FSK-18 Animas Noctis
#18
„Oi! Wach auf!“ Ein Tritt gegen das Bein begleitete die kalten Worte, die durch den kleinen Stall hallten. Die zwei Kühe und der Gaul, die von dem Heu gefressen hatten, schauten zur Seite, was da los war. Sie waren ohnehin etwas überrascht, eine Gestalt im Stroh zu sehen – eine, die seltsam roch, hatten aber diesen weitestgehend ignoriert und gelegentlich von seiner Bettstatt gefressen. Nun bewegte sich die Gestalt unruhig, öffnete die Augen und blickte in des Jägers kühle Miene.
„Oh... Guten Morgen, Cole.“ Der Mann wirkte elend, auch wenn sein Gruß es nicht war. Er hatte eine unruhige Nacht gehabt – man sah es ihm an.
„Weisst du, wo du bist?“ Keine Antwort auf den Gruß. Statt dessen dies. Unterkühlt, aber ruhig, die Stimme leise in dem Stall, während er ihm eine Tasse mit dampfenden Tee hinhielt.
Der schwarzhaarige Mann mit den tiefen Augenringen unter der verschmierten Kohle sah sich einen Moment um. „Dein Stall...“ Er bewegte sich leicht und sofern er vergessen hatte, dass er gefesselt war, dürfte es ihm spätestens jetzt bewusst wieder werden. Er richtete sich auf und nahm die heisse Tasse dankbar entgegen, die Finger darum legend. „Was ist das?“
„Medizin. Trink das...“
„Drogen...?“
„Eine Droge, ja.. Medizin...“
Der Mann nippte an dem Tee. Schock zeigte sich auf seinen Zügen und er verzog den Mund, sich schüttelnd. „Was...?“ Er schluckte schwer.
„Medizin. Bitter, aye... Trink es. Nase zu und durch....“
Mochte es sein, das die unbeschreibliche trockene Bitterkeit des Tees, die einem die Hosen auszog und die Zunge derart erschrak, das der ganze Gaumen geschlossen davon laufen wollte, den Mann davon überzeugte, das es in der Tat eine 'Droge' sein musste oder einfach nur die Wärme des Tees es war, das ihm als Überzeugungsgrund reichte – er trank tatsächlich den Tee in einem Zug aus und schluckte schwer... sehr schwer... man sah, das sein Körper gegen den Tee kämpfte... unartikulierte Laute kamen aus der Kehle des Mannes... „Uuugh... Gögh.. Götter...so bitter... Was...?“
„Bärentraubenblättertee. Der Geschmack ist zum weglaufen, aber er hilft.“
„Wof...“ Die Hälfte des Wortes verschwand in einem Würgereflex. Aber Cole verstand.
„Gegen Blasenerkältung. Damit tut dir beim Pissen nichts weh.“ Gab Cole sachlich wieder.
Die Augen von Aygo öffneten sich, soweit es ging.
„Was...?“ Enttäuschung auf dem Gesicht? Hatte er gehofft, es wäre wirklich eine Droge? Bildete er sich wirklich ein, Cole würde ihm in seinem eigenen Haus Drogen geben?
„Du wirst es brauchen...“
Stumm kämpfte der Mann weiter mit den Nachwehen des Trankes. Als er nicht mehr würgte, sprach ihn Cole wieder an.
„Weisst du, warum du hier bist?“
„Hrm... du bist verärgert...?“ Gab er leise wieder und blickte an sich herab. Er war nackt, wie er auf die Welt gekommen war. „Mir ist kalt...“ Ja, das konnte man ohne Zweifel sehen. Von dem Ding, das Cole heute morgen massiv verstört hatte, war nicht viel zu sehen. Dem Mann war in der Tat kalt...
„Kannst du dich erinnern, was du getan hast?“ Die Augen des Jägers waren schmal. Der Blick gerade zu inquisitorisch, während seine Stimme zunehmend leiser wurde.
„Hrm... Aye... ich erinnere mich. Ich wollte spielen. Aber ich war müde.“
„Nackt...? Spielen...?“ Sein waldgrüner Blick senkte sich zu dem Seil, das seine Hände band. „Du wolltest mich vergewaltigen, Aygo... Dir ist klar, dass ich dich dann umgebracht hätte? Ich hätte dich gejagt, gefunden und über den Haufen geschossen.“
„Err... Gut, das ich es nicht getan habe...?“ Er bewegte sich leicht im Stroh und Cole seufzte leise.
„Dir tut kein bisschen leid, was du getan hast.“ Sein Blick taxierte ihn immer noch nachdenklich und seine Nüstern blähten sich. „Nein... so wie du jetzt bist, würde sich nicht mal ein verhungerter Wolf mit dir abgeben. Du stinkst...“
Angewidert wandte er das Gesicht ab und schaute in die Ecke des Stalls. „Cole, mir ist kalt. Lass uns ins Haus gehen...“ Die Stimme Aygos jammerte ihm in den Ohren – allein vom Ton wurde dem Jäger verständlich, das Aygo nicht begriff, in welcher Situation er war. Schliesslich ging er herüber und löste das Seil vom Pfosten. Doch Worte der Erleichterung wurden erstickt, als Cole den Knoten bei den Beinen griff und Aygo von der Strohbettstatt zerrte und über den Boden schleifte. Die Stalltiere schauten dem Paar verblüfft nach, während Aygo in die feuchte kalte Morgenluft gezerrt wurde. „Cole...? Cole...! Was...“
Er blieb ihm eine Antwort schuldig, während er ihn zum Brunnen zog und dort die Beine einfach fallen liess. Er lief zum Stall zurück und kam mit Schrubber und Seife zurück. Ein kühler Blick wurde Aygo entgegen geworfen, während er ihm leise sagte: „Es wird dir noch leid tun... Dafür sorge ich.“
Der Eimer des Brunnens wurde hochgezogen und über den nackten Mann entleert, der scharf einatmete ob der Kälte des Wassers. Hastiges Luftholen, während sich die Augen schockiert weiteten – nun war der Mann gewiss wach! Ein 2ter Eimer wurde über ihm ausgeleert, dann nahm Cole den Schrubber und die Seife und fing an, den nackten Kerl abzuschrubben – von Kopf bis Fuss – einzig die Körpermitte liess er aus. Sein Vorgehen war dabei keineswegs zimperlich und ein paar mal versuchte Aygo weg zu robben. „Halt still!“ Die Stimme so tief wie kalt, während er ihn an einem Arm zurück zum Brunnen zerrte. Grob fuhr er mit der Bürste dem Mann über den Rücken und den Hintern, seifte ihn ein. Aygo versuchte wieder, davon zu robben. Er mochte Rauheit, aber das hier war wohl nicht nach seinem Geschmack – eine Wurzelbürste und ein Bad in morgentlicher Kälte mit eiskaltem Grundwasser. Es war nicht länger einfach, ihn festzuhalten, denn der ganze Kerl war seifig. Sogar sein Haar seifte Cole ein und brummte unwillig: „Der Dreck kommt dir aus allein Poren. Nicht mal ein Hund würde sich mit dir abgeben.“ Dabei die Drogen meinend.
Schliesslich goss Cole dem Mann noch einige Eimer Wasser über den Kopf, die dieser laut klagend über sich ergehen liess, um dann vor Kälte schlotternt da zu liegen.
„Das sollte gehen...“ Gab Cole wieder, der Blick immer noch zornerfüllt und mit einem gewissen Grad an Verachtung gefüllt. Er liess ihn einfach liegen, goss sich die Seife von den Armen und begab sich in das Haus um ein Handtuch und eine Schüssel mit Wasser zu holen. Das Wasser in der Schüssel dampfte in der kalten Morgenluft.
Sorgfältig strich er Aygo, der inzwischen erschöpft und frierend da lag, das Wasser aus dem Haar und trocknete ihn dann ab. Die Arme, die Beine, Rücken und Brust... Schliesslich warf er ihm das Handtuch in den Schoss. „Den Teil trocknest du selbst.“ Der Blick Aygos hob sich zu Cole. Ohne die Kohle um die Augen konnte man klar die schweren Augenringe sehen. Die Zeichen der Zeit – und mehr noch die Zeichen des Drogenmissbrauchs. Zuviele Drogen, zu wenig Essen... Er war dünn, wenn nicht mager. Die Muskeln waren sehnig, gewiss, aber insgesamt war da nicht viel Muskelmasse an dem Körper. Wohl noch ein Grund, warum dieser magere Körper nun erbärmlich fror. Er zitterte, während er sich seinen Schritt trocknete, so gut er es mit gefesselten Händen tun konnte. „Darf ich jetzt ins Warme.. Mir ist kalt Cole. Es tut mir leid, wirklich! Ich werde nie wieder ungefragt in dein Bett...“
Cole ging auf ihn zu und setzte seinen Fuss auf Aygos Schulter, ihn damit umstossend, das er wieder der länge nach auf dem Rücken lag, Coles Fuss nach wie vor auf seiner Schulter. „Das ist erst der Anfang. Ich werde dafür sorgen, dass dir nie wieder so ein Gedanke in den Kopf kommt, egal wie berauscht du bist.“ Womit er die Schüssel nahm und ihm das warme Wasser über die Füsse goss. Erst zuckte der Mann zusammen, dann zischte er: „Das ist heiß.“ Der Blick Coles war kalt genug, das er eigentlich Wasser hätte gefrieren sollen. „Nein, ist es nicht. Deine Füsse sind nur kalt. Leb damit.“ Damit goss er weiter und tatsächlich empfand Aygon nur bei den Händen und Füssen as Wasser als 'heiß'. Die Füsse, die Kniee und -kehlen. Die Hände und Ellenbogen. „Was wird das hier...?“ Doch erhielt er keine Antwort. Auch der Hals und schliesslich der Torso wurden mit dem Wasser begossen. Es dampfte in der kalten Luft – und was immer das Wasser an Wärme mitbrachte, verflüchtigte sich rasch.
Die Schüssel beiseite stellend, griff er wieder dem Mann zwischen die Füsse nach dem Knoten und schleifte ihn mit sich. „Oi... Cole... Was wird das? Cole! Red mit mir!“ Aber er schwieg und schnaufte, während er ihn den Pfad zu den Pferchen entlang schleifte. Durch den Dreck, dann durch das taunasse Gras, als er das Gatter öffnete und den Mann in den grössten Pferch schleifte. Er schleifte ihn vorbei an Schaflosung und auch an dem einen oder anderem frostharten oder dampfend frischen Kuhfladen.
„Was bei allen Göttern...?! Cole?! Cole!!“
Kühe und Schafe als auch die grossen Hirtenhunde, die hier lernten, auf die Tiere acht zu geben, blickte das seltsame Paar an und beäugten sie mit dichtbewimperten Kuhaugen und unter leisem Blöken. Etwas verwirrt und verblüfft wirkten die Tiere, als Cole die Füsse wieder fallen liess, und sich umsah. Auch Aygo sah sich um und runzelte die Stirn. Was sollte er hier? Die Frage war klar in seinem Gesicht geschrieben. „Knackzahn!“ Ein Name nur, aber schon kam ein wirklich grosser Hund auf sie beide zu. Das Tier reichte ihm von der Schulter alleine her ein gutes Stück an den Schenkel hoch, war kleiner als die Jagdhunde, die bis an den Gürtel reichten von der Schulter, aber dennoch... Aygos Augen wurden weit und rund.
„Nein.. nein... Das ist nicht dein Ernst! Du willst mich doch nicht wirklich verfüttern?! Cole!“ Er grunzte, als er versuchte, sich zur Seite zu rollen. Er griff nach einem Büschel Grass zur Hilfe und riss etliche der langen tropfenschweren Halme heraus. Als Aygo sich wegrollen wollte in seiner Panik, setzte Cole ihm einen Fuss auf die Brust. „Das kannst du nicht! Das... Cole, nein!“ Schoss es aus Aygo hervor. Cole beugte sich runter und Aygo ächzte wegem dem zusätzlichen Gewicht auf der Brust. „Cole.... bitte.... nicht...“
Der Jäger patschte ihm friedlich auf den nackten Unterbauch. „Knackzahn, Platz!“ Der Hund schnüffelte an dem Mann und schaute Cole noch einmal an, den Kopf seitlich drehend, bevor er sich mit einem leichten brummen auf des Mannes Schoss niederliess. Ein zufriedenes Grunzen des Hundes und Aygo musste feststellen, das er erfolgreich festgepinnt war, denn der Hund war schwer.
„Was...?!“ Der Blick Aygos sagte so deutlich: Ist das alles?! Hatte er wirklich geglaubt, er würde gefressen werden?
Na vielleicht wird er sich das noch wünschen... Cole erhob sich und griff einem vorbei laufenden Schaf ans Horn. „Määäääh! Määäääääh!“ Das blökende Tier wurde zu dem Füssen Aygos geschliffen.
„Cole, es ist verdammt kalt hier... Was zum...?!“ Der Blick des erwachsenen Mannes war genauso trottelig verwirrt wie der des Schafs, als Cole dessen Maul zu den Füssen führte und es an diese rieb. „Määääh.“ kam es vom Schaf, das irritiert blökte und versuchte, sich dem Griff zu entwinden. Ein zweites Mal rieb er das Maul an den nassen Füssen und das Tier leckte sich die Lippen. Erneut ein Lecken... wieder und das Tier schnupperte an den Zehen. Ein Lecken, kurz und schnell war die Zunge, die über die Fusssohlen schnellte.
„Waaah! Das kitzelt!“
Ein Mundwinkel Coles hob sich und etwas düsteres schien in seinen Augen zu sein, als er sich gegen Aygo stemmen musste, der versuchte, seine Zehen aus der Reichweite zu ziehen. Wieder ein Lecken des Schafs, dann fluppte die Zunge flott zwischen den Zehen hin und her.
„Waaah! Nimm die weg! Das Kitz...hahaha....es kitzelt...!“ Ein Kichern brach aus Aygo hervor, als Cole die Füsse fallen liess und das Schaf selbstständig nach den Füssen leckte. Und leckte... und weiter leckte... Andere Tiere kamen herbei. Schafe, die dem ersten folgten. Dann Kühe... Kniekehlen, Ellbogen, die Brust... wo immer das Salzwasser ihn erwischt hatte, wurde er ausgiebig beleckt. Hunde kamen auch herbei und schnupperten Aygo das Gesicht, bevor sie sich entschlossen, das er ein interessantes Opfer ihrer schlabbrigen Zuneigung sein konnte – eines, das nicht weglaufen konnte.
„Viel Spass mit eurem neuen Leckstein...“ kam es knapp von Cole, ein knappes Lächeln in seinem Mundwinkel versteckt.
„Leck... Leckstein...?!“ Aygo wurde von seinem eigenen Lachen unterbrochen. „Cole... nein... Gnade... die Zungen.. kitzeln... und die Kuhzungen... sind rauuuuh....“ Dem Lachen gesellten sich Schmerzlaute hinzu, als die Haut aufgeraut wurde von lauter leckenden Zungen. Cole indes setzte sich auf einen Balken des Gatters und liess kreuzte die Arme über dem höher liegenden Balken, dem Spektakel zusehen. Und was war es für ein Gelache und Geautsche. Cole konnte zusehen, wie sich Aygos Haut an manchen Stellen rötete, wenn rauhe Tierzungen über dieselbe Stelle öfter strichen. Derweil versuchte der fast zu bemitleidende Kerl den Hundezungen aus dem weg zu gehen, die nicht vor dem Gesicht, vor den Ohren, vor dem Hals halt machten.
Zuhörend, zupfte Cole mit den Fingern Grashalm aus und spielte mit dem herum. Das Geflehe und Gejammer wurde lauter. „Coooooole! Gnaaaade! Cooooole! Ich werde... nie wieder... nie wieder.. Ich schwöööööre! Cooooole!“
Cole blickte hinüber. „Wenn du nicht aufpasst, landen deine Arme in einem Kuhfladen rechts von dir.“ kommentierte er und sah zu, wie Aygo daraufhin versuchte, sich zu drehen und das Gesicht weiterhin in den Armen zu verstecken. Aber es war Sinnlos. Nichts half ihm gegen eine Meute Salz-hungriger Tiere und schlecklustigen Hunden. Die Schreie des Mannes wurden lauter und schliesslich erhob er sich, hinüber schlendernt. Er blickte ihn einen langen Moment an.
„Ich wollte dich hier eigentlich eine Stunde lassen.“ Bei den Worten war Leid in den Augen des Mannes am Boden zu sehen. „Das ist Folter.... Bitte nicht...“
„Aye... Folter. Ich weiss. Wenn du nochmal versuchst, mich zu vergewaltigen... Werden es das nächste mal nicht Schafe und Kühe sein. Es werden Schweine sein, Aygo. Du weisst sicher.. hungrige Schweine.... fressen alles was nicht weglaufen kann.“
Ein schweres erschöpftes Schlucken von dem eingesabberten Aygo. „Ich... ich verstehe... Nie mehr... nie wieder...“
Ein Nicken von Cole, dann löste er die Knoten an Aygos Knöcheln und befahl dem Hund, an seiner Seite zu verweilen. Die Drei begaben sich zum Brunnen, wo Aygo freiwillig ein weiteres Bad nahm, um sich von der Schlabberei zu befreien. Hernach gingen sie ins Haus, wo Aygo wie ein Haufen Elend auf dem Kuhfellteppich sass, in ein Handtuch und das Kuhfell gewickelt. Und dann unterhielten sie sich. Es war ein relativ angenehmes Gespräch. Der Zorn Coles war weitestgehend verraucht. Der Hund an seiner Seite mocht dazu beitragen, denn seine Anwesenheit hielt Aygo davon ab, weiteren Frotzeleien nach zu gehen. Sie sprachen über Drogen. Wie Aygo zu den Drogen kam, was sie aus ihm gemacht hatten. Und wie sie letztlich ihn in diese Lage gebracht hatten. Das sie wohl eines Tages sein Tod sein würden. Cole hatte den Eindruck, das er verstand. Wirklich verstand... Der Eindruck verstärkte sich, als Aygo im Hof seine letzten Vorräte an Drogen verbrannte. „Irgendwie bist du ja doch kein schlechter Mensch...“ Cole meinte es genauso wie er es sagte. Aygo war im Grunde kein schlechter Mensch... Wenn er nicht unter Drogen stand... und dadurch nicht versuchte, irgendjemandes Arsch ungefragt in Besitz zu nehmen...
Mit einem Seufzen liess er einen erschöpften und geschlagenen Aygo von dannen ziehen. Der Mann wirkte völlig fertig mit der Welt...

Einige Tage später. Cole kam heim von der Jagd, seine Beute über der Schulter. Er würde sie schnell ausnehmen und abdecken müssen, denn es war manchmal inzwischen warm genug, das die ersten Fliegen unterwegs sein konnten. Seinen Bogen und seine sonstigen Jagdwaffen ausser seinem Sax ablegend, blickte er sich knapp um – und entdeckte etwas auf dem Fasstheke. Eine Flasche stand da. Die Brauen zusammen ziehen, ging er herüber und lass das Schreiben unter der Flasche. Es war von Aygo... Eine Flasche mit Pfirsichschnaps. Zielwasser also... Eine Entschuldigung? Vermutlich. Die Flasche wieder hinstellend, begab er sich nach draussen und ging seiner Arbeit nach. Zwischenzeitlich machte er Feuer im Ofen um wieder nach drausen zu gehen.
Frisch am Brunnen gewaschen kehrte er zurück, sich gerade noch abtrocknend, bevor er sich einen Kurzen von dem Zielwasser eingoss und ihn sich genehmigte. Irgendwie schmeckte er anders als erwartet. Vielleicht waren ja noch Kräuter in dem Schnaps drin. In das Feuer des Ofens blickend genoss er den Geschmack und kippte dann das Getränk herunter. Hernach liess er das Feuer im Ofen auf kleiner Flamme weitergehen, während er die heutigen Jagdergebnisse in einer Kladde festhielt. Er war gerade dabei zu beschreiben, in welche Richtung das Wild zog, als er merkte, das die Buchstaben vor seinen Augen sich seltsam bewegten. Seine Gedanken drifteten ab, hielten sich an einzelnen Wörtern auf, Zeilen, eben noch seinem Geist, verflüchtigten sich... Ihm fiel auf, das die frische Tinte auf dem Papier einen Geruch hatte... der ihn irgendwie störte, leicht säuerlich war.
Als er aufblickte, drehte sich die Welt für einen Moment... und dann sah er alles glasklar. Ein früher Marienkäfer krabbelte die Wand entlang. Zu früh für ihn, denn Cole wusste um den Frost, der noch nachts herrschte. So fein die winzigen Bewegungen des Marienkäfers – er konnte seine Punkte zählen – wirklich ein Siebenpunkt – aber nicht rot mit schwarzen Punkten, nein Schwarz mit roten Punkten. Die sind seltener....Von dem Marienkräfer driftete sein Blick zu dem Holz ab, auf dem er krabbelte. Astknoten hier und da. Schön geschwungene Formen, die ihn an Dinge erinnerten, die er erahnte, aber nicht ganz erfassen konnte. Ihm war, als könnte er das Holz riechen... nein nicht nur riechen... schmecken fast, so stark war der Geruch des Dachgebälks, das ihn umgab.
Und mit ihm vermischte sich der Geruch nach... Rauch... Holzbrandt. Er hörte es knacken und sein Kopf ruckte zur Seite. Ein Funken stieb aus dem Ofen, glühte durch die Luft und schwebte empor, bevor er, er kalten, wieder zu Boden sank. Wieder knackte und knisterte es, die Geräusche und begleitenden Gerüche stark, das er sich für einen flüchtigen Moment fragte, wie in aller Welt er dabei schlafen sollte. Wellen ströhmten aus dem Ofen, Hitzeflimmern, das den heissen Wogen gehorchte, das die Flammen im Herzen des Ofens ausmachte. Er starrte auf das Flimmern eine Zeitlang. Wie lange? Das wusste er nicht.
Das Fiepen von Sturmfang riss ihn aus den Gedanken und er richtete den Blick auf den übergrossen Hund. Sturmfang war wahrhaftig ein prächtiger Hund. Teils Wolf war er nicht gerade freundlich, aber es würde keinen besseren Wachhund als diesen geben. Nun beobachtete der Wolfhund ihn, legte die Ohren an und gab wieder ein Geräusch von sich, ganz leise, das ungewöhnlich für ihn war. Was hat er...? Als er sich erhob, um zu dem Hund zu gehen, schwankte die Welt und kippte.
Schmerz... Sein Knie hatte er sich angestossen, als er umgekippt war und sich auf dem Boden wieder fand. Was in aller Welt... Nein.... Was war los mit ihm? Das Verhalten seines Hundes, der leise knurrte, nicht aus aggression, sondern weil er verunsichert war, sagte alles. Es war nicht die Umgebung. Keine Gase im Haus. Nichts dergleichen. Es lag nicht am Haus. Es lag am ihm... Wieder schwenkte er den Kopf. Das Gesehene verwischte, als würde sein Auge das Gesehene verzögert weiter reichen an seinen Geist. Und doch... er konnte unglaublich klar sehen, wenn er nur hinsah und stillhielt... Sein Blick schwamm zu der Flasche, die wieder verschlossen da stand.
„Götter...“ ächzte er. Er verstand. Verstand mit einer unerschütterlichen Klarheit, die an Wissen grenzte – etwas, von dem er eigentlich meinte, dass Menschen selten gegeben wurde, einer göttlichen Eingebung seiner Meinung nach nicht unähnlich. Nicht angelesenes Wissen oder dergleichen. Vielmehr, wie eine Mutter wusste, das ihr Kind tot war, obwohl dieses an einem völlig anderem Ort war. So fühlte er jetzt jedenfalls. Eine scheinbar andere Form der Wahrnehmung. Stärker auf die Sinne bezogen. Sein Geist...
Nein... Nicht die Gedanken abdriften lassen! Drogen... Aygos Geschenk war Drogenversetzt. Was... Was hatte er ihm gegeben? Er wusste es nicht. Er konnte nur hoffen, das es nichts war, das abhängig machte... Er erhob sich und schwankte stark, hielt sich an der Fasstheke fest. Sich hier und da festhaltend bewegte er sich auf das Bett zu und liess sich hinein fallen. Was immer an diesem Abend noch kommen mochte – er würde dieses Bett nicht mehr verlassen, bis es vorrüber war.
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Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 13.02.2014, 19:48
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 23.03.2014, 21:39
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 27.05.2014, 01:15
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 02.10.2014, 01:56
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 02.10.2014, 16:00
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RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 02.12.2014, 00:13
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 11.03.2015, 21:20
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 18.03.2015, 00:50
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 24.03.2015, 21:39
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 13.08.2015, 23:40
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 20.11.2015, 00:03
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 05.02.2016, 23:26
RE: Animas Noctis - von Cole Dunmoore - 06.02.2016, 22:15
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 06.02.2016, 23:16
RE: Animas Noctis - von Cole Dunmoore - 07.02.2016, 19:53
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 08.02.2016, 01:33
RE: Animas Noctis - von Cole Dunmoore - 23.02.2016, 01:36
RE: Animas Noctis - von Cole Dunmoore - 24.02.2016, 01:02
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 24.02.2016, 02:09
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 02.06.2016, 00:39
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 11.09.2016, 15:39
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 04.10.2016, 15:00
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 20.03.2017, 23:50
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 26.05.2017, 18:52
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 21.02.2018, 23:44
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 06.04.2018, 23:37
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 26.06.2018, 18:31
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 27.06.2018, 21:27
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 13.07.2018, 18:31
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 09.08.2020, 22:54
RE: Animas Noctis - von Aygo Vandokir - 08.09.2020, 19:45
RE: Animas Noctis - von Aki Durán - 30.09.2020, 14:29



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