FSK-18 Wer hat Angst vorm Juren-Mann?
#1
*in einem ledergebunden Notizbuch finden sich mit feinem Kohlestift gemachte Aufzeichnungen und Notizen, teilweise geführt wie ein Tagebuch, teilweise nur stichwortartige Notizen*




1. Hornung 1402

Ein ungewöhnlicher Auftrag, der mir anfangs Angst machte, dann aber meine Neugierde weckte. Mir klingen noch die Worte Garions im Ohr, dass man nur durch Offenheit gegenüber dem Andersartigen die Chance erhält, Dinge zu verstehen und zu ändern.

Nach der Ankunft im Jurenlager wurde ich durch den Khan begrüßt und ins große Zelt geführt. Wärme schlug mir entgegen, ganz unerwartet und ein Gemisch aus Kohle, Schweiß, Pferd und Leder reizte meine Nase. Ein Zelt, dessen Einrichtung zum einen zu der zentralen Feuerstelle ausgerichtet ist, über der ein Topf mit Tee vor sich hinsimmerte und zum anderen zu einer Art Fellthron, dem Sitzplatz des Khans. Der Boden ist mit weichen Teppichen, Fellen und großen Kissen ausgelegt, es dominiert die Farbe des Blutes, die man in den Teppichen, einigen Kissen und der Kleidung der Juren wiederfindet.

Der Khan selbst reichte mit eine Schale mit Tee, hieß mich so noch einmal Willkommen und gewährte mir die Gastfreundschaft in seinem Lager.

Mein Gastgeschenk schien er mit Zufriedenheit zur Kenntnis zu nehmen.

Eine kleine, dunkle und junge Frau betrat kurz nach uns das Zelt, die mir kurz darauf als Vischaja, Seherin der Juren vorgestellt wurde. Ihre durchdringenden Blicke spüre ich noch jetzt auf der Haut und mein erster Eindruck ist der eines Raubtieres, das seine Beute genau beobachtet, bevor es zum entscheidenden Schlag ansetzt.

Doch gestern Nacht muss etwas geschehen sein, das sie, den Khan und wohl auch den gesamten Stamm in Sorge und Trauer versetzt hat. Sie sprachen von einem Beben, von einem Zeichen der Götter und einer Freundin des Stammes, die sie verloren hätten. Dementsprechend war die Frau nicht gewillt, sich näher mit mir und meiner Anwesenheit auseinander zu setzen, plagten sie wohl andere Gedanken.

Der Tee schmeckte nach Kräutern und war leicht gesüßt, ich habe Salbei und Himbeerblätter herausschmecken können. Also nichts ungewöhnliches.

Stutenmilch ist eines der wichtigen Nahrungsmittel des Stammes. Ich habe sie pur probiert, auch wenn der Khan mir erzählte, dass die Amhraner in der Regel die Vermischung mit Met bevorzugen würden, aufgrund ihres fremdartigen Geschmacks. Sie scheint mir dünner, weniger fett und etwas süßlicher als Kuhmilch und in der Tat haftet ihr etwas Fremdartiges, aber dennoch nichts Widerliches an. Als reitendes Volk ist dieses Nahrungsmittel wohl immer verfügbar gewesen.

Der Khan erzählte mir von dem Leben in der Juretai, wenn auch nur recht oberflächlich. Bei dieser ersten Begegnung ging es wohl auch darum, sich kennen und einschätzen zu lernen. Er sprach von Feuchtstellen und endlosen Steppen ohne Wasser. Wohl der Hauptgrund, dass er den Weg nach Amhran auf sich nahm, durch die 'tosende Salzwüste', wie er es nannte. Sicher ein sehr windiger, trockener und sehr unwirtlicher Ort, doch er schien über die Reise nicht näher sprechen zu wollen, da viele seiner Landsleute auf dieser Reise den Tod fanden.

Er sprach auch von Sklaverei, die bei den Juren üblich zu sein scheint. Ich wundere mich, dass dies in Amhran geduldet wird, hat doch unser HERR selbst dafür gesorgt, dass wir diesem Joch entfliehen konnten. Ich glaube ihm, wenn er sagt, dass seine Sklaven es nicht schlechter hätten, als die Leibeigenen Amhrans, dennoch ist er damit Herr über Leben und Tod dieser armen Geschöpfe. Ich werde mehr darüber herausfinden müssen.

Er sprach davon, dass man die Alten, Schwachen und Kranken, kurzum alle die für den Stamm nutzlos sind, in der Steppe dem sicheren Tod überließe, um den Stamm zu schützen. Dennoch macht mir dies Angst, denn wie gut kann eine Gemeinschaft sein, die nicht willens, oder in der Lage ist, die Schwachen zu unterstützen?




*auf den letzten Seiten des Buches wird man Eintragungen zu einigen Personen finden*




Khan der Juren, Ser Saresh von Greifanger

Ein dunkelhäutiger Mann, etwa so groß wie ich, mit einem schönen Körper, soweit man diesen erahnen kann. Ein wilder Bart und noch wildere, zu verfilzten Locken gedrehtes langes Haar prägen sein Gesicht. Er strahlt das Selbstbewusstsein aus, das man von einem Führer erwartet, ich würde es nicht ohne weiteres wagen, mich seinem Wort zu widersetzen. Er scheint für einen Wilden einigermaßen gebildet zu sein, hat eine raue und kehlige Stimme und lacht oder lächelt wohl nur selten. Sein Gefallen an einer Sache drückt er eher mit einer Art humorvollem Schnauben und einem Blick seiner dunklen Augen aus. Elegante und kraftvolle Bewegungen, eine eher sparsame Mimik und Gestik, geprägt durch Disziplin und Entbehrungen?

Seine Freundschaft zu Garion hat mir den Mut gegeben, seinem Ansinnen nachzukommen und gibt mir die Sicherheit, dass ich nicht um mein Leben fürchten muss, wenn ich mich im Jurenlager befinde.

Ich vertraue auf Amhran und auf die mithrasgewollte Ordnung. Unmöglich, dass jemand zum Ritter ernannt wird, der nicht von unserem strahlenden HERRN selbst gewollt ist. (Ich frage mich nur, warum der HERR eine dicke, alte, rothaarige Mondwächter-Bäuerin zur Baronin erkoren hat, aber seine Wege sind unergründlich und bisher habe ich ihre Bekanntschaft noch nicht gemacht.)

Sein Verständnis von 'Diplomatie' habe ich in dem Vorfall mit Ihrer Seligkeit Winkel erlebt. Es war eher eine direkte Bedrohung, gefolgt von einem Ultimatum. Er erinnert mich an den Hengst, den Lilja mir zeigte.

Dar-dschen (mit sehr weich, kaum hörbar gesprochenem d-Laut)

Bruder des Khans, der sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm aufweist, auch wenn ihm das deutlich kriegerische, das den Khan stets umgibt, fehlt. Er ist ein Wildreiter (Jäger) und der Versorger der Pferde. Zudem baut er Nahrung für die Pferde an. (Sie mögen das Wort Bauer nicht, aber im Grunde ist er wohl genau das.)

Momentaner Gefährte von Lilja.

Vischaja, Seherin des Stammes und Gefährtin des Khans

Eine kleine dunkelhäutige Jurin, deren Präsenz einem als Aussenstehende die Umgebung gleich einige Grade kälter erscheinen lässt. Raubtierhafte Bewegungen, denen man die stetige Spannung ansehen kann, ein wacher und sehr durchdringender, beobachtender Blick. Wildes, langes, schwarzes Haar umrahmt ihr Gesicht, dunkle Augen.

Ihr wird kaum etwas entgehen und sie forderte von mir, meine Aufzeichnungen sehen zu können, bevor ich sie in einer endgültigen Fassung niederschreibe. Ich will ihr diesen Gefallen gern tun. Sie ist die Mutter des Säuglings Scharun, Stammhalter des Khans. Ob mein Gastgeschenk ihren Gefallen fand, war für mich nicht erkennbar, möglicherweise wird das Büchlein schon an diesem Abend im Feuer landen.

Doch ihr Lachen klang warm und weich und lässt mich hoffen, dass sie mich nicht zu ihrer Beute auserkoren hat, falls der Khan einmal während meiner Besuche nicht dort weilen sollte.

Lilja, Jägerin oder Kriegerin des Stammes

Sie wirkt kräftig und kriegerisch, in den Ausdrücken ihrer Mimik und Gestik eher sparsam. Ein Lächeln kann man sich auf diesem strengen Gesicht, das gänzlich faltenfrei und somit noch recht jung sein muss, schwer vorstellen. Sie scheint eine gewisse Abneigung, oder auch nur schlichte Verachtung für mich zu hegen, fraglich ob sich das je ändern wird. Auffällig ist aber im Gegenzug ihr sehr freundschaftlich wirkendes Verhältnis zum alten Ganter. Es kann also nicht daran liegen, dass ich kein Teil des Stammes bin.

Unser Verhältnis hat sich im Laufe der Zeit gebessert, auch wenn man es noch lange nicht freundschaftlich nennen kann, aber sie ist diejenige, von der ich die meisten Informationen bekomme.

Epona

Sie scheint die vorherrschende Göttin für die Juren zu sein, auch wenn des öfteren von 'den Dreien' die Rede ist. Ich werde weiteres in Erfahrung bringen.


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Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 01.02.2015, 23:47
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 03.02.2015, 20:15
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 09.02.2015, 13:17
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 09.02.2015, 21:54
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 16.02.2015, 17:34
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 20.02.2015, 17:00
RE: Wer hat Angst vorm Juren-Mann? - von Rahel Goldblatt - 26.02.2015, 19:46



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