Eine auffrischende Brise im alten Hafen
#2
Es war harte Arbeit gewesen, aber er hatte inzwischen beide Löcher bearbeitet. Verottete Schindeln, Bretter und auch den einen oder anderen Dachbalken entfernt - dadurch waren sie grösser geworden, aber er hatte damit etwas, womit er arbeiten konnte.

Es war nicht einfach gewesen, die paar Balken zu ersetzen, aber durch Winden, die er an die gut erhaltenen Balken festgemacht hatte, konnte sie hinaufhiefen und letztlich einfügen und befestigen. Nichts, was ein Zimmermann nicht konnte, der auf sich allein gestellt war. Sicher - er hätte Freunde herbei rufen können. Aber das war eine Sache des Stolzes. Seine Schreinerei würde er, soweit er es vermochte, selbst flicken, jawohl!
Nun sass er also oben auf dem Dach, Bretter neben sich, welche er einfügte und mit Geschick und Technik so einfügte, das er nur ein paar Holznägel und Eisennägel brauchte. Damit würde schon mal weit weniger Regen ins Haus kommen, soviel war sicher.

[Bild: Q6XT59.png]

Sich die Stirn wischend, blickte er umher. Die Welt sah von oben gleich anders aus. Er konnte aufs Meer sehen, welches in der Sonne glitzerte. Und in der Nähe... Einige Hafenkatzen lagen hier und da, manche im Schatten, andere in der vollen Sonne. Der Blick über die Nachbarsdächer machte ihn wundern, wie sie mit solchen Löchern in ihren Dächern noch nicht an seine oder Animars Türe geklopft hatten.
Dessen Haus konnte er auch sehen, wenn er den Kopf drehte und die Strasse runterblickte. In der anderen Richtung seine Kneipe, die er ab und an besuchte. Und wieder in die andere Richtung das auffällig grosse Anwesen des Bundes. Und hinter ihm... da konnte er ein paar Häuserspitzen der Altstadt sehen, die über die Mauer ragten.


Er blickte wieder herab, zu dem letzten Brett dieser Fuhre. "Wieder ans Werk..." murmelte er und nahm es in die schwieligen Hände. Er hatte noch drei Fuhren Bretter zu verlegen - ein weiteres hier und zwei bei dem weit kleinerem Loch auf der anderen Seite. Aber nach diesem Brett würde er erstmal eine Pause machen. Ein alter Mann war ja kein Rennpferd. Und er hatte es nicht eilig. Da konnte er sich ruhig eine Pause und ein Bier gönnen.
Kaum war das Brett, wo es sein sollte, begab er sich behäbig zur knarzenden Leiter und stieg herab. Die Dielen des Hauses gaben unter seinen Schritten dumpfe Geräusche von sich und Holzstaub wirbelte auf. Wenn alles Fertig war, würde er gründlich wischen - abschwabbeln - müssen.

Alles zu seiner Zeit - ging ihm durch den Kopf. Bedächtig goss er sich ein Bier ein blickte vom inneren des Hauses hoch zum Dach. Die Arbeit war ganz gut geworden. Die Bretter fügten sich nahezu Nahtlos zusammen. Hier und da würde er später Lehm verfugen müssen und das ganze mit Teer abdichten, aber das war in Ordnung. Aye... sein Dach würde bald fertig sein. Und dann kamen die Wände dran. Ein Mundwinkel hob sich und er prostete dem Dach mit einer lässigen Geste zu. Dieses Haus würde wieder klar Schiff gemacht werden. Seine Schreinerei würde bald als solche erkennbar sein. Und auch er würde wieder auf die Beine kommen.
In solchen Momenten wie diesen, befand er, war das Leben wahrhaftig gut.
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RE: Eine auffrischende Brise im alten Hafen - von Seamus Killian - 09.07.2014, 14:28



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