Galatische Wurzeln
#3
Selbst fragmentiert und versprengt waren Familien doch etwas, auf das man sich immer, überall und jederzeit verlassen konnte. Die Geschehnisse der letzten Tage waren mit ein Auslöser dafür gewesen, den steinernen Schrein der Götter nach dem Sermo aufzusuchen, aber ihre Familie - ob nun blutsverwandt oder nur verblutsbrüdert - war der Grund dafür, dass sie ein kleines Opfer erbrachte.
Perfekte Pfifferlinge, drei Stück, und sie hätten vermutlich hervorragend geschmeckt, hätte sie sie mit einem Ei in der Pfanne gebraten... Aber das hier war wichtiger.
Die Pilze auf dem Schrein ablegend kniete sie sich nieder, entzündete mit ein paar Ästen ein winziges Feuer, und sprach leise: "Anu, diese Pilze seien dir geweiht. Sie entspringen deinem Schoß, sie sollen eingehen in deinen Schoß. Sei bedankt für meine Familie und deren Bereitschaft, selbst Dummheiten mit durchzustehen. Sulis, Göttin des Feuers, sei bedankt für deinen Schutz und dein Wachen über meinen Clan. Gerade in Zeiten wie diesen, wo ein jeder entwurzelt und verloren scheint, hast du uns zusammen geführt und um dein Herdfeuer geeint. Dieses Feuer sei dir geweiht."
Es war nicht viel, und wahrlich keine große Zeremonie, wie sie bei Feiertagen gezeigt wurden, aber es kam von Herzen. Und wie ihr Dorfdruide immer zu sagen gepflegt hatte: Das war wichtiger als Pomp und Schmuck. Nicht dass der alte Mann ein glühendes Beispiel gewesen wäre - er hatte seine Roben nur selten gewaschen, und dementsprechend geduftet, aber das hatte dem Respekt ihm gegenüber keinen Abbruch getan.
Für einen Moment erschien es ihr, als würde die Nacht schwärzer werden, und der Wind kälter, aber das kleine Feuerchen wärmte selbst in diesen luftigen Gebirgshöhen. Es war für Flynn genug Zeichen dafür, dass ihre Opfer mit Wohlwollen angenommen worden waren - und damit gab es keinen Grund mehr, noch länger zu verharren.

Dem steinigen Pfad folgend passierte sie den Weiher, und trat leise durch das Zeltlager des Rabenkreises hinaus auf die Straße. Diese Leute wollten sich noch nicht so recht einschätzen lassen, und es hielt Flynn davon ab, sich in ihrer Mitte zur Ruhe zu betten... also galt es, der Nacht zu trotzen, alle Angst vor Dunkelheit abzuschütteln, und den Heimweg in die Stadt anzutreten.
Vielleicht war es unfair von ihr, einen Großteil dieses Druidenzirkels am Verhalten einer Person festzumachen, die sie noch dazu in der denkenswert schlechtesten Situation kennengelernt hatte, aber ein Mensch war eben ein Mensch. Leicht gekränkt und schwer zu beruhigen, vor allem wenn man sich ungerecht behandelt fühlte.
Selbst nach drei Tagen spürte Flynn immer noch jene Art Zorn in sich aufbrodeln, den ihre Clansbrüder im Spott zu gerne "Hirnaussetzer" nannten, und der vermutlich auch der Grund dafür war, warum sie sich überhaupt so oft in misslichen Lagen wiederfand. Ja, höchstwahrscheinlich misstraute sie dem Rabenkreis völlig zu Unrecht, wenn sie solche Kleinigkeiten wie üble Nachrede bereits in solche Wut versetzten.
Es war wohl das Vernünftigste, zwischen all den politisch motivierten Spaziergängen auch einmal den Druiden aufzusuchen, der ihr ein klärendes Gespräch angeboten hatte. Man musste den Leuten zumindest die Möglichkeit bieten, sich zu beweisen, bevor man sich abwandte. Und niemand konnte sagen, dass Flynn nicht mit sich reden ließ.
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Galatische Wurzeln - von Flynn Crimthainn Ain - 23.05.2013, 14:19
RE: Galatische Wurzeln - von Flynn Crimthainn Ain - 27.05.2013, 21:51



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