Scherbenwelt
#2
“Halt!”, schallte eine männliche tiefe Stimme, begleitet von Hufgeklapper, die weite breite gepflasterte Straße entlang, welche Avinia kurz zuvor mit kleinen kurzen Schritten entlang gegangen war.
Mit einem Schwung drehte sie sich auf dem rechten Fuß herum, dem Reiter welcher direkt, mit einem geschwungenen Schwert ausholend, auf sie zu preschte entgegenblickend.
Von einen auf den anderen Augenblick riss sie die Augen auf, zu spät war es um auszuweichen. So stand sie still auf dem Fleck, der Atem stockte, das Blut fror, so spürbar eisig, dass sie nicht mal mehr einen Finger bewegen konnte.
Keine Sekunde länger würde es dauern, den bevorstehenden Aufprall bereits hervorsehend, gerade noch genug Zeit habend die Augen zu schließen, regelrecht die Augenlider aufeinanderpressend.
Doch diese Sekunde dauerte irgendwie länger, und so stand sie da, wartend, Sekunde für Sekunde, vielleicht waren es auch Minuten oder Stunden. Ziemlich “langweiliges” Warten, wenn man von den eigentlichen gerade passierenden Vorgängen absieht. Vorrausgesetzt es wäre passiert.
Langsam öffneten sich wieder ihre Augen und auch die Gliedmaßen ließen sich wieder einigermaßen bewegen, wenn auch nur ziemlich stockend als Nachwirkung des Schocks.

Nur was sie da sah war… Nichts, kein Reiter, keine Geräusche, gar nichts.
Sie wischte sich eine Schweißperle von der Stirn, welche gerade einer anderen den Weg hinunter die Wange folgen wollte, dabei so tief ein und ausatmend, dass man meinen könnte sie hätte seit Jahren nicht mehr geatmet.

Ihr Blick blieb noch einige Zeit starr geradeaus gerichtet, erwartend das da noch etwas kommen würde, bevor sie sich dann das erste Mal wirklich begann umzublicken.
Wie von allein begannen sich dabei wieder ihre Füße fort zu bewegen, Stück für Stück mit kleinen tappsigen, unsicheren Schritten die gepflasterte Straße entlang gehend.
In weiter Ferne, sie wunderte sich das sie überhaupt so weit sehen kann, wurde die Straße immer schmaler und unbefestigter, bis sie schließlich nur noch aus Erde und Schlamm bestand. Dann wendete sie ihren Blick nach links, eine riesige, beinah unendlich weit wirkende Grasfläche sah sie da, unnatürlich glatt war jene, nur vereinzelt wurde diese glatte Fläche von großen Pfützen und leichten Nebelschwaden unterbrochen.
Dann wandte sie ihren Blick nach rechts. Riesige Rohrkolben, Schilf und andere sumpfige Pflanzen, viel höher als sie selbst sprossen weit und breit aus dem sumpfigen Boden. So dicht aneinander, dass man kaum ein oder 2 Schritt weiter sehen könnte, wenn man sich sich zwischen jene stellen würde, unterstützt von dem Nebel, welcher sich auch auf der riesigen Wiese fand, nur viel dichter und seltsam grünlich verfärbt.
Viel mehr gab es dort dann auch schon nicht mehr zu sehen, alles wirkte gleich, die Straße in der Mitte fast wie eine Mauer, die die beiden Gebiete strikt voneinander in der Mitte trennt.

Ihre Schritte indes führten sie immer weiter die Straße entlang, ohne wirklichen Fortschritt zu verbuchen, es wirkte ihr eher so, als würde sie sich stetig auf der selben Stelle bewegen, nur immer müder und schwächer werdend, bis sie schließlich einfach, mitten im Gehen, einschlief und einknickte.


...


Die Zeit schien sich kaum verändert zu haben als sie wieder zu sich kam, dort, auf dieser Lichtung auf einer holzigen Plattform, mehr einer ausgebreiteten Baumrinde auf dem Boden gleich, mitten in diesem Sumpf den sie vorher auf ihrer rechten Seite erblickte.
Das Schilf wehte leicht im Wind, die Nebelschwaden hingegen schienen still zu stehen und nur dort zu sein, wo auch das Schilf wieder dichter wurde.
Die Ausrichtung in der sie auf dieser Rinde lag erweckte den Anschein als wäre sie absichtlich so dort platziert worden.
Ihren Blick nach Norden lenkend, sie vermutete zumindest das dort Norden sei da es dort irgendwie dunkler wirkte, konnte sie 4 Wege entdecken, einer nach Nord-West, einer nach Nord-Ost, und die letzten zwei, nicht sonderlich weit auseinander nur von einer Reihe von knapp 2 Meter breitem Schilf getrennt, beide nach Norden. Alle außer der Nord-Östliche Weg hatten kleine Trittbretter im Abstand von jeweils etwa einem Fuß, aus dem gleichen Material wie die Plattform auf der sie lag.
Nach hinten jedoch führte kein Weg, nur die undurchdringbare Schilfwand erspähend, als sie dort aus den Augenwinkeln, den Kopf nur ein kleines Stück drehend, hinlinste.
Allmählich begann sie sich dann aus der liegenden Haltung aufzudrücken, die Hände an der Hose abklopfend, wohl vermutend das sie dreckig seien auch wenn alles seltsam sauber war und blieb, während sie dort auf dem Boden lag.
Nochmal stierte sie die 4 Wege entlang, sich gerade entscheiden wollend, wo sie denn nun lang gehen solle. Doch…

“Welchen willst du zuerst wählen?”, ertönte wie aus dem Nichts eine krächzende Stimme von Rechts. Völlig ruckartig zusammenzuckend sprang sie förmlich auf, sich im Sprung in die Richtung des Ursprungs der Stimme drehend.
“Was ist?”, krächzte es wieder mit deutlich belustigtem Unterton, von einem Raben den sie dort auf einem verkrüppeltem Baum, in dieser sonst so eigentlich baumlosen Gegend erblickte. Der Schnabel des absonderlich großen Vogels, von der Größe her etwa einen Meter messend, bewegte sich beim Sprechen nicht. Und auch würde man eigentlich nicht vermuten, dass so ein riesiger Rabe auf einem so kleinen Ast sitzen könnte. Es schien nicht mal als würde sich jener unter dem “Gewicht” des Vogels neigen. Den Kopf zu den Seiten hin und her drehend, beäugte er Avinia skeptisch, immer nur mit jeweils einem Auge.
Noch sichtlich verwirrt wurde dieser Blick von Avinia mit einer Falte in der Stirn erwidert.
“Du hast gesagt das du verschiedenste Sachen tuen würdest, wenn du etwas dafür bekommst. Hier hast du’s!”, sprach er ruhig weiter während den anhaltenden Blickaustauschen.
Nach einer weiteren Weile ermutigte sich dann auch Avinia zum sprechen, die Lippen kaum auseinander bekommend, sämtliche Worte eher nuschelnd hervorpressend, doch ihr Gegenüber schien alles ohne Probleme zu verstehen, “Wer… wo, bin ich? Und du? Und… warum bist du so groß?”.
“Im Sumpf! Such dir was aus, nur keine Frauennamen! Außerdem, warum bist du so klein?”, waren die schnell hintereinander ausgesprochenen Antworten des Riesenvogels, auf die letzte Antwort wusste sie dann auch nichts weiter, und tat dies mit einem kurzen Nicken ab.
“Also? Wähl einen Weg, du musst alleine gehen, meine Füße sind viel zu klein um diese Bretter da entlang zu kommen.”, setzte er direkt wieder an, ihr keine Zeit zum Antworten lassend und so ziemlich im gleichen Moment die Flügel öffnend, um mit einem einzelnen Flügelschlag auf Avi’s Schulter zu landen und sich in ihre Blickrichtung zu drehen.


Dann wachte sie auf.
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Scherbenwelt - von Avinia - 07.05.2015, 05:02
RE: Scherbenwelt - von Avinia - 09.05.2015, 05:21
RE: Scherbenwelt - von Avinia - 10.05.2015, 15:09
RE: Scherbenwelt - von Avinia - 01.06.2015, 04:40



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