Auf die Nortgarder Art
#2
Diese verdammte Hitze ließ sie einfach nicht schlafen. Die eh schon dünne Schlafgewandung klebte an ihrer weißen Haut wie Kinder an Honig. In zuverlässigem Minutentakt wälzte sie sich im Bett hin und her. Immer wieder ging ihr müder Blick hinüber zu Halvar. Dieser schaffte es tatsächlich sie allein mit seinem Schlaf wütend zu mach. Nicht weil er schnarchte - daran war sie gewöhnt - sondern schlicht auf Grund der Tatsache, dass er überhaupt schlafen konnte. Neben der Schwüle im Zimmer war es aber auch ihr unermüdliches Hirn, welches sie einfach nicht wegdämmern ließ.
Ihr kurzer Aufenthalt hier war bis jetzt schon von so vielen aufregenden Ereignissen geprägt... Es konnte kaum besser laufen. Der Zeitpunkt ihrer Ankunft war beinahe perfekt und die Entscheidung sich an Südwald zu hängen die Richtige.
Der Baron war vom Schicksal gebeutelt - die Götter konnten so grausam sein. Und trotz dieser Tiefschläge behielt er sich seine Würde und Professionalität. Helga ertappte sich dabei ihn ein wenig zu bewundern, wo sie seiner Scharade zu Anfang noch skeptisch entgegen sah. Doch langsam fügte sich das Bild zusammen und sie wusste es einzuschätzen. Sie mochte ihn. Das konnte sie nicht bestreiten. Sie genoss die Gespräche mit ihm und vorallem die Tatsache das er ihr richtig zu zuhören schien. Ein Mann von hohem Stand der den Worten einer freier Frau lauschte, sie sich vielleicht sogar zu Herzen nahm. Sie hatte es gut getroffen. Nun musste sie herausfinden in welcher Stimmung Servano war. Also war es Zeit für Provokation. Sie musste mehr erfahren ehe sie wirklich tätig werden konnte. Gab es hier eine versteckte Enklave von Sympathisanten? Würde ihr Baron diesen Weg einschlagen, würde sie ihm aufzeigen dass es der einzig richtige wäre? Wie weit ging seine Liebe zum Reich und vorallem wie groß war sein Mut dafür auch einzustehen.
Es gab viel zutun und bei all dem politischen Chaos musste sie immer auch Halvar bedenken. Er war nicht so dumm wie er sich immer hinstellte und doch fühlte sie sich verantwortlich für ihn. Er hatte eine neue Heimat gefunden und wäre bereit sich dieser zu verschwören. Sie durfte ihm das nicht nehmen. Also musste sie bedacht vorgehen. Äusserst bedacht.

Gestern war ein Paradebeispiel dafür gewesen was auf Amrhan falsch lief und sie liebäugelte in manchen Momenten gar damit einfach zu verschwinden und sich Ravinsthal zu Diensten zu stellen. Ihr Stolz verbot es ihr. Nicht wegen der Anbiederungen und des Kriechens. Das konnte sie formvollendet gut. Aber sie durfte nicht aufgeben. All die Jahre der Hoffnung und des Träumens. Ein Herzogtum voller Stärke und Einigkeit. Es würde nicht mehr viel fehlen. Die Waage senkte sich immer mehr zu Gunsten Silendirs und sie hoffte darauf den Umbruch noch mit zu erleben.
Löwenstein war schwach. Die Vogtin eine kopflose Puppe. Candaria war bevölkert von Schwächlingen auch wenn ihr die Art der edlen Luisa gefiel. Sie hatte eine recht gute Vorstellung davon wie alles enden würde. Nun musste sie nur sicher gehen, dass ihr Baron sauber aus der Sache heraus käme.
"Zu meiner Linken sitzt das Hirn. Zu meiner Rechten das Herz."
Sie hatte ihre Seite schon gewählt.
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Nachrichten in diesem Thema
Auf die Nortgarder Art - von Helga Bjarnifjord - 08.07.2015, 12:03
RE: Auf die Nortgarder Art - von Helga Bjarnifjord - 13.07.2015, 10:54



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