[FSK-6] Amhraner Märchenstunde
#5
Der Tod der Schlange


Die Schlange kannte man als ein gefährliches Tier, als ein Tier, dessen Gift langsam tötete, lange nach dem Biss. Was noch weniger wussten ist, dass es sich bei der Schlange um ein sehr weises Tier handelte – so hieß es in alten Legenden, dass die Geschichte des Universums auf ihren Schuppen geschrieben und ihr somit offen stand. Für die meisten Tiere blieb die Schlange allerdings ein sehr gefährliches Tier, und so entschied der Kranich die Katze, seine treuste Untergebene, zu schicken. Die Katze und die Schlange hatten oft miteinander gekämpft, jagten sie doch beide ähnliche Beute, aber nie gingen sie bis aufs Äußerste, da beide stets fürchten mussten, bei einer kleinen Unaufmerksamkeit in einem kurzen, grausamen Kampf ihr Leben zu lassen. Dazu kam, dass die Katze vor nicht allzu geraumer Zeit im Kampf um eine erbeutete Krähe auf einem Auge geblendet wurde – so umschlichen die Katze und die Schlange einander lediglich. Die Katze war allerdings auch eine Streunerin, stets schwer zu finden – er brauchte stets jemanden, der seine Nase nur zu gern in das steckte, dem andere keine Gedanken mehr widmeten, um sie zu finden. So kam es, dass der Kranich seine Botin ausschickte, die Ratte, um mit der Katze zusammen einen Plan zu ersinnen, wie man die Schlange vertreiben könne. Nun waren die Katze und die Ratte aber uralte Feinde. Während die Katze ein Freigeist war, war es das tiefste Bedürfnis der Ratten, nach allem ihre Pfoten auszustrecken dessen sie habhaft werden konnten, so viel zu besitzen wie es nur ging, und zu kontrollieren wen man nur kontrollieren konnte. Ganz zu schweigen davon, dass die Katze stets ihren angestammten Platz im Hause des Menschen unter der Prämisse Ratten zu töten hatte. Die Katze wusste, dass sie die Ratte nicht einfach töten konnte, sie war schließlich eine Botin des Kranichs, und die Ratte wusste, dass sie besser nicht allein erschien, wenn sie nicht Schwanz oder ein Ohr bei einer Unterredung lassen wollte. Die Diskussion war eine hitzige und beide Seiten witterten Tücke und Verrat, aber sie entschieden, dass man gemeinsam den Angriff auf die Schlange wagen sollte. Wenn die anderen Ratten die Schlange ablenkten, hätte die Katze genug Zeit um die Schlange zu töten, bevor jene zum zweiten tödlichen Biss ansetzen konnte. So stellten sie die Schlange nahe ihres Nests, und jene schien sehr verwundert, als die Ratten zusammen mit der Katze erschienen. Ohne Zeit zu verlieren griff die Katze an und die Schlange verteidigte sich. Auf den ersten Pfotenschlag, folgte der erste giftige Biss. Die Schlange allerdings bemerkte, dass keine der Ratten sich an dem Kampf beteiligte – und als ihre Weisheit sie zum innehalten brachte und sie dazu ermahnte dass nicht die Katze hier ihr Feind war und sie plötzlich begriff was die Ratten eigentlich vorhatten, war es um sie geschehen. Die Schlange war tot und die Katze vergiftet, verletzt und außer sich vor Zorn und als sie die Ratten zur Rede stellen wollte, griffen diese sie an. Ein weiterer wilder Kampf entbrannte, und als die Katze siegreich war, sank sie schwer verwundet, vom Gift geschwächt, sterbend zu Boden. Und als sie müde und dem Entschlafen nahe zwischen den toten Ratten umher blickte, erblickte sie „die“ Ratte nicht. „Du siehst richtig. Ich habe keine Kralle gerührt. Der Auftrag ist erfüllt. Danke dafür. Nun da du wohl nicht mehr länger bei uns bleiben wirst, wird der Kranich eine neue Vertraute brauchen. Auch danke dafür. Und nun wo die Schlange tot ist, ist ihr Nest unbewacht. Abermals stehe ich in deiner Schuld. Und weil du so gut warst die anderen Ratten umzubringen, werde ich weder die Eier der Schlange, noch den Dank des Kranichs teilen müssen. Auch hierfür danke. Und nun wo die Schlange tot ist wird es außerdem niemanden mehr geben der meine Pläne so leichtfertig durchschaut.“ fiepte die Ratte voller süffisantem Hohn ehe sie in dem Nest der Schlange verschwand. Die Katze verfluchte diesen Tag als den Tag an dem sie sich mit einer Ratte eingelassen hatte...doch nicht lange – ihr wehklagendes Miauen verstummte, als sie das sanfte Schlagen mächtiger, schwarzer Schwingen vernahm, als die Freundin nahte um die Seele der geschundenen Katze an einen besseren Ort zu tragen.
"We are your voodoo vampire neighbours."
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RE: [FSK-6] Amhraner Märchenstunde - von souvenance - 30.10.2013, 16:39



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