Steilküsten und mehr.....
#4
Der Bund und ich

Fernab vom Südwald, in den Tiefen des Flüsterwaldes jagte ich Ley's Wurfäxte in den alten, maroden Baumstamm. Drei von Fünfen trafen nicht, was mir leise Flüche entlockte und mich umso beflissender weiterwerfen ließ, ein jeder Axtwurf für eine meiner Sorgen.
Die alte zerfaserte Baumrinde splitterte und löste sich vom Stamm, Wurf um Wurf ...
Hatte ich Gründe mich hier so zu verausgaben? Ein nagender Hauch an Unsicherheit durchzog mein Gedankengut, so viele neue Begebenheiten, neue Menschen die ich kennenzulernen und einzuschätzen hatte.
Dieses Leben unterschied sich so sehr von dem auf Reinos, dem Leben, in dem mir jeder Einzelne vertraut und bekannt war, um dessen dunkle Seiten ich wusste und mich zu schützen wusste. Hier jedoch fühlte ich die Unberechenbarkeit der Fremde an mir nagen, flüchtete mich hinter die vorgegaukelte Sicherheit meines Bogens, mich stärker darstellend als ich tatsächlich war.
Und natürlich weinte ich klammheimlich Tränen der Sehnsucht, sowie ich an unser Langhaus und an Mutter's Hafergrütze dachte, an mein Felllager aus Fuchsfell, den Brunnen mit dem klarsten Wasser der Welt, meine Pferde, Freunde und sogar an Vater. Doch einst gefällte Entscheidungen wollen getragen werden, eine weitere Axt schoß in Richtung Baumstamm, strich die bereits in ihm verkeilte und gab ein metallisches Klingen ab, sowie sich beide berührten.
Der Bund, was genau suchte ich in ihm? Ich zwang mich ehrlich zu sein, lenkte meine Gedanken von Serbitar's Zuneigung fort zu dem was den Bund darstellte, ohne mich abzulenken, was gewiss in den letzten Tagen nicht so einfach schien.
Vegard, ein gestandener Kämpe, ein Vorbild an Tugend und Kraft, ein Mensch, dessen Ideale mit der 900 Jahre alten Tradition des Bundes verschmolzen. Serbitar als Hauptmann, Askir als weitere starke Führungskraft, die Freundlichkeit der einzelnen, noch recht wage bekannten Mitglieder, all das gab mit Zuversicht, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben. Der Gerechtigkeit zu dienen, auch wenn es König, Clansoberhaupt, Schöffe und so fort unterlassen sollten. Ein hohes Ziel, das war mir schon bewusst.
Doch sollte es uns tatsächlich gelingen, würde ich mit dem Bund nach Reinos reisen und Vater zeigen, was wahre Gerechtigkeit ist.

Ein paar weitere Äxte landeten im Holz, mit jedem weiteren Gedanken den ich loswurde, verbesserte sich meine Treffsicherheit.. Gedanken an : Nara und Ley, diesen seltsamen adligen Ritter und seine Haushälterin, an jemanden der sich Dal Cais zu nennen schien und besinnungslos im Zweitürmen lag, an all die armen stinkenden Bettler des Armenviertels, die Ratten, die Räuber, an den Bundsbruder Aygo, der seinen Blick nicht von Serbitar's nackten Beinen nehmen konnte, und all die Dinge, die mich in diesem neuen Land beunruhigten.

Ich sammelte meine Äxte ein und schob sie hinter den ledernen Gurt, den Stand der Sonne ermittelnd und den Abend herbeihoffend. Vielleicht würde ich ihn heute wiedersehen, ihn, der es schaffte, allem einen Sinn zu verleihen. Ich nahm mein Pferd an die Zügel und lenkte sie vorsichtig durch das Dickicht, in Richtung Hort.
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RE: Steilküsten und mehr..... - von Brannagh Dal Cais - 26.09.2014, 13:35



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