FSK-18 Wer hat Angst vorm Juren-Mann?
#4



8. und 9. Hornung

Gespräche mit Lilja

Merkwürdigerweise war ich immer noch im Lager der Juren willkommen, ja man zollte mir sogar eine Art Respekt, weil ich mich vor den Khan stellte.

Dann aber kam ich mit Lilja auf ein Gespräch, welches mir das Wesen der Juren vielleicht besser erklären kann. Wir sprachen über den Glauben und wie diese Jurin ihn sieht. Sie glauben, dass die Götter des alten Glaubens und von diesen nur Epona, Artio und Morrigú die Welt erschaffen hätten. (Die Seherin um ein Gespräch bitten!)

Die Frage, die wohl einst die Seherin gestellt hatte war, was mit der Welt geschehen würde, wenn es keine Götter mehr gäbe. Lilja stellte sich die Frage aber anders: Was würde mit der Welt geschehen, wenn es keine Menschen mehr gäbe. Dann wären die Tiere und die Natur auf sich allein gestellt, was in ihren Augen zwar immer noch eine harte, aber auch eine gerechtere Welt wäre. Die Juren (und ich glaube insgesamt die Mondwächter) sprechen den Tieren eine Seele zu und damit Empfindungen. (Ich gebe zu, dass ich diesen Gedanken beinahe teilen kann, denn wer einmal die Treue eines Hundes erfahren hat und seine verstehenden Blicke, seine lauschenden Ohren sah, der muss einfach glauben, dass sie mehr sind, als nur seelenlose Geschöpfe.)

Aber schließlich kam sie zum Kern ihrer Aussage, nämlich dass nur die Stärksten ihres Stammes überleben würde, genauso wie es bei den meisten Tieren ist. Sie nannte als Beispiel, dass bei den Wildschweinen etwa nur jedes 5. Ferkel überleben würde. Der Rest würde Opfer von Kälte oder Raubtieren. So wie die Tiere, sind auch die Juren bereit, Opfer zu bringen, damit der Stamm als Ganzes überlebt. Somit will niemand als das schwächste Glied in der Kette gelten. Dies sei auch der Grund, warum sie keine Mildtätigkeit und kein falsches Mitleid kennen, ebenso wenig, wie sie es empfangen wollen.

Es gehörte zu ihrer Überlebensstrategie unter sehr schwierigen Bedingungen, dass zum Beispiel erst die Krieger mit dem versorgt werden, was für sie lebensnotwendig ist, weil sie den Stamm als ganzes schützen können, als die Schwachen und darin sind Kinder inkludiert.

Das Leben hier, oder besser gesagt die Bewohner Amhrans, empfinden sie nicht nur als zu weich, sondern auch als Menschen, die mehr Worte haben, als Taten. Die lügen und betrügen und anderen das Wort im Munde zu ihrem eigenen Vorteil verdrehen. (Ich gebe ihr zum Teil recht, nur ist das ein genauso großes Vorurteil, wie wir sie gegenüber den Juren hegen.) Allerdings sieht auch sie die Gefahr, dass es sich das Volk der Juren hier in Amhran, mit Wasser und allem zum Leben im Überfluss, bequem machen wird; dass alte, traditionelle Werte verloren gehen und die amhransche Kultur mehr und mehr Besitz von ihnen ergreifen wird.

Allerdings behauptet sie auch, dass Juren die Lüge fremd sei. (Was noch zu überprüfen wäre.)

Desweiteren sind ihnen Unterordnung unter höhere Instanzen nicht fremd, was ja wohl eine Voraussetzung war, um einen Khan zum Ritter machen zu können. Zumindest werden sie versuchen, ihren Einfluss im Reich zum Ruhme ihres Stammes und des Lehens Greifanger zu vergrößern.

Lilja nannte einen Baum, an dem sie nur ein Ast seien, der mit den anderen Ästen nichts zu tun hätte. Allerdings sind die Äste nicht nur vom Wohlergehen des Baumes an sich abhängig, sondern auch vom Wind und vom Schatten, die andere Bäume oder auch Äste auf sie werfen. Wieder nannte sie das Beispiel, dass hier nur die Stärksten überleben würden.

Am darauffolgenden Tag - also heute - unterhielten wir uns über Gefährten und Stolz.

In der Wahl der Gefährten sind die Juren wohl recht frei. Einige nutzen die Möglichkeit, sich vor den Göttern zu verbinden, andere leben einfach so miteinander und trennen sich auch wieder. Einige Männer haben mehrere Frauen, wobei es wohl auch bei ihnen so zu sein scheint, dass dies Vorhaben meist an den eifersüchtigen Frauen scheitert.

Das Wort Stolz trägt für mich eher den üblen Beigeschmack von Hochmut, Arroganz und Selbstgefälligkeit, doch die Juren scheinen es gänzlich anders zu definieren, was ich sehr interessant finde. Lilja nannte auch zunächst die Punkte, die jedermann kennt, nämlich der Stolz auf die eigene Arbeit, auf das, was man selbst erschaffen hat. (Was ich eher mit Selbstachtung und Selbstzufriedenheit umschreiben würde.) So gesehen, gibt es sicherlich viele Dinge, auf die ein moralisch aufrecht lebender und fleissiger Mensch stolz sein kann.

Dann holte sie einen wahrhaft prachtvollen Hengst aus der Koppel und ließ ihn vor der Umzäunung laufen. Ein wirklich anmutiges und sehr beeindruckendes Tier, wie es mit hoch erhobenen Beinen und gebogenem Kopf durch den Schnee galoppierte und sich dabei wild und erhaben gebärdetet. Und ja, ich gebe es umunwunden zu, dieses Tier hatte etwas erhabenes, auch wenn mir klar ist, dass vieles davon in seine Natur gelegt wurde, um die Stuten zu beeindrucken (nicht viel anders, als auch bei uns Menschen). Dies ganze Gebaren aber nun, nannte Lilja 'Stolz'.

(So gesehen kann ich mit dieser Definition leben, denn es handelte sich um ein Tier. Bei Menschen aber verabscheue ich es meistens, denn wenn ausser dem stolzen Gebaren nicht viel mehr dahinter steckt, dann ist es nur eine hohle und wertlose Hülle. Ich werde nochmal mit anderen darüber reden müssen, da mir selbst so ein Gebaren, ja das Wort Stolz an sich immer noch suspekt ist.)

Der Stamm an sich ist klein, es gibt nur einige wenige Männer und Frauen. Falls ich richtig mitgezählt habe, sind es nur insgesamt 7 direkte Stammesmitglieder und einige Sklaven. (Fraglich, wie lange es dauert, bis sie ganz vom großen Amhran aufgesogen wurden und ihre Tradition Geschichte ist.)



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Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 01.02.2015, 23:47
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 03.02.2015, 20:15
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 09.02.2015, 13:17
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RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 20.02.2015, 17:00
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 26.02.2015, 19:46



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