Der Nebelschleier lüftet sich
#2
Der Abstieg hinab gestaltete sich als schwierig, einige Pässe waren so verschneit, dass der Mann wieder umkehren musste, um einen anderen Weg zu suchen. Seinen bedachten Schritten zufolge und der Art, wie er sich den Weg hinab bahnte, merkte man, dass gebirgiges Gebiet kein Neuland für ihn war. Tief in Gedanken versunken schritt er den Berg hinab und erreichte einen reißenden Bergfluss. Dieser hatte sich über Äonen, seit Anbeginn von Assam, ein tiefes, nicht überquerbares Flussbett geschaffen und so war es wieder einmal nicht möglich weiter hinab zu steigen, denn die Schlucht mit ihrem Fluss am Grund war zu weit zum überspringen. Wie er dort so stand und über die verbleibenden Möglichkeiten nachdachte, das Rauschen und Tosen des Baches unter ihm erklang, drang ein Flüstern an sein Ohr…


…nutze deine…warum…einfacher machen. Sie …Teil…von deiner Familie…Zeit


Das Flüstern war ihm anfänglich nicht bewusst, nur undeutlich wisperte es, doch nach und nach wurde er ihrer zunehmend gewahr und ihm gefror das Blut in den Adern, jegliche Bewegung stoppte, selbst des gleichmäßige Aufsteigen, der in der Kälte sichtbaren Atemwölkchen, stockte einen Moment, als ihm der Ursprung klar wurde. Angestrengt lauschte der Mann und das Flüstern wiederholte sich und wurde etwas deutlicher…


…deine Macht warum…nicht einfacher machen. Sie ist…Teil von…deiner Familie…schon…langer Zeit!

"Ich will sie nicht Nutzen, lass mir meinen Frieden!“ durchschnitten die Worte des Mannes die kalte Luft.„Werde schon einen anderen Weg finden!“ So wandte sich der Mann von der Schlucht ab und ging um eine geeignetere Stelle zu finden, eine die zum Überqueren taugte. Während ihn die Stimme unaufhörlich in seinem Kopf peinigte, wäre sie für einen Außenstehenden in keinster Weise zu hören gewesen. Vor sich hinmurmelnd, wie jemand, der zulange allein war und dem Wahnsinn anheim fiel, folgte er der Schlucht solange, bis er in der Ferne eine Rauchsäule aufsteigen sah. Als er um eine Biegung trat, erspähte er eine kleine Berghütte und unweit von jener eine Hängebrücke, welche die Klamm überspannte. Die Gegend war doch nicht so verlassen wie er annahm, vielleicht von den Göttern, aber nicht von Menschen. Der Gedanke an eine windgeschütze Hütte, etwas Gesellschaft und vielleicht warmes Essen ließ seine Schritte schneller werden. Die Stimmen in seinem Kopf waren wieder verstummt und so dachte er nur, wer ihn wohl dort auf der anderen Seite erwarten würde.

[Bild: Hutte_in_den_bergen.jpg]

Die klapprige Brücke schwankte unter seinen Schritten, das Holz knarrzte als er der anderen Seite zuging. Die Schlucht welche die Hängebrücke überspannte gähnte dunkel in der Tiefe und versprach jeden zu verschlingen der lange genug hinab sah. So stand er einige Augenblicke später vor der Tür der Berghütte und hob die Hand um anzuklopfen. Noch ehe die Fingerknöchel das Holz berührten erklang die Stimme eines alten Mannes aus dem Inneren. „Es ist offen, kommt herein.“ Einen Moment zögerte der Wanderer mit noch immer zum Anklopfen erhobener Hand, dann zog er die Tür auf und betrat begleitet von einem kühlen Windhauch die Hütte. Im Inneren erwartet ihn eine einfache, aber gemütlich eingerichtete Stube. Im Kamin knisterte einladend ein Feuer, trieb die Kälte aus der Hütte und alsbald auch aus den Gliedern des Wanderers. In einem Topf köchelte ein Eintopf vor sich hin und erfüllte den Raum mit seinem Duft. Einfach und rustikal war die Einrichtung, ein Bett in einer Ecke, ein Regal mit Kochutensilien und ein Regal das mit Büchern und allerhand Schriftrollen gefüllt war. Zudem ein wuchtiger Tisch mit vier Stühlen der für zwei gedeckt war. Außerdem ein Sessel neben dem Kamin auf dem ein älterer Mann saß.

„Komm und setzt dich, du musst Hunger haben.“ sprach der Alte und deutete mit einer einladenden Geste zum gedeckten Tisch hin.

Der Wanderer war in der Türe stehen geblieben und musterte nun den Mann ausgiebig bevor sein Blick auf die zwei Gedecke auf dem Tisch fiel. „Ihr habt mich erwartet?“

Der Alte lächelte vielsagend, erhob sich und machte sich daran den Topf zum Tisch hinüber zu tragen um sich dann zu setzen. „Nun es ist eine einsame Gegend, Fremde bleiben nicht lange unentdeckt, außerdem ist die Brücke der einzige Weg über die Schlucht, wenn man nicht einen sehr langen Umweg in Kauf nehmen will.“ Mittlerweile hatte auch der Wanderer Platz genommen und Umhang, sowie Waffengehänge abgelegt. Der Alte schöpfte Eintopf in die einfachen Holzteller und schnitt dann zwei daumendicke Brotscheiben von einem Brotlaib ab. Den einen reichte er seinem Besucher den anderen legte er neben seinen eigenen Teller und fing an zu essen. „Esst… Wanderer! Esst und wärmt Euch auf und erzählt mir was Euch hier in diese entlegene Gegend Amhrans treibt.“

Auch der Wanderer begann zu essen und es war nicht zu übersehen das er großen Hunger hatte. „Der Zufall will ich meinen.“

Der alte Mann fing an das Brot in den Eintopf zu tunken während er auf die Antwort seines Gastes lächelte. „Nur Narren kommen zufällig in diese Gegend, alle anderen die hierher kommen haben einen Grund. Wie ein Narr seht ihr nicht aus, also was ist euer Grund?“

Der Wanderer hielt inne in seinem Mahl und blickte nachdenklich auf den Inhalt des Holztellers. „Gut nicht ganz der Zufall, ich bin hier um etwas zu suchen.“

„Hier findet man in der Regel den Tod oder Schlimmeres, was wollt Ihr hier suchen?“ der Alte rieb mit dem Brot seinen Teller aus und lehnte sich zurück um sich dann gemütlich eine Pfeife zu stopfen.

Auch sein Gast beendete sein Mahl und tastete mit der Hand nach etwas an seiner Brust. „Ein Vorfahr suchte einst den Weg hier her, ich will wissen warum er hierher kam. Ich weiß nicht viel, nur das er vermutete nicht wieder zu kommen. Mehr will ich dazu nicht sagen, mehr kann ich dazu nicht sagen.“

Der Eremit entzündete gerade die Pfeife die er sich gestopft hatte und paffte den Rauch durch den Raum. „Ja Geheimnisse gibt es zu finden allerdings zu einem hohen Preis. Reisende soll man nicht aufhalten allerdings rate ich Euch von dieser Suche abzulassen.“ Mit einem eindringlicher Blick sah der Alte seinen Gast an, dann wurde sein Blick weicher. „Aber ich kann sehen Ihr habt euren Entschluss gefasst."

Der Wanderer griff nach einem ledernen Trinkschlauch, entkorkte diesen, Trank daraus, verzog das Gesicht und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. Dann reichte er den Trinkschlauch seinem Gastgeber hinüber. „Kartoffelschnaps. Nun, was könnt Ihr mir sagen über diese Lande außer das Tod und Schlimmeres hier lauert?“

Der Alte griff nach dem Trinkschlauch und legte seine Pfeife weg. „Nun Ihr befindet euch an der Grenze zu Laskandor je weiter ihr von hier aus nach Westen geht, desto dichter wird der Nebel werden. In diesem verlassenen Land und dank des Nebels verläuft man sich schnell. Die Kreaturen die im Nebel umherstreifen sind auch für geübte Krieger tödlich.“ Der Eremit trank aus dem Trinkschlauch und auch er verzog die Mine und reichte den Schnaps zurück.

„Gibt es Karten oder Anderes das mir Helfen kann auf meiner Suche?“

Der Alte erhob sich und ging zum Bücherregal hinüber und durchsuchte dies. „Ja ich hab hier auch irgendwo eine Karte, aber die wird euch nicht viel nutzen. Verzeichnet ist nur das Land diesseits, alles hinter der Nebelgrenze ist… nicht verzeichnet. Ahh, hier ist eine!“ Der Eremit kam zurück und räumte Teller und Topf zur Seite und rollte eine Karte aus. Die beiden beugten sich über die Karte und der Alte deutete auf die Karte wo in etwa die Hütte war und fuhr dann mit dem Finger in Richtung linker Rand der Karte, bis zu einer Linie, hinter der nur noch wenig eingezeichnet war. „Vielleicht noch zwei oder bei diesem Wetter drei Tage bis zur Nebelgrenze. Wenn Ihr diesen Weg einschlagen müsst dann nehmt den Natternpass hinab, er sollte begehbar sein.“ Mit dem Finger fuhr er über die Karte, eine geschwungene Linie nach die als „Nattenpass“ gekennzeichnet war. „Ihr könnt die Karte behalten, überquert ihr aber die Nebelgrenze dann… nun.“ Der Alte lies seine Gedanken unausgesprochen und das Gespräch wendete sich dann nichtigeren Themen zu bis die Nacht vorangeschritten war und sich beide zur Ruhe legten. Der Wanderer legte sich vom dem Kamin nieder und überdachte sein weiteres Vorgehen, Morgen in aller früh wollte er los…
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Der Nebelschleier lüftet sich - von Ramires - 24.12.2017, 01:50
RE: Der Nebelschleier lüftet sich - von Ramires - 26.12.2017, 22:03



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