Das Leben nach dem Tod auf Svesur
#5
Lionel war ein gerade mal vierjähriger, stiller kleiner Junge, der am liebsten in seiner Ecke mit seinem Holzpferdchen spielte. Er hatte die graublauen Augen seines Vaters und dessen dunkles Haar. Das Cahira schwanger geworden war, war für Kyron sowie für Cahira eine große, zum damaligen Zeitpunkt etwas unbequeme Tatsache; jedoch keine, über die sich die junge Frau nicht unbändig gefreut hätte. Cahira war noch nicht lange bei der Infanterie und sie wusste auch gar nicht, wie sie das Leben einer Soldatin mit dem einer Mutter vereinbaren sollte. Ließe sich das überhaupt vereinbaren? „Ich hätte nicht gedacht, das ich überhaupt ... bei dem ganzen Zeug, das ich ...“ hatte Kyron sich den Kopf reibend gemurmelt, als seine frisch angetraute Ehefrau ihm die frohe Botschaft mitteilte. Kordian hatte zunächst auch keine Worte finden können, als ihm sein Leutnant und Soldatin davon berichtete, was sie in den nächsten Monaten erwarten würde - und das sollte schon etwas heißen.

„... Lionel ... ?“ ächzte Cahira, die sich ihre Handgelenke reibend wieder einen Abstand zu Aidan gesichert hatte. „Er ist ein kleines Kind. Was willst Du von ihm?“ Sie konnte wohl damit leben, wenn jemand ihr etwas zu leide tun wollte und auch diese ganze Geschichte zuvor hätte sie irgendwie verarbeiten können, aber wenn er nun ihren kleinen, arglosen, unschuldigen Sohn in diese ganze Sache mit hineinziehen würde, würde sie zornig werden.

„Er brennt so hell, das mir beinahe der Kopf zerborsten ist, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Er hat es. Die Magie, die Macht. Die Kraft. Wie auch immer du es nennen willst. Und zwar so gewaltig und stark, wie ich das noch nie erlebt hatte. Selbst mein geliebter Sohn, der mir mit meiner Frau genommen worden ist, war im Vergleich zu diesem kleinen Knirps nur ein Teelicht. Und die beiden anderen sind Holzköpfe, mit denen ich nichts anfangen kann.“

„... Lionel ... ?“ sie konnte sich nur wiederholen. Ihr Sohn, magisch begabt? „Nein, du musst dich irren!“ behaarte Cahira nun. Doch Aidan schüttelt felsenfest von seinen Worten überzeugt den Kopf. „Es gibt keine Zufälle, das habe ich dir doch gesagt. Glaubst du nicht, dass es eine göttliche Fügung war, dass eine Bauerstochter aus Silendir mit einem Vagabunden aus sonst wo zusammen kommt. Die Götter haben euch schwere Prüfungen auferlegt und dann, ja, dann haben sie euch ein unmögliches Kind geschenkt und ihm die Magie in die Wiege gelegt. Und,“ fügte er listig hinzu, „du weißt, welche Schicksalsgötter ihm die Druiden geweissagt haben.“

Aidan hatte Lionels Stiefvater werden und ihn unter seine Fittiche nehmen wollen. Als Freund der Familie und letztendlich als Verlobter und Ehemann hatte er sich ohne Aufsehen zu erregen in der Nähe von Lionel aufhalten können. Die gute Weise, wie er es genannt hatte. Er hätte sich den Jungen auch schnappen und Cahira sterben lassen können. Der alte Mann wäre auch nur ein geringes Problem gewesen. Aber Lionel hatte in seinem zarten Alter eine Mutter gebraucht und auch Aidan war nur ein einsamer Mann nach dem Tod seiner Frau. „Deine Haare, diese Locken. Sie haben mich an meine Eris erinnert.“ Er hatte wohl gehofft, das Cahira es irgendwann verstehen und akzeptieren würde. Falls nicht, wäre es ab einem bestimmten Zeitpunkt gleichgültig gewesen, dann hätte er Lionel zu seinem treuen Schüler und Gefolgsmann gemacht. Und dann?

„Ja, erkennst du denn nicht die Möglichkeiten? Mit solcher Macht in den Händen könnte man die Welt verändern!“ „Du bist doch ... wahnsinnig ...!“ „Man kann sich alles nehmen, was man will. Alles erreichen. Der Krieg in Indharim, vorbei. Niemand müsste mehr für König und Vaterland sein Leben lassen. Nahrungsknappheit in Galatia, vergessen ...“
Cahira wurde das ganze allmählich zu viel. Sie fühlte sich so eingelullt von seinen Worten, die auf ihre verdrehte, verquere Weise so logisch und wahr klangen, dass sie fürchtete, sie würden ihnen allmählich auch Glauben schenkten. Wer weiß, vielleicht war er auch gerade dabei, wieder irgendeinen Zauber zu wirken. „Aber falls dies stimmen sollte, soll mein Sohn sich aus freien Stücken für diesen Weg entscheiden und ganz sicher nicht zu deiner Marionette werden. Du bekommst ihn nicht. Nur über meine Leiche!“

Sie hatte keine Waffe, keine Rüstung, keinen Plan.

„Ich hatte befürchtet, dass du das sagen würdest!“
[Bild: Cahira-Sig.jpg]
Herzlichen Dank an Morrigan!
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