Der Nebelschleier lüftet sich
#4
Die Nacht über hatte es geschneit und nun pfiff von Norden her ein kalter Wind den man vielerorts nur „Nortgarder Gruß“ nannte. Der Wanderer marschierte durch den kniehohen Schnee, seine Gedanken drehten sich um die vergangene Nacht. Die wolfsähnliche Kreatur in seinem Traum hatte nichts gemein mit seinem Bruder. Da war aber ein Gefühl gewesen das ihn an seinen Bruder erinnerte. Auch die Augen der Kreatur, als sie ihm den letzten Blick zuwarf, erinnerten ihn an. Wie war das aber möglich er hatte seinen Bruder über Zehn Jahre nicht gesehen und das Bild seines Bruders war in seinen Gedanken längst verblasst. Der Wind frischte wieder etwas auf und brachte vereinzelte Schneeflocken mit sich. Der Blick hinab ins Tal war vom Nebel verhangen und es machte den Anschein als wäre alles die ganze Senke mit Schnee gefüllt. Für einen Moment wurde er aus seinen Gedanken an den Traum gerissen und betrachtete den Nebel aufmerksam. Wie war es möglich das der Nebel trotz des Windes sich kaum zu regen schien? Etwas Widernatürliches war an diesem Ort aber das war ihm schon vorher klar gewesen. Je näher ihn seine Schritte führten umso deutlicher konnte er es spüren. Ein Gefühl als ginge man in eine stinkende Kloake, bevölkert von hässlichen Kreaturen die einem jeglichen Lebenswillen aus dem Mark saugen wollten. Kurz gesagt, kein Ort an den man freiwillig ging. Es schwang aber noch etwas anderes mit, trotz des Widerwillens, war da eine Art süßliches Versprechen zu finden was immer man suchte. Er rollte einmal mehr die Karte auf um zu sehen wo in etwa er sich befand. Der Natternpass den er hinab ging, schlängelte sich auf der Westflanke des Berges hinab ins Tal und trotz des Wetters kam er gut voran. So hatte er den Pass etwa zur Hälfte hinter sich gebracht und näherte sich, wenn er die Karte richtig las, einer Stelle die sich als Nachtlager eignen würde, auch wenn er beim Erreichen des Platzes vermutlich noch drei oder vier Tagesstunden hatte. Zu dieser Jahreszeit wurde es schneller dunkel und das Wetter in den Bergen konnte unberechenbar sein. Er packte die Karte wieder weg und entschloss sich den Lagerplatz aufzusuchen. Ein Knacken in der Ferne das trotz des rauschenden Windes näher getragen wurde ließ ihn sich umsehen. Geräusche hallten von den Berghängen wieder und so war es schwer die Quelle ausfindig zu machen. Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit schnell auf eine riesenhafte Gestalt in der Ferne gelenkt. Sie bewegte sich durch ein Waldstück und brach Bäume, die ihr im Weg standen, einfach ab. „Ein Schneeriese!“ entglitt es ihm als er die gehörnte Gestalt sah und duckte sich hinter einen Findling. Die Kreatur sah in seine Richtung und Zufall oder nicht die plötzliche Windstille trieb Furcht in die Gedanken des Mannes. Mit dem Rücken gegen den Findling gepresst stand er da und wagte kaum zu Atmen.

[Bild: Nebelriese.jpg]

Dann erklang aber wieder das Knacken und Krachen begleitet vom Stampfen der Schritte und nach einigen Momenten wurde klar das es sich entfernte und nicht näherte. Ein vorsichtiger Blick um den Findling herum bestätigte es, der Schneeriese war verschwunden. Die Hand tastete nach dem Trinkschlauch an seinem Gürtel denn ein kräftiger Schluck war nach dieser Begegnung mehr als nötig. So setzte er seinen Weg wieder fort um den windgeschützten Lagerplatz zu erreichen. So erreichte er auch eine Weile nach Mittag den Ort, eine kleine Höhle die vielleicht fünf Schritt in den Berg hinein ging. Jemand hatte mit Geäst einen Windschutz geflochten welcher den Eingang der Höhle halbwegs verdeckte. Schnee war gegen den Windschutz geblasen worden das dieser hinter einer weißen Wand verschwunden war. Von innen konnte man das einfache Geflecht aber sehen. In der Mitte der länglichen Höhle, die in etwa so breit war, dass ein erwachsener Mann, der beide Arme ausstreckte, gerade so beide Höhlenwände berühren konnte, war eine Feuerstelle. Im hinteren Teil der Höhle fand er zu seiner Freude, trockenes Feuerholz. Er Stellte seinen Rucksack an die Wand, unweit der Feuerstelle und begann etwas Holz aufzuschichten um ein Feuer zu machen. Mit Feuerstahl und Zunder in der Hand versuchte er die Flamme zum Leben zu erwecken, da erklang wieder das Flüstern in seinem Kopf.


Nutze sie…dir einfacher…abmühen…alleine!


Das gleichmäßige Klackern und Schaben des Feuersteins der auf den Feuerstahl geschlagen wurde hallte in der kleinen Höhle wieder, aber es war wie verhext denn es wollte kein rechter Funke entstehen. Ein leises Kichern aus einer Ecke heraus und erneut erklang das Flüstern im Kopf des Mannes. Wiederholte das Gesagte bis es laut genug war, dass es nicht mehr zu leugnen war.


Du bist alleine! Nutz deine Macht!


Weiterhin versuchte er Mit Feuerstahl und Feuerstein den Funken zu schlagen aber es war wie verhext, der funke wollte nicht überspringen. Die Stimmen flüsterten fortwährend auf den Mann ein der seine Geduld zu verlieren schien und als er mit dem Feuerstein die Hand statt den Feuerstahl traf warf er beides weg und brummte leise. Dann senkte er den Kopf als würde er nachdenken oder sich konzentrieren und griff mit der Hand nach dem Feuerholz. Erneut erklang ein Kichern in der Höhle aus scheinbar allen Richtungen und anscheinend ohne dem Mann Schmerz und Pein zuzufügen fing die Hand an zu Brennen und steckte damit das Feuerholz in Brand. Der Mann zog die Hand zurück die ohne Brandmale ward und kramte dann in seinem Rucksack nach dem Proviantpäckchen. „Wird hoffentlich eine ruhigere Nacht“ murmelte er vor sich hin während er Käse, Brot und Hartwurst in mundgerechte teile schnitt. Als er sein kärgliches Mahl beendet hatte, setzt er sich an den Fels gelehnt neben das knisternde Feuer. Draußen brach allmählich die Nacht herein und so genoss er die Wärme des Lagers und dachte über jene nach, die er im Süden zurückgelassen hatte. Der Tag war anstrengend gewesen und so wurden ihm schon bald die Augenlider schwer und er sank auf sein Nachtlager nieder und schlief recht bald ein.
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Der Nebelschleier lüftet sich - von Ramires - 24.12.2017, 01:50
RE: Der Nebelschleier lüftet sich - von Ramires - 30.12.2017, 15:49



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