FSK-18 Düsterfluss
#7
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Ich geb's zu, ich stehe gern im Mittelpunkt. Hallo?! Schließlich bin ich Laverne Düsterfluss, Hoheit Laverness, Laffi MacDüesterstein persönlich, die kleine Schwester des großartigen Yascha! Es ist meine Bestimmung, die Welt um mich herum tanzen zu lassen.

Und doch... gibt es Geschichten, in denen ich lieber nicht die Hauptrolle gespielt hätte. Bei der ich mir wünsche, man hätte irgend jemand anderes gefunden. Dass der Erzählstrang mich einfach losgelassen hätte und nicht geknebelt. Aber die Geschichte erzählt sich manchmal von ganz allein.

Diese beginnt mit meinem eigenen Zitat. "Keine Mamas erlaubt!"
Es dauert einen Moment, bis ich verstehe, was er damit meint. Im Wald bin ich Feuerholz sammeln. Mitten im Wald.
Aus dem kleinen süßen Jungen von damals - mit dem Ast! - ist ein starker Mann mit einem Dolch geworden. Ich weiß nicht, warum mir gerade dieser Gedanke in den Kopf schießt, aber ich sehe den Dolch und denke:
"Ich habe mir die Waffe, die mich einmal umbringen wird, viel hübscher vorgestellt."
Es ist ein schartiger Dolch. Er glänzt kaum. Er ist bestimmt ganz stumpf. Aber es ist nicht der Dolch, der mich umbringen wird.
Der gesichtslose Kerl ist viel stärker als ich. Ich weiß nicht, wieso, aber ich versuche es auch gar nicht wirklich, ihn aufzuhalten. Jahre danach werde ich mich fragen, ob ich alles hätte verhindern können, wenn ich mich nur mehr angestrengt hätte. Ich schließe meine Augen.

Yascha stampft voll gerüstet aus dem Unterholz und zerrt den Kerl von mir herunter. Dieser schlägt mit dem Kopf gegen einen Baum und heraus schwallt Blut, ganz als schütte man jemanden den Inhalt eines Weinglases energisch ins Gesicht.
Ich liege noch immer mit meinem zerschnittenen Kleid auf dem Moos. Yascha lächelt mir liebevoll zu und macht sich an seiner Rüstung zu schaffen, um seine Beine zu entkleiden.
"Es tut mir leid, Laverne, ich kann nicht anders.", schnauft er amüsiert und streichelt mir durchs Haar. Ich lächle zurück.
"Schon in Ordnung, Bruder. Ich liebe dich.", hauche ich zurück.
Es schmerzt zwar sehr, weil Yascha unheimlich grob ist, aber das ist er ja nur, weil sein Verlangen nach mir so groß ist. Alles an mir, von oben bis unten, zieht sich vor Schmerz zusammen, meine Augen sind noch immer zugekniffen und ich presse ein flehendes "Yascha!" hinter den mahlenden Zähnen hervor.
"Der ist nicht da und der wird auch nicht wieder kommen!", grunzt etwas an meinem Ohr. Stimmt. Der ist gar nicht da und wird auch nicht wiederkommen...
Und trotzdem hört es auf. Der Kerl rollt leblos von mir herunter. Ganz leicht öffne ich die Augen, um zwischen meinen Wimpern Valentin zu erblicken. Er sieht irgendwie anders aus. Die Luft um ihn herum scheint zu knistern. Ich will die Augen öffnen, aufstehen, mich bei ihm bedanken... aber nichts davon gelingt mir. Ich kann nichts sagen, ich kann mich nicht bewegen.

Ich weiß nicht mehr, wie ich nach Hause gekommen bin. Aber ich sitze im Waschzuber und Valentin kippt wortlos einen Eimer über mich aus. Trotzdem werde ich nicht sauber.

Die schlimmste Nacht meines Lebens war die, die Yascha das letzte Mal im Hause Düsterfluss übernachtet hat und sich verabschiedet hat. In der er versprach, er würde mir schreiben - und ich damals schon wusste, dass er log. Ja, die Nacht war schlimmer als diese hier. Denn diese hier, die ist nie passiert.

Ich habe ein frisches Kleid an und Valentin bürstet meine Haare. Dass er es ist, sehe ich in Spiegel vor mir. Und da sehe ich auch mich.
Jeden Tag steht man vor einem neuen Scheideweg. Vor neuen Entscheidungen. Aber so manche Wegkreuzung ist größer und wichtiger als andere.
Heute stehe ich vor der Entscheidung, mich davon brechen zu lassen. Es in mir zu tragen, Tag für Tag, darüber zu stolpern, immer einen Platz in meinem Herzen dafür frei zu halten.
Oder aber ich sehe nach vorne, freue mich darüber, am Leben zu sein, freue mich über all die schönen Momente und lache aus vollem Halse. Und werde vor allem eine gnadenlose Kämpferin, die nicht versteckt, eine Frau zu sein.
Ich blicke in den Spiegel. Ich entscheide mich für alles. Die Frau im Spiegel lacht vergnügt, doch ihre dunklen Augen blicken mich traurig an. Valentin bürstet derweil geduldig meine Haare.
The only way you can love me is to hurt me again.
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Düsterfluss - von Laverne Düsterfluss - 28.03.2017, 10:32
RE: Düsterfluss - von Laverne Düsterfluss - 28.03.2017, 21:34
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RE: Düsterfluss [MMT] - von Laverne Düsterfluss - 08.04.2017, 11:15
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RE: Düsterfluss - von Laverne Düsterfluss - 11.05.2017, 22:32



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