Galatische Wurzeln
#7
Es war das erste Mal seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, dass Flynn sich vor der Dunkelheit fürchtete. Das in sich war bemerkenswert genug, immerhin liefen dort draußen Wölfe und Bären herum, die ihr viel mehr antun konnten als das, was ihr widerfahren war, aber es war auch nicht die physikalische Gefahr der Nacht und Wildnis, die sie so in Aufruhr versetzt hatte.
Gwen war es.

Oder eher, was Gwen in dieser Nacht getan hatte. Die liebe, schusselige, kleine Gwen, die wie ein Bluthund plötzlich in den Wald geschossen war, die Augen starr und die Miene leer - auch das wie bei einem Bluthund auf der Fährte - und schließlich das, was am Ende ihrer plötzlichen Reise auf sie gelauert hatte.
Flynn war kein Angsthase. Dingen die sie sehen konnte, konnte sie auch die Stirn bieten, aber es waren die unsichtbaren Dinge, die übernatürlichen Mächte, die sie bis aufs Mark ängstigten. Was sollte man gegen eine unsichtbare Präsenz tun? Oder gar gegen eine unsichtbare Präsenz, die ihre Zeichen so überdeutlich in der Welt legte, dass nicht einmal ein Mithrasgläubiger sie ignorieren hätte können?
Selbst sie als Gläubige hatten die Zeichen des Flüsterwaldes verschreckt, und dabei waren es keine feindseeligen gewesen. An etwas zu glauben und etwas zu sehen waren eben doch zwei paar Schuhe, und seit dieser kurzen, stillen Begegnung war es Flynn, als könne sie die Stimmen im Wind das erste Mal wirklich hören, das Flüstern der Bäume verstehen, wenn sie nur gut genug lauschte.
Es machte ihr Angst, so klar an die Götter und deren stetige Anwesenheit erinnert zu werden, und das war es, was sie durch die Nacht hetzen ließ, auf die Lichte der Stadt zu, wo keine dunklen Nischen mit geheimnisvollen Kreaturen auf sie lauern konnten.
Gerade vor drei Tagen war sie sich so sicher gewesen, dass sie bald ihre Ausbildung beenden können würde, und so schnell war sie an ihren Platz verwiesen worden. Nicht zu vergessen, dass sie in ihrer Erschütterung nicht einmal gewagt hatte, vor den Augen der anderen ein Opfer zu leiten - schiere Nervosität reichte scheinbar aus, um sie zu lähmen und es ihr unmöglich zu machen, die simpelsten Dienste an den Göttern zu vollbringen. Zum Verzweifeln war das!
Erst als die ersten Laternen ihr den Weg erleuchteten, und Kopfstein den gefrorenen Erdboden ablösten, und die Fronten von Häusern das Dickicht und die Bäume verdrängten, konnte Flynn wieder aufatmen. Die Schritte wurden entschlossener und ausgreifender, und die Treppen zu ihrem Haus erklomm sie mit großen Sprüngen... der sicherste Ort auf Erden war die Heimat, und wenn sie die Zeichen des heutigen Abends deuten sollte, musste sie zuerst diese ängstliche Erschütterung überwinden. Nicht abschütteln, denn der Götter Werk sollte erschüttern und Ehrfurcht auslösen, aber überwinden.
Etwas Met würde dabei helfen, aber so schnell konnte dieser Abend nicht in Vergessenheit geraten - weder für sie, noch für einen der anderen Teilnehmer.
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Galatische Wurzeln - von Flynn Crimthainn Ain - 23.05.2013, 14:19
RE: Galatische Wurzeln - von Flynn Crimthainn Ain - 25.01.2014, 00:02



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