Mika
#15
Invasion



Es war deutlich, Krieg stand vor der Türe, Indharim griff an.
Mika schaffte den reifen Hafer vom Feld und befüllte den kleinen Schuppen bis unters Dach. Sie konnte hungern, doch ihre Pferde sollten nicht zu leiden haben. Die Sonne brannte unbarmherzig, ließ die junge Frau schwindelnd unter einem schattigen Baum Schutz suchen. Der Griff nach dem kühlen Brunnenwasser verschaffte ihr wieder einen klaren Kopf, ließ sie durchatmen bevor es sie wieder auf die Felder trieb. Auch des Nachbars Felder waren zu versorgen, Larija hatte sie bereits gesehen, so viel war noch zu tun. Immer wieder wanderte ihr Blick achtsam in Richtung Candaria, dann in Richtung des Flüsterwaldes.
Mika versuchte sich so gut es ging auf ihr neues Leben einzustellen. Die Aufzucht der Pferde gelang ihr bereits recht gut, auch der Anbau von Hafer und Weizen, ja sogar Flachs ging ihr recht leicht von der Hand. Sie dachte an die Zeiten an ihres Onkels Schiff zurück, an die Schmuggel-und Kaperfahren, Zeiten an denen sie oben im Krähennest gehockt und geheult hat, Angst vor Blut, Angst vor dem Tod und eine unbezwingbare Abneigung anderen das Leben zu nehmen.
Kind, du bist zu weichherzig, du bist wahrlich deines Vaters Tochter“, kams oftmals abwertend vom Onkel, als sie so garnicht in die Welt der Seefahrt, geschweige denn in die Welt der Piraterie passen sollte. Und doch fühlte es sich für Mika stets richtig an, sie war nicht feige, doch jemandem das Lebenslicht auszuhauchen, brachte ihr Kummer und Not.
Somit machte ihr das Gewissen auch heute wieder schwer zu schaffen, waren es doch mindestens ein Dutzend Indharimer gewesen denen sie in der Schlacht das Leben genommen hatte. Es waren Feinde, sie alle trachteten nach ihrem Leben, es war nur gerecht, dass ihre Pfeile todbringend in die Aggressoren eindrangen und jene schmerzverzerrt zusammensinken ließen – und dennoch, jeder Tod griff nach Mika‘s Gewissen. Wie gingen die anderen damit um, manche prahlten mit ihrem Heldenmut, andere machten sich vielleicht vor Angst in die Hosen, liefen gar fort, weinten so wie sie es tat? Im Krieg ist es hinderlich seinem Gewissen zu folgen, man folgt Befehlen wenn man überleben will, ja so und nicht anders musste es sein, und dennoch – Mika hätte sich am liebsten im tiefsten Mauseloch Amhrans versteckt, wenn sie gekonnt hätte, nicht aus Feigheit heraus, sondern aus Angst Unrecht zu tun, denn Töten brachte nichts Gutes.
Drum hatte sie wohl auch die kleine Kröte inmitten des Kampfgeschehes in die Tasche gleiten lassen und sie erst spät abends daheim wohlbehalten auf den Rand des Badezubers gesetzt. „Du bleibst besser hier, niemand wird dich zertreten, es herrscht Krieg, für Mensch und Tier gleichermaßen. Ich freu mich dich bei mir zu haben, etwas Gesellschaft kann ich gebrauchen, denn Mordrim ist nicht heimgekehrt, ich vermute Schlimmes.“ So sprach Mika neben dem Badezuber hockend mit der Kröte deren güldene Augen sie verstehend anblickten. Es fehlte nur noch, dass sie ihr geantwortet hätte, dann wäre es sicherlich um Mika‘s Verstand geschehen gewesen, doch sie schwieg - noch.


Mika schloß die Augen, eine kleine zarte kühlende Brise wehte am Baum vorbei,ließ die Blätter sanft rascheln, so zart, dass der Schlaf sie übermannte, die Hitze und die Stille des Südwalds taten das ihre und ließen die junge Frau träumen.


Bilder von verlorenen Schätzen taten sich auf, weisse schimmernde Strände, das Beiboot in den Wellen, dann das gutmütige Gesicht ihres Vaters, Mika seufze leise im Schlaf wie sie ihn wieder so lebendig vor sich sah, streckte ihre Hände nach ihm aus, andere Bilder kamen, ihre kleine Schwester mit den rötlichen Locken lachte fröhlich, drehte sich im Kreis und verwandelte sich in Marie Adler, sie waren sich ähnlich, ohne Zweifel! Bilder von grauen Mannen tauchten auf, Marie drehte sich weiter im Kreis, jemand hielt einen Kranz aus Blüten in den Händen, auf sie zuschreitend, dann wurde es dunkel, schwarze Wolken schoben sich vor die Sonne, jemand weinte und man hörte das Klirren von Stahl.


Von diesem Schrecken erwachend atmete Mika schwer. Es war nur ein Traum, es hatte nichts zu bedeuten, alles war gut, sie hatte nur geträumt – der Krieg war schuld.
Und doch konnte Mika den Schrecken der Stunde nicht abschütteln.
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Mika - von Mika - 26.02.2017, 15:26
RE: Mika - von Mika - 04.03.2017, 14:32
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