Der Nebelschleier lüftet sich
#8
So erschöpft und übernächtigt er aber auch, war der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Die leisen Geräusche der Nacht hielten ihn wach, und er drehte sich einige Male herum, um eine bequemere Liegeposition zu finden. Jedoch half alles nichts, es war ihm nicht vergönnt, einzuschlafen und dennoch war er zu müde, um aufzustehen. Hin und wieder glitt er dann doch in den Schlaf, um von einem leisen Geräusch wieder zurück geholt zu werden. So schritt die Nacht voran bis ein kratzendes oder auch schabendes Geräusch an sein Ohr klang, es dauerte bis er sich dessen ganz gewahr wurde, aber es wiederholte sich und es wurde lauter. Alarmiert setzte er sich auf und tastete nach seiner Axt und sah sich um, ihm wurde bewusst, dass schlürfende Schritte sich dem Lager näherten. Alles war in den dumpfen Nebelschleier getaucht, der es unmöglich machte weiter zu sehen als man spucken konnte. Es war noch dunkel, aber die Nacht nahte sich dem Ende und es fing bereits an zu Dämmern. Er setzte an, etwas zu seinen Weggefährten zu flüstern. „Rodgar, wach auf...“ Da durchschnitt ein wortloser Schrei die Stille der Umgebung. Eilig packte er seine Axt und stand auf, drehte sich dann in kampfbereiter Haltung um die eigene Achse. Der Nebel und die Dämmerung tauchten die Umgebung weiterhin in ein trübes Zwielicht, jedoch erkannte er zwei violette Punkte, die sich auf ihn zubewegten. Das schlürfende Geräusch, wie ihm jetzt auffiel, kam aus der selben Richtung. Etwas bewegte sich auf ihn zu und wieder ertönte der markerschütternde Schrei der Kreatur. Er wandte sich herum und hob die Einhandaxt zum schnellen Schlag bereit an, da zeichneten sich die vagen Umrisse eines Menschen in Rüstwerk ab. Je näher die Kreatur kam umso deutlicher wurde ihr unmenschliches Wesen.

[Bild: Dusterschrecken.jpg]

Sie trug eine zerfledderte Rüstung und eine schwere Axt, die sie wie er zum Angriff bereit anhob. Ein Gestank nach Fäulnis und Verwesung erfüllte die Luft als die Kreatur schneller wurde und angriff. Nun ging alles recht schnell und er war gezwungen schnell und ohne Nachdenken zu handeln. Die schwere Axt des Gegners sauste von oben herab und sollte sie ihn treffen, war er mit ziemlicher Sicherheit tot, gespalten in zwei Hälften. Ein beherzter Schritt zur Seite brachte ihn zwar aus der Reichweite der Axt, dabei verhedderte er sich aber in seinem Fell, das er zum Schlafen nutzte. Er stolperte, stürzte aber rollte sich am Boden ab. Die Bartaxt seines Gegners schlug hart auf den Boden, dann zischte und kreischte die Kreatur und setzte weiter nach. Auf dem Boden liegend war es ihm nur möglich weiteren Hieben auszuweichen, indem er zur Seite rollte, der Dreck des Erdreiches flog dabei durch die Umgebung, von den Axthieben aufgewirbelt. Die Kreatur griff weiter mit unerbittlicher Ausdauer an und nur mit Mühe gelangte er wieder auf die Beine. Die alten und verkrüppelten Bäume boten nur wenig Schutz, sie hielten kaum einen Hieb der Bartaxt aus. Langsam änderte sich jedoch der Kampf und es gelang ihm mehr und mehr, sich aus der Defensive heraus zu kämpfen. Hier ein Hieb gegen den Helm, da einer gegen das Bein des Gegners, die Treffer zeigten aber kaum eine Wirkung. Das Bein der Kreatur hatte er hart getroffen und schwarzes Blut quoll aus der Wunde. Jedoch griff die Kreatur weiterhin unerbittlich an und wurde keinen Deut langsamer. Ihm musste etwas einfallen und eben als er den Hals seines Gegners anvisierte bemerkte er eine Bewegung im Augenwinkel. Er täuschte eine Finte an und tauchte dann unter einem Axthieb seines Feindes hindurch, um diesen zwischen sich und die Bewegung, die er bemerkt hatte, zu bringen.
Da er nun direkt in die Richtung sehen konnte erkannte er eine weitere Kreatur, der ersten ganz ähnlich, die sich schnell näherte. Zu seinem Glück hatte der Hieb der ihn treffen sollte einen etwas stabileren Baum erwischt der hinter ihm gestanden hatte und in dem sich die Bartaxt des Feindes nun verkeilt hatte. Es hatte aber nicht genug zeit den voreilt zu nutzen denn die zweite Kreatur war heran und griff mit einem zweihändigen Schwert an. Die Stiche und Hiebe drängten ihn weiter zurück und ein splitterndes Geräusch verriet ihm ohne hinsehen zu müssen das sein anderer Gegner seine Axt aus dem Baum befreit hatte.
Er traf auch den Schwertträger einige Male, aber lange konnte er sie nicht mehr zurückhalten, vor allem wenn sie zu zweit angreifen würden. Er wich weiter zurück und sah sich dann beiden zugleich gegenüber, eine Kreatur näherte sich direkt von vorn, mit dem Schwert weit zu einem wilden Schlag erhoben, die andere kam von links heran und schwang die Axt zu einem waagrechten Streich. Er konnte nicht beiden Angriffen entgehen und wollte eben nach hinten zurückweichen als eine schemenhafte Gestalt von der Seite heranstürmte mit einem Ruf auf den Lippen. „Stirb Düsterschrecken!“
Rodgar, wie er schnell erkannte, hatte den Schwertträger umgerissen und wälzte sich dann am Boden mit ihm. Dem Axthieb jedoch konnte er nicht mehr ganz entgehen und die obere Ecke der Klinge schrammte über seine Brust und schnitt durch das Leder seiner Rüstung in seine Haut. Der Axtträger blutete schon aus zahlreichen kleinen Wunden und wurde dennoch nicht langsamer, er musste etwas anderes versuchen. Mit einem Satz brachte er sich näher an den Gegner heran, tauchte einmal mehr unter einem Hieb hinweg und  schlug seine Axt dann tief ins Gesicht, genau zwischen die zwei violetten Augen. Die Kreatur kreischte auf und rammte ihn so stark mit der Schulter, dass er zurückgeworfen wurde. Sein hinteres Standbein scharrte über den Boden als er sich gegen den Stoß stemmte. Im Moment als er wieder nach vorn stürmte um mit grimmiger Miene anzugreifen rief Rodgar mit einem erstickten laut nach ihm. „Gorn!“
Als sein Blick auf den Weggefährten fiel sah er diesen auf dem Rücken liegen, während sein Gegner ihn mit einer Hand zu Boden drückte und bedrohlich das Schwert angehoben hatte. „Gorn! Hilf mir!“ Ihm war klar, dass er nicht schnell genug war, um Rodgar zu helfen. so wirbelte er mit einer Drehung halb um seinen Kampfgegner herum und versenkte seine Handaxt in den Nacken der Kreatur und liess sie dort stecken. Noch in derselben flüssigen Bewegung richtete er die linke Handfläche auf den Schwertträger über Rodgar und begleitet von knöchernem Knacken erwuchs ein Dorn aus seiner Handfläche. Dieser schwarze und unförmige Dorn flog dann gerader Linie auf den Schwertträger zu und traf dessen Schläfe.
Der Dorn trieb ein Loch in den Helm und den Schädel der Kreatur und diese fiel zur Seite um. Statt dort liegen zu bleiben verpuffte sie in dunklem Rauch. Rodgar kam wieder auf die Beine und sah sich um. „Wir müssen hier weg! Wo ein Düsterschrecken sind oder zwei sind viele, sie werden bald kommen.“
„Wo warst du, ich hätte deine Hilfe eher gebrauchen können.“ Er bückte sich nach seiner Axt und zog diese aus dem dort liegenden Kadaver. Er wunderte sich noch warum dieser noch immer dort lag und nicht ebenfalls in Rauch aufgegangen war. Allerdings bleib keine Zeit dafür, denn wie Rodgar sagte, weitere Düsterschrecken näherten sich ihrem Lager. „Ich konnte nicht schlafen und bin etwas umher gegangen, in der Hoffnung den Schlaf zu finden.“ Beide eilten sich dann und packten ihre Habe ein, um schnell den Ort zu verlassen, an dem sie Ruhe gesucht hatten.
„Du kennst diese Wesen? Du nennst sie Düsterschrecken?“ Sie waren bereits aufgebrochen und schlugen sich durchs Unterholz, die schlürfenden Schritte der Düsterschrecken folgten ihnen.
„Sie treiben sich im Nebel herum und töten Wanderer. Ich weiß nicht genau, was sie sind aber ich weiß, dass wir tot sind wenn sie uns einholen. Ach und... danke... hast mir das Leben gerettet.“
Die Bäume huschten an ihnen vorbei, als sie weiter durch den Wald rannten und ihm kam der Gedanke, dass er seine Macht eingesetzt hatte und sein Weggefährte es womöglich gesehen hatte. Er wollte dieses Gespräch nicht weiter vertiefen und so schwieg er dazu.
„Keine Sorge wir sind einander wohl sehr ähnlich, aber reden wir später.“
Das kam ihm durchaus gelegen, denn die Anstrengung des Kampfes und das Rennen durch den Wald ließen ihn nur noch angestrengt schnaufen, an Reden war im Moment nicht zu denken. Er konnte nicht mehr genau sagen, wie lange sie wegrannten, da der Nebel jegliches Zeitgefühl zunichtemachte. Er wusste nicht, ob es Mittag oder Abend war, aber sie hatten den Wald verlassen, eine Ebene erreicht und ihre Verfolger abgeschüttelt. Erschöpft verschnauften die beiden, er stützte sich mit den Händen auf den Knien ab und rang nach Luft.
Rodgar ließ sich einfach zu Boden fallen und bleib auf dem Rücken liegen. Es dauerte einen Moment bis die zwei wieder zu Atem kamen, sie sahen sich an und brachen dann in Gelächter aus, froh dem Tod nochmal von der Schippe gesprungen zu sein. Ein Trinkschlauch wurde gezogen und beide tranken daraus und da die Wirklichkeit sie wieder einholte verstummte dann auch das Gelächter.
„Du hast mir das Leben gerettet Gorn, ich steh in deiner Schuld.“ Er streckte dann die Hand aus und schien sich zu konzentrieren, kurz darauf fing sie an zu Brennen, scheinbar ohne das Fleisch Rodgars zu verzehren.
„Wir sind einander ähnlich, du und ich. Womöglich ist unser Treffen kein Zufall.“
Eine Weile lang starrte er die brennende Hand an, diese erlosch und er hob den Blick um seinen Weggefährten nachdenklich anzusehen. Sein Gegenüber mit blonden Haaren und einem ebensolchen Bart blickte aus seinen blauen Augen zurück.
„Warum hast du dann nicht selbst deine Macht eingesetzt Rodgar?“
Seine Worte waren von Misstrauen begleitet, auch wenn er seinem neuen Weggefährten trauen wollte, immerhin hatte er ihm trotz der kurzen Zeit, die sie sich kennen mehr als einmal geholfen.
„Ich bin ungeübt und kann mich oft nicht stark genug konzentrieren ich hatte Angst und konnte nicht klar denken.“
Eine gute Antwort, und durchaus glaubwürdig und in den blauen Augen lag Offenheit und Ehrlichkeit. Er beschloss den Worten Rodgars zu glauben und so nickte er ihm zu.
„Ich verstehe.“

Nun sahen sich beide um, auch wenn ihre Umgebung nicht viel von sich Preis gab. Der Nebel schränkte die Sicht stark ein, hier und da war ein Schemen in der näheren Umgebung ein Schemen zu sehen. Ein mannsgroßer Findling und ein dürrer Baum.
„Wir sollten weitergehen und wenn ich mich nicht ganz täusche ist dort Westen.“ Rodgar deutete in den Nebel auf eine Stelle etwa zwischen dem Baum und dem Findling.
„Wie kannst du dir da sicher sein..."
Er unterbrach seinen Satz und hatte den Blick auf den kargen Boden gerichtet. „Sieh mal, Hufabdrücke, ich bin kein guter Fährtenleser aber die sehen nicht alt aus. Da noch eine Spur und da drüben eine weitere“ Er zeigte auf die drei Spuren, die nebeneinander herliefen. „Mindestens drei Reiter oder einer der öfter hier durchkam. Vielleicht sollten wir der Spur nach und sehen wo sie hinführt?“

Rodgar war neben einer Spur in die Hocke gegangen um sie genauer zu betrachten. „Ja sind nicht alt höchstens einen halben Tag, aber du weisst was ich über Spuren sagte. Man sollte ihnen in Laskandor nicht folgen.“
„Sie scheinen aber ebenfalls nach Westen zu gehen also gehen wir ohnehin in die selbe Richtung.“
Er sah zu Rodgar hin der sichtlich unzufrieden war und dann, wenn die Spuren tatsächlich nach Westen verliefen, den blick nach Norden wandte. „Vielleicht sollten wir einen kleinen Umweg gehen und der Spur nicht direkt folgen. Wenn wir diejenigen finden, die sie hinterlassen haben, sollten wir sie zuerst beobachten und uns nicht unbedacht nähern.“
Ein vernünftiger Gedanke, dem er ein zustimmendes Nicken entgegenbrachte. „Also gut Rodgar, folgen wir der Spur mit etwas Abstand.“
Der Jäger Rodgar erhob sich wieder und die beiden setzten sich in Bewegung, ein Stück weit gingen sie nach Norden, aber nur so weit, dass sie gerade eben die Hufabdrücke erkennen konnten. Da sie nicht wussten wo die Reiter sich genau befanden da die Sicht eingeschränkt war blieben sie ruhig und jeder hing wohl seinen Gedanken nach. Der Abstand zwischen den Hufabdrücken ließ vermuten das die Reiter nicht sehr schnell unterwegs waren sondern eher im Schritt. Da der Nebel nicht nur die Sicht behinderte, sondern auch Geräusche zu verschlucken schien oder sie zumindest abdämpfte, konnten die Reiter schon sehr weit entfernt sein oder ganz in der Nähe. Da das Licht aber abnahm und so langsam die Nacht herein brach, entschlossen sie sich, zu rasten. Seit sie über diese Ebene wanderten hatten sie nicht viel gesehen, das als geschütztes Lager gedient hätte. So wanderten sie weiter, auf der Suche nach einem geeigneten Platz. Es wurde immer dunkler, da drangen aus weiter Ferne Geräusche zu ihnen heran, das Schaben von Metall auf Stein.
„Wir müssen etwas näher heran das müssen die Pferde sein.“
„Ich bin noch immer der Meinung wir sollten sie meiden.“
„Wir haben doch beschlossen, sie zumindest zu beobachten, dazu müssen wir näher heran.“
„Was wenn sie eine Wache aufgestellt haben oder die Pferde unruhig werden?“
Er steckte sich den Zeigefinger in den Mund dann hob er den feuchten Finger in die Luft.
„Es geht kein Lüftchen und man sieht tags kaum etwas bei diesem Nebel.“
Die beiden waren stehen geblieben, um eindringlich aufeinander einzuflüstern.
„Du lässt dich ja doch nicht davon abhalten. Dann aber leise.“

Die beiden bewegten sich dann halb geduckt näher und ein rötlicher Punkt in der Ferne, wohl ein Lagerfeuer, tauchte auf. Sie bewegten sich auf das Lager der Unbekannten zu und hörten dann leises Gemurmel, was genau geredet wurde verstanden sie nicht. Rodgar legte die Hand auf seine Schulter und bedeutete dann anzuhalten.
„Näher sollten wir nicht, lass uns hier in der Gegend rasten und ihnen bei Tage folgen, wenn du unbedingt willst.“

Die geflüsterten Worte Rodgars fanden seine Zustimmung und er nickte. „Gut, du hast Recht.“
Sie entfernten sich wieder vom Lager der Unbekannten Reiter und fanden dann eine kleine Senke. Sie legten sich dort zur Ruhe und entzündeten auch diese Nacht kein Feuer. Wenigstens war diese Nacht ruhiger als die vorherige und er glitt schnell in einen tiefen Schlaf. Sie hatten sich in abwechselnden Wachschichten eingeteilt, Rodgar wollte die erste übernehmen und die drittej, während er sich die zweite und vierte kurz vor Tagesanbruch ausgesucht hatte. Rodgar weckte ihn und so starrte er einige Zeit in die Dunkelheit bis er nach geschätzten zwei Stunden Rodgar wieder aufweckte, um dann wieder ein oder zwei Stunden zu schlafen...
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Der Nebelschleier lüftet sich - von Ramires - 24.12.2017, 01:50
RE: Der Nebelschleier lüftet sich - von Ramires - 11.02.2018, 10:48



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