Ein Drachen für ein Kinderlachen...
#3
[Bild: jr2o-3y-cd16.png]

Gesagt getan. Mit dem geflochtenen Wäschekorb bewaffnet, betrat sie am späten Nachmittag wieder. Das Wetter hatte sich zum Glück gehalten, zumindest soweit, dass es den Regen ausgelassen hatte. Ein Ende des Leinenstoffes hatte sich aus seinem hölzernen Wäscheklammergefängnis losgerissen und flatterte munter, aber zumindest rot, im böigen Wind. Sie löste die Bahnen von der Leine, legte sie erneut sorgsam zusammen um keine überflüssigen Falten in den Stoff zu bringen, die sie später wieder ausbügeln müsste und trug den Korb zurück in die Schneiderwerkstatt. Dort breitete sie die Stofflagen auf dem saubergewischten Boden aus und verteilte die Papierstücke des Schnittmusters darauf. Auf allen Vieren robbte sie dann in höchster Konzentration, nur hin und wieder abgelenkt vom Kätzchen, dessen Neugierde es immer wieder dazu antrieb, mit den Papier spielen zu wollen und es mit dem kleinen Pfötchen versuchte vom Stoff zu schieben. Leise, aber nicht besonders nachdrücklich schimpfend, zog sie diese wieder in ihre alte Position zurück und versuchte so schnell wie möglich die Umrisse mit dem Kohlestift auf den Stoff zu bannen, bevor die gewitzte Lazi erneut einen Angriff starten konnte.

Wie jeder gute Schneider verschränkte sie die Beine gemütlich unter sich zum Schneidersitz, schnitt wieder mit größtmöglicher Sorgfalt die pass genauen Stoffteile aus und klemmte sie sicherheitshalber unter ihrem Fuß fest um Lazi wenigstens diesen Spaß zu verderben. Diese aber, machte diesen Kampf mit ihren winzigen, kleinen Krallen wieder wett, die sie so effizient darin verhaken konnte, dass sie diese darunter hervorziehen konnte und dabei auch noch zwei dünne, aber schmerzhafte Kratzer auf dem Fußrücken der Schneiderin hinterließ. Diese seufzte lediglich und beschloss sich zumindest zum Nähen aus dem bodennahen Revier der Hauskatze zu entfernen und sich an das noch immer geöffnete Fenster zu setzen. Sie nähte dem Drachen seine gefährlichen Jute-Stacheln an die obere, rechte Seite des Rumpfes und setzte die andere Lage des Körpers mit feinen, kleinen und regelmäßigen Schlaufenstichen obenauf. Danach stopfte mit Zeige- und Mittelfinger die weiche Zackelschafwolle hinein, knetete diese solange, bis sie sich gleichmäßig verteilte und verschloss den Rumpf mit dem Stoffzuschnitt der Bauchdecke. Weit vornüber gebeugt,mit einer unglaublich ruhigen Hand und feinster Präzision, stach sie mit der dünnen, spitzen Nähnadel die Nähte so fein, dass sie auf dem roten Stoff kaum sichtbar erschienen. Eine Weile ruhte sie die Augen aus, beschäftigte sich spielend mit dem Kätzchen, dass unaufhörlich und ohne auch nur die geringsten Anzeichen von Müdigkeit einem dicken Knopf nachjagte, der an einer Wollkordel befestigt war. Zum Schluss überließ sie ihr diese und machte sich stattdessen wieder ans Werk.

Die Vorder- und Hinterläufe vernähte sie einzeln und füllte auch jene wieder mit der guten candarischen Schafswolle. Diese würden später mit einem kleinen Holzknopf am Rumpf befestigt werden, damit jene beweglich blieben. Da ein kopfloser Drache, nicht wirklich bedrohlich wirkte, sollte man diesen Umstand unbedingt ändern. Der Schädel war schon imposant mit seinem offenen, klaffenden Maul und seinen gebogenen Hörnern. Erst recht, als auch er weich ausgestopft wurde und sie ihn mit seinem hübschen Körper verband. Um den unweigerlich eintretenden Kopfschmerzen vorzubeugen, die solch' filigrane Arbeit mit sich bringen würde, verstaute sie das beinahe vollendete Schmuckstück sicher vor Lazis Tatzen, auch wenn sich nun doch endlich müde gespielt und sich zum Schlafen auf dem Bett zusammen gerollt hatte. Morgen war auch ein Tag und dem Kleinen wäre nicht geholfen, wenn sie nun unkonzentriert schludern würde.


[Bild: jr2o-40-6dd1.jpg]
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RE: Ein Drachen für ein Kinderlachen... - von Carmelina Tartsonis - 14.10.2015, 17:53



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