritte verfolgen.. schauen wo er hingeht sehen ihn auf den Feldern Candarias... manchmal auch im Weberwald. Doch ihn anzusehen bringt keine Freude.. ihn anzusehen lässt in jedem qualvoll ein lange verdrängtes Leid auf flimmern. Der Mann, den man beobachten könnte, arbeitet ohne Rücksicht auf seinen Körper. Als wäre er von Sinnen zieht er den Pflug mit seinem Körpereinsatz über das Feld wo der Ochse doch keine zwanzig Schritt entfernt steht. Im Weberwald schlägt er auf die Bäume ein wie ein Besessener.

Könnte jemand durch seine Augen sehen.. würde er den Grund für seine Angst .. und seine Handlungen sehen. Den Kampf gegen etwas das seine Seele umklammert. Etwas.. dunkles.


[Bild: Madness.jpg]
Zitieren




Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste