Hammer und Amboss - Aus dem Leben eines Schmiedes
#28
Forschung: Plattenhandschuhe aus Rabenstahl - Abschließende Arbeiten

Er sitzt schon eine Weile da und starrt den Handschuh an. Die Wut brodelt noch leise, obwohl er die nötigen Maßnahmen ergriffen hat. Der Dolchstich war gut gesetzt und die Wunde blutet noch immer die Bandage voll, aber der Schmerz reicht trotzdem nicht aus, um die Situation zu verdrängen und ihn gänzlich abzukühlen. Aki hatte gehofft die Arbeit würde ihn schon ablenken, aber ein nächtlicher Spaziergang an der Küste wäre wohl abkühlender gewesen.
Da er zwangsläufig den Handschuh ansieht, kann er Liam's Hammerschläge vor seinem geistigen Auge nachvollziehen. Er erkennt dessen Handschrift und das was er sieht, stimmt ihn eigentlich zufrieden. Wo auch schon das Problem liegt. Aki kann nicht abschätzen, wie lange Liam untertauchen wird und, ob er sich überhaupt nochmals in seine Nähe wagt. Er kann sich auch schlecht erkundigen, wie es seinem Lehrling geht, denn die Erinnerung, was er ihm angetan hat, ist in der Wut untergegangen. Wie so oft. Auf der anderen Seite will er nicht daran denken, denn er zieht eine gewisse, sadistische Freude aus dem Gedanken, dass Liam's Kehle dank Aki's Zutun in den nächsten Tagen freudig die Farbe wechselt. Hat Liam niemand vorgewarnt?
Der Hüne schiebt es stur auf die Tatsache, dass Liam etwas ausgeplaudert hat, das er ihm im Vertrauen gesagt hat. Er bringt ihm Wissen über das Schmiedehandwerk bei, das sein Lehrling zum Teil nicht leichtfertig Preis verplappern soll. Wenn er schon keine Skrupel hat private Aussagen weiter zu geben, wie steht es dann um Schmiedegeheimnisse?
Natürlich ist das eine reine Vertrauensgeschichte und hat nichts mit Kontrollsucht und Dominanz zu tun. Das redet Aki sich strikt ein und darin ist er gut. Jahrelange Übung. Er hätte seinen früheren Meister nicht in Verlegenheit gebracht, nur um die Aussicht zu verbessern, unter den Rock einer Frau zu kommen. Ein schiefes Grinsen bildet sich auf den grimmigen Zügen. Oder doch?

Schlussendlich kann sich der Meisterschmied doch dazu durch ringen, am Plattenhandschuh weiter zu arbeiten. Die Nacht ist bereits eingebrochen und er zündet die Wandfackel an, um das Licht des wachsenden Vollmondes zu unterstützen. Die letzten Details und der Feinschliff steht aus, bevor der Handschuh fertig gestellt ist. Immerhin will er das Werkstück am Tag der Sonne Lugh als Gabe opfern und dazu soll es annähernd perfekt sein.
Er bringt ein Kanteisen in der hauseigenen Esse zum Glühen und klopft damit nah an der Öffnung des Handschuhs eine zierende, v-förmige Kuhle ins Metall. Den Vorgang wiederholt er zwei Mal, um eine zusätzliche, zierende Struktur in das mattschwarze Metall zu arbeiten. Anschließend meiselt er, ähnlich tief wie die Verzierung, eine Lugh Rune in den Unterarmteil des Handschuhs. Die Skizzierung der Rune hat er an die mysteriösen Prägung in der letzten Opfergabe angelehnt.

Als beide Zierden gesetzt und mit fachmännischem Blick überprüft wurden, schleift Aki das Metall ab und schenkt der matten Optik Glanz. Die großen Flächen vermag er mit dem fußbetriebenen Schleifstein zu bearbeiten, die feinen Platten und Fingerschuppen schmirgelt er mit einem handflächengroßen Stück rauem Papier. Um die Beweglichkeit zu sichern, haben sie zahlreiche Einzelplättchen verarbeitet und vernietet, von denen jedes einzelne Zuwendung verlangt.
Sobald das Metall glänzt, stechen die vernickelten Nieten umso mehr hervor. Der Hüne schürt mit Bruchholz die Glut der Esse, bis Feuerzungen hinauf züngeln. Vorsichtig und punktuell setzt er den Handschuh dem Feuer aus und schwärzt die Nieten, sodass sie mehr mit der Farbe des Rabenstahls harmonieren. Nur die Nieten an den Riemen mit Schnallen, die dazu dienen den Handschuh passgenau an der Hand zu fixieren, entgehen dem Feuer, denn der Schmied wartet, bis nach der Schwärzung, um jene anzubringen. Das dunkelbraune Arbeitsleder würde nur unnötig fleckig werden.
Zuletzt ölt er das Scharnier, das Daumenschutz und Handschuh verbindet, sowie die Fingerglieder und arbeitet das Schmierfett durch Bewegung des Handschuhs ein. Mit einem Polierleder bearbeitet er die Oberfläche des Handschuhs, bis er sich darin spiegeln kann. Er bettet den Handschuh in einem gepolsterten Kästchen und verstaut ihn an einem sicheren Ort, an dem er unbehelligt auf den Tag der Sonne harrt.

[Bild: c8conper.png]
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