FSK-18 Voyeur
#14
Nähe




Seine Umgebung ähnelt schwarzem, schwerem Samt. Er bildet sich ein in dem Dunst Schemen von Gestalten und Gebäuden zu sehen, aber nichts, dass er benennen kann. Einer der, sich krümmenden und windenden Nebelschwaden lockt seine Aufmerksamkeit und er fokussiert den Blick dort. Durch den Qualm, der die schlanke Silhouette umhüllt wie Rauch tritt ein Mann hervor, einen Kopf kleiner als Aki. Er trägt dunkel gefärbtes, teuer wirkendes Leder, das sich eng um die grazilen Beine und die schlanke Hüfte schmiegt. Dazu einen Morgenmantel, welcher der Umgebung entspringen könnte, gewichtig und samtig. Das Kleidungsstück schleift sachte am Boden und wirbelt dort den Nebel auf, als wäre es Staub. Der Mantel steht an der Front offen und entblößt feste Muskeln, die dank der Alabasterhaut wie aus Marmor gemeißelt wirken.
Die Erkenntnis und die damit einhergehende Ruhe legt sich auf den Hünen und zwingt die breiten Schultern zur Entspannung. Als der Mann elegant neben ihn tritt und die schlanken, langen Finger sachte auf Aki‘s Schulter legt, reagiert er weder distanziert noch ablehnend. Er lässt die Nähe zu und starrt direkt und innig in die blauen Augen, die ihn ansehen. Das Gesicht des Silendirer ist so makellos, wie er es gewohnt ist. Minimale Lachfältchen um die Lippen geben den nahezu weibischen Lippen etwas arrogantes. Für einen Augenblick der Nähe schmiegt Orestes die Stirn an Aki‘s dargebotene Schulter, dicht neben dem abgelegten Fingern. Die Berührung ist minimalistisch, denn Orestes kennt die Grenzen nur zu gut, aber gewichtig genug, um eindeutig zu sein.
Man würde dem aristokratischen Mann keinerlei Gewalt zutrauen, keine Hinterlistigkeit und keine schmutzigen Gedanken. Dafür ist er zu schön, zu überlegt und zu kultiviert. Auf den ersten Blick traut man ihm nicht zu, dass er selbstsüchtig sein kann, gierig und martialisch. Eigentlich sollte man meinen das trifft mehr auf Aki zu, aber in der Hinsicht sind sie gleich.
Der Kontakt währt nicht lange, denn weitere Schemen lösen sich aus dem Vorhang und bewegen sich träge auf sie zu. Jedoch schwebt die Angriffslust in der Luft, wie feiner Wasserdampf. Orestes schlanke Finger gleiten an Aki‘s Brust hinab, den wachsam angespannten Bauch passierend, bis zu dem Messer, dass sich dicht an seinen Oberschenkel schmiegt. Mit einem demonstrativen Ruck wird die kleine, verheerende Klinge gezogen und der Bewaffnete wendet sich in einer anmutigen Bewegung. Die Bewegungen des schmächtigen Mannes sind zugleich fein und verheerend. Die ersten drei Schemen sind für ihn bestimmt, denn drei brünette Schönheiten wagen sich aus dem Nebel und attackieren Orestes wie Furien mit ausgefahrenen Krallen. Aki ist die Ähnlichkeit nie aufgefallen, welche die drei Frauen aufweisen, die einst sein Bett teilten. Umso sichtbarer wird das Beuteschema des Hünen. Er kann sich an die Namen erinnern und nennt sie in seinem Kopf eben so rasch, wie die scharfe Dolchklinge sie nieder streckt. Wenn Orestes tötet, geschieht es mit einem triumphierenden Lächeln, das Verzücken in die himmelblauen Augen ruft. Er geht entschlossen vor und stört sich nicht an dem warmen Blut, das Haut, Gesicht und Mantel befleckt. Die Frauen vergehen in dichtem Rauch und lassen den ansehnlichen, befleckten Mann alleine zurück. Die hellen Augen treffen Aki‘s und ziehen sanft an seinem Kopf vorbei, dort eine Regung beobachtend.
Die kräftigen Finger greifen instinktiv an den Flegel, der am Gürtel baumelt, ein Knüppel mit rasselndem Ende. Die Waffe ist bei Notwendigkeit schnell zur Hand und ähnelt bei der Benutzung der alltäglichen Bewegung beim Hämmern. Dreimal schlägt Aki auf den Mann ein, der sich aus der düsteren Umgebung löst, obwohl es zwei Hiebe mehr als nötig sind. Das Gesicht, nahezu so blass wie Orestes‘ und geschmückt mit strohblonden Haaren, verzerrt sich vor Schmerz und Verlust.
Kaum, dass Aki die beiden erlegt hat und sich voller Adrenalin und mit bebenden Muskeln umwendet, vollzieht Orestes eine Piruette und rammt einem Mann mit grüner Kapuze den Dolch direkt in den Brustkorb, dort, wo das Herz schlägt. Als die Kapuze zurück schwappt, wird ein schwarzer Haarschopf sichtbar, aber Aki weiß schon längst, wen er vor sich hat. Ein gedämpfter, zarter Gedanke schiebt sich in seinen Kopf. Wer bleibt noch übrig?
Die Frage bleibt nicht lange unbeantwortet, als Hand in Hand zwei Rothaarige aus dem Dunst treten. Der Mann besitzt markante Züge und gespenstiger Blässe, die Frau hat ein bezirzendes Lächeln aufgelegt, das unecht wirkt und ihre Rundungen sind straff nach oben gepresst. In gewisser Weise passt es, erwägt Aki, bevor er sich zusammen mit Orestes voran stürzt, geeint und entschlossen, als wären sie ein Mann. Obwohl unausgesprochen bleibt, welches Ziel wem gebührt, besteht eine nonverbale Übereinkunft zwischen den beiden. Orestes rammt der Rothaarigen das Messer direkt zwischen die Brüste, während der Hüne sich den Rotschopf vornimmt, unbeirrt auf dessen Heiligtum zielend. Als die beiden in Nebel vergehen und die Mörder mit Blut besprenkelt einander anblicken, knüpft sich eine unsichtbare Verbindung zwischen ihnen, als die letzten Geister der Vergangenheit nieder gestreckt sind.
Aki greift nach Orestes leicht kantigem Kinn und hebt es an. In den fast grauen Augen liegt die gleiche Dunkelheit und Angriffslust zugrunde wie in den hellblauen. Das einvernehmende, feine Lächeln klebt immer noch auf Orestes Zügen, selbst als er Aki den Messergriff darbietend gegen die Brust drückt. Der Hüne greift zu und wendet die Klinge in seiner Hand. Plötzlich gibt es nur noch die beiden und den Dolch. Dank der Stille wird das zarte Schaben hörbar, als die Messerspitze an Orestes zarter Kehle hinauf rutscht, von der Narbe an der Kehle, für die gewissermaßen Aki verantwortlich ist aus, in Richtung Kinn hinauf. Orestes Kehlkopf zuckt beim Schlucken, jedoch hält er abgesehen davon ruhig, wie eine Statue. Die stahlblauen Augen beobachten die Hauptschlagader, die unter der zärtlichen Berührung der scharfen Spitze pocht. Das sinnliche, überhebliche Lächeln beherrscht immer noch die Züge und lässt den Sadist unzufrieden knurren. Als sich ein zarter Blutstropfen hervor wagt, lässt er die Klinge fallen, die klirrend auftrifft. Er reckt sich vor und leckt gierig über die Stelle, schmeckt den dumpfen, kupfernen Geschmack, gemischt mit einem Hauch Salz von Orestes Schweiß und dessen ganz eigener Würze. Der fremde Puls des Mannes beruhigt sich nicht, was verrät, dass Orestes weder unruhig noch panisch war. Vertraust du mir wieder?
Der folgende Kuss ist Antwort auf alle Fragen und beseitigt alle Ungewissheiten. Ihre Lippen finden fest und gierig zusammen und die Zungen vollziehen einen verzehrenden, samtigen Tanz. So lange, bis die Dunkelheit sie verschluckt.

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Als er aus dem Traum erwacht, liegt der anschmiegsamer Mann dicht neben ihm. Durchatmend reckt Aki die rauen Finger und streicht über das nahe, schwarze Haar. Orestes schläft nicht oder ist durch den Traum aufgeweckt worden, warum sonst sollten die hellen Augen ihn so hinreissend anstarren?
»Schlecht geträumt?« kehlt Orestes mit zerknautschter, schlaftrunkener Stimme.
Im ersten Moment ist Aki selbst unschlüssig. Hat er schlecht geträumt? Deswegen antwortet er mit einem Grinsen, welches einen irritierten Ausdruck auf Orestes makellose Züge zaubert. Wie sehr ihm der Ausdruck gefällt, merkt der Hüne erst, als er Orestes kräftig durch den Schopf krault. Dieser gibt ein anschmiegsames Summen von sich.
Zurückhaltend klemmt Orestes sein Bein an Aki‘s, dabei die grimmigen Züge genaustens beobachtend, was aufzeigt, wie gut er den distanzierten Hünen kennt. Aki ermutigt ihn mit einem weiteren Kraulen, dichter am Nacken, woraufhin sich der schmächtige Schönling regelrecht an ihm festsaugt. So wie er sich festklammert und so wie der Abend verlaufen ist, kann Aki die »Meins, meins, meins!«-Rufe in Orestes Kopf förmlich hören.
Er knurrt kehlig und zufrieden. »Ich hab gewissermaßen davon geträumt, dass wir zusammen wachsen. Fast wie in deinem Traum, erinnerst du dich daran?« Der Mann nickt und Aki muss sich zusammen reissen, um weiter zu sprechen und nicht in den klaren Augen zu versinken. Mit rauer, verhangener Tonlage spricht er weiter. »Ich denk es heißt, dass wir nur uns brauchen, sonst niemanden und das soll auch weiterhin so bleiben. Keine Geister mehr, die uns jagen.«
Ein tiefes Ausatmen folgt auf die kurze, offene Erläuterung, bevor er nach Orestes Hüften greift und sich mit ihm herum wälzt. »Aber da du sowieso wach bist, können wir doch...« Der Rest geht in einem Kuss unter. Und noch mehr, deutlich mehr.
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Voyeur - von orikson - 27.10.2013, 14:33
RE: Voyeur - von orikson - 30.10.2013, 14:18
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Träume - von Aki Durán - 15.10.2015, 14:53
Die Gehörnte - von Aki Durán - 01.12.2015, 12:48
Marionette - von Aki Durán - 19.06.2016, 23:03
Kontrolle - von Aki Durán - 26.09.2016, 18:11
Nähe - von Aki Durán - 26.11.2016, 21:03
Beherrschung - von Aki Durán - 27.01.2017, 23:56
RE: Voyeur - von Aki Durán - 10.02.2017, 21:00
RE: Voyeur - von Aki Durán - 09.07.2017, 13:24
RE: Voyeur - von Aki Durán - 02.12.2017, 15:29
RE: Voyeur - von Aki Durán - 04.01.2018, 18:10
RE: Voyeur - von Aki Durán - 10.07.2018, 17:09



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