Eine Jägerin und ihr Leben
#2
Nass... Bis auf die Knochen. Das Haar hing in gelockten Strähnen von ihrem Kopf hinab, die Kleidung war durch, die Stiefel voller Schlamm. Der Aufenthalt in den Wäldern wurde immer unangenehmer. So zog es sie oftmals wieder zurück in die Stadt und in das Haus Eulenruh, zu dem sie nun gehörte. Dort entledigte sie sich zunächst der nassen Kleidung und sie wärmte sich etwas auf, ehe sie sich in ein schlichtes Kleid warf... ein seltener, aber nun nötiger Anblick... und wieder vor die Tür ging, um sich in der Stadt umzuhören. Sie wusste, dass die Keuche erneut ihre Bahnen zog. Vorsicht war also geboten und sie machte einen Bogen um alles, was hustete oder sich räusperte. Bisher hatte sie sich sehr gut vor der Keuche retten können und hat lediglich mit angesehen, wie die Kranken verscharrt oder davon geschafft wurden. Doch das Glück, das wusste sie, war einem einzelnen Menschen nicht immer hold und so wusste sie, dass auch sie auf ihre Gesundheit gut acht geben musste.

Bei ihrem Gang durch die Stadt hörte sie allerlei Getuschel und Gemurmel, welches sie dieses Mal zum Großen Teil ignorierte. Einer der Aushänge der Obrigkeiten der Stadt war ihr ins Auge gefallen und aufmerksam las sie Zeile für Zeile.
Den ersten Punkt nahm sie mit einem müden Schmunzeln hin. Wo war euer Mithras jetzt, wo die Keuche zurück kehrte? Er tat nichts und so würde es bleiben. Da vertraute sie doch auf ihre Götter, bei denen sie mehr Geborgenheit fand.
Sich in Reinlichkeit üben... Nun für sie war es nun keine Schwierigkeit. Dank der Unterkunft im Hause Eulenruh war sie so sauber wie nie zuvor.... wenn sie nicht gerade die ein oder andere Schlammschlacht im Wald ausgefochten hatte.
Den dritten Punkt nahm sie so hin, was sollte sie auch anderes tun. Sie selbst vermied ja den Kontakt zu jemanden, der hustete.

Es war der vierte Punkt, der ihre Stirn kurz kräuselte. Die Sache mit den Ketzern verstand sie noch, aber der zweite Satz stieß ihr sauer auf. Man müsse das ganze Armenviertel anklagen, wenn es um die Reinlichkeit geht. Die Menschen dort hatten doch nichts, um sich ausreichend zu schützen. War das ihr Ziel? Das Armenviertel räumen? Nicht zum ersten Mal in ihrem jungen Leben waren Männer durch die Gossen gelaufen, um den einen oder anderen kränklichen Mann aus ihren Reihen zu ziehen.

Das Haupt schüttelnd las sie weiter. Den fünften Punkt quittierte sie mit einem Nicken... Doch der Sechste ließ sie fluchen. 2 Löffel Lebertran und an drei Tagen Fisch. Wie sollten sich die Armen in den Gossen solch Mengen leisten können? Sich die Haare aus dem Gesicht streichend wandte sich die junge Jägerin um und eiligen Schrittes eilte sie durch die Straßen. Sie hatte selbst nicht viel, aber das was sie hatte, würde sie gut nutzen.

Im Hause Eulenruh sah man die Neue kräftig nach einigen Stoffen suchen, die sie in Tücher zurecht schnitt. Dazu holte sie bei etwaigen Händlern so viele Flaschen Lebertran, wie sie nur bezahlen konnte, um dann mit Tuch und Tran ins Armenviertel zu eilen. Dort verteilte sie die Tücher unter den Ärmsten der Armen und teilte den Lebertran sorgfältig auf. Wenn sonst auch niemand an die Armen dachte, sie tat es mit Leib und Seele, denn auch sie lebte einst hier... und fühlte sich auch immer noch mit dem Viertel verbunden. Und so arbeitete sie fleißig zum Schutze der Armen.
[Bild: vqqsduxq.png]
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RE: Eine Jägerin und ihr Leben - von Kyra Silberblick - 06.11.2013, 11:36



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