FSK-18 Der Vorbote der Verdammnis
#13
Missgelaunt wusch Kyrthon die bis zu den Ellenbogen blutbesudelten Arme im Waschbottich der Zuflucht. In letzter Zeit war er meistens alleine und ungestört hier, und er nutzte die Gelegenheit - einerseits um sich abzulenken und andererseits um seine in letzter Zeit brachliegenden Forschungen voranzutreiben. Ersteres fiel ihm allerdings zunehmend schwer, und wieder und wieder wanderten seine Gedanken zurück zu jenem Haus in Ravinsthal. Es war ihm durchaus bewusst, dass es Zeit benötigen würde, ehe sich das eventuelle Potenzial des jüngsten Zuwachses der Mendozas zeigen würde... und im Moment hatte er alles getan, was es zu tun gab um den Prozess zu fördern und zu beschleunigen. Er konnte also in dieser Angelegenheit gerade nur abwarten, was seine Geduld wie stets äußerst strapazierte.
Die zwischenzeitlich wiederaufgenommene Beschäftigung mit seiner Erforschung der menschlichen Seele war dazu momentan bedauerlicherweise wenig hilfreich. Er fand durchaus Gefallen daran und hatte seine Faszination nicht verloren, aber... Mit einem Seufzen griff er nach einem Lappen um die nach wie vor halb blutverschmierten Arme zu trocknen und sich wieder zum Tisch umzuwenden. Die toten Augen des jungen Mannes, starrten ihn im Kerzenschein anklagend an, wie sie es schon die letzten Stunden getan hatten, was Kyrthon zu einem unwilligen Brummen veranlasste. Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt... du hast deine grenzenlose Freiheit erhalten, Kerl. Diese Hülle hat dich letztlich nur eingeengt... Mit einem leisen Seufzen betrachtete er den geöffneten Brustkorb des Mannes - wieder war es ihm nicht gelungen ihn lange genug am Leben zu erhalten um das Herz zu beobachten, wenn die Seele den Körper verließ. Aber - nachdenklich erwiderte er den Blick der toten Augen - was wäre, wenn das Herz garnicht der Sitz der Seele wäre? Vielleicht war die Prozedur garnicht erforderlich? Langsam griff er zu einem geschärften Löffel inmitten der wirr am Tisch verstreuten Operationsinstrumente und wog ihn nachdenklich in der Hand... Das Brechen der Augen war zwar oftmals nicht das erste Anzeichen für die Flucht der Seele, aber doch das deutlichste - was also, wenn die Seele das Herz von einem anderen Ort im Körper antrieb...?

Er würde weitere Probanden benötigen. Glücklicherweise waren die Bewohner der Stadt so sehr von Sorgen, Ängsten und Sehnsüchten geplagt, dass es ein leichtes war, Freiwillige zu finden die sich im Gegenzug für die Erfüllung ihrer Wünsche zur Verfügung stellten. Freilich geriet die Entschlossenheit so mancher ins Wanken, doch dies war seine Aufgabe: Er geleitete sie durch diese schweren Abschnitte ihres Lebenswegs, um wahrhaft und aufrichtig zu bleiben. Eine jede Vereinbarung musste erfüllt werden - und alles hatte seinen Preis...
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Der Vorbote der Verdammnis - von Kyrthon Dureth - 12.08.2015, 14:29
RE: Der Vorbote der Verdammnis - von Erzähler - 02.09.2015, 17:57
RE: Der Vorbote der Verdammnis - von Kyrthon Dureth - 20.07.2016, 11:04



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