FSK-18 Voyeur
#13
Kontrolle

Musik

Eigentlich sollte es ein ganz normaler, routinierter Arbeitstag werden. Bereits nach dem Aufstehen hatte Aki das ungute Gefühl, das er sich täuscht. Alles in dem Haus des Schmiedes schreit nach dem Fehlenden, alles erinnert ihn daran, alles riecht danach.
Er hat das Gefühl in einem Alptraum gefangen zu sein. Der Brief, der nur Verderben bedeutet liegt höhnend auf dem Esstisch. Aki kennt die Worte auswendig, sie hämmern kraftvoll in seinem Schädel wider. Es sind die vereinzelten Worte, die den Inhalt um alles Gute oder Neutrale berauben, die ihn heimsuchen.

Niemals

Seine Kleidung ist weit davon entfernt vorzeigbar und sauber zu sein. Andere Dinge sind wichtiger und essentieller, Essen zum Beispiel. Anstatt zu Hungern, hat er einen wahnsinnigen Apetitt, der ihn fast beschämt. Er spürt die vereinzelt fettigen Strähnen, als er mit gespreizten Fingern durchs Haar fährt. Aki lässt sich gehen, wenn niemand hier ist, der sich um ihn schert. Warum auch die Mühe? Er ist nicht in Stimmung das Haus zu verlassen. Höchstens Nachts, um unbehelligt durch die Gegend zu streifen. Auch die Arbeitszeiten hat er auf Nachts verlegt. Solange sich niemand über den Lärm beschwert, nutzt er die Abgelegenheit und Ungestörtheit der Mine.

Unmöglich

Er bemüht sich nicht zu dem Brief zu sehen, als er auf die Bank sinkt, um zu Essen. Immerhin hat er seine Vorräte aufgefüllt. Er kann sich nicht vorstellen jetzt unter Leute zu gehen, umso fremder sie sind, umso schwerer fällt es ihm. Paranoia klopft bei ihm an und sendet einen kalten Schauer an seiner Wirbelsäule hinab. Wie nebenbei kaut er auf dem Laib Brot herum, der bereits recht trocken ist. Der Schinken macht es jedoch ganz erträglich, nur der Genuss bleibt aus.
Mit einem Schnauben rückt er den Kopf von dem beschriebenen Pergament weg, das so offenherzig neben ihm liegt. Er schwingt die Beine über die Bank und starrt durch den Raum, bis sich der stahlblaue Blick auf dem Pfahl fest frisst. Ihm ist bewusst, dass er sich den Erinnerungen nicht hin geben darf. Es zerfrisst ihn nur, aber sein Kopf ist anderer Meinung.

Distanzieren

Als er den Kopf in den Nacken legt, prasseln die Eindrücke und Empfindungen auf ihn ein. Er windet sich nicht lange, denn es ist das Einzige, was ihn noch am Leben hält und annähernd an Genuss grenzt. Diesmal sind es vielmehr die Geräusche und das Ausbleiben selbiger, die eine grausame Mischung aus Begehren und Verlangen ergeben und seine Sinne beanspruchen. Es herrscht kein Wind im Raum und er sitzt tatenlos auf der Bank und dennoch rasseln die langen Ketten.
Ein zartes Rasseln, als würde sich der Gefesselte in Argonie winden, gefolgt von einem aprupten Zug, als der Körper einknickt und sich die Ketten straffen. Er braucht keinen Schrei, dem ihm sein Verstand vorgaukelt, um zu wissen wobei diese Reaktion entsteht. Ein Schlag.
Hektisches, überfordertes Hecheln und sanftes Tapsen der nackten Füßen, als sich der Getroffene wieder aufrichtet und stur seine Kraft zusammen kratzt. Aki mag es besonders, wenn er sich nicht gänzlich fügt, sondern den zart provozierenden Widerstand sehen lässt. Nur anhand der tiefe und des Klangs der Atemzüge, weiß er, wie weit sein Gespiel ist. Er kann förmlich abzählen, wie viele Schläge er noch einstecken kann, bis die Lust zu blankem Schmerz wird. Oder, wann er sanfter zu schlagen muss, um einen Höhepunkt des Genuss heraus zu fordern.

Einsamkeit

Die Nuancen erstrecken sich von rauem Keuchen über unwohles Schnurren bis hin zu ungeduldigem Wimmern. Manche Laute kommen Worten gleich. Wimmern entspricht einem Flehen nach Erlösung. Ein Schnurren verlangt nach mehr, gibt aber auch zu Verstehen, dass der Körper noch nicht warm ist. Atemloses Hecheln bedeutet ein Lob, fast wie ein ermutigendes Kraulen. Durch geschlossene Zähne und Lippen gepresste Laute zeugen von mühsamer Beherrschung, was immer einer Warnung entspricht. Entweder ist er an seiner körperlichen Grenze oder kurz davor sich zu erleichtern.
Er kennt die Gesänge seines Mannes so blind, wie ein Barde sein bestes Musikstück. Jetzt, wo er sich daran gewöhnt hat ist es undenkbar, sich an jemand anderes gewöhnen zu müssen.

Abstand

Aki liebt es mit dem Puls und dem Herzschlag zu spielen, ein hektisches Rasen zu provozieren, um ihn wieder zum Abkülen zu zwingen. Er labt sich an dem Anblick, wenn sich die Muskeln anspannen, verzehrt von dem Wechselbad aus animalischer Gier und sinnlichem Schmerz. Alleine, wie es der zarte Schweißfilm vermag, die Konturen des Körpers in Szene zu setzen und gelegentlich eine Gänsehaut hervor ruft, welche die straffe Haut noch mehr spannt. Der Mondschein setzt den Körper in das richtige Licht und beleuchtet die Nacktheit und Vollkommenheit.
Der Körper kann damit nicht umgehen, dass er den Geist an einen anderen Ort entführt. Ein Ort, der bewirkt, dass man sich fallen lassen kann, alles vergisst und sich in die Hände eines anderen gibt, besinnungslos und ohne jede Kontrolle. Das Einzige, worauf man sich besinnen muss ist stehen und atmen, genießen und schreien.
Der Körper indes schwankt mit seinen Empfindungen und Reaktionen zwischen Furcht und Hochgenuss. Der Leib spannt sich an, bildet Gänsehaut, die vom Nacken aus den Rücken hinab krabbelt, bringt die Muskeln zum Beben und die Schenkel zum Zucken. Die ungewohnte Mischung lässt die Hände ballen und entspannen, die gefesselten Handgelenke zucken und die Ketten rasseln. Und trotzdem kann sich die Hülle nicht entscheiden, ob die Reaktionen aus Entzücken oder Abscheu gründen.

Trennung

Die Tatsache, dass sich das Leder in seinem Schos spannt, lässt bittere Wut aufsteigen. In einer aprupten Bewegung erhebt sich Aki, packt das nächstbeste Möbelstück – in diesem Fall das Regal mit seinen Heiligtümern – und lässt es brachial auf den Dielenboden knallen. Seine Instrumente oder Spielzeuge vertreuen sich auf dem Boden und liegen entblöst und höhnend da. Spreizstangen neben Ledermanschetten, Ketten neben geölten Seilen, Rohrstock mit Gerte und Bullenpeitsche mit Neunschwänziger gekreuzt. All das erscheint ihm nutzlos. Es sind Instrumente, um dem Körper Zucht und Demut zu lehren. Nichts davon hilft ihm, den emotionalen Schaden zu richten, oder auch nur davon abzulenken.

Er sehnt sich danach unter das Fell zu kriechen und sich vor allem zu verstecken. Aber mit welchem Ziel und mit welcher Absicht? Es würde nichts ändern. Er kann sich nicht vor der emotionalen Kontrolle drücken, wenn er keinerlei Kompromisse macht, was die körperliche Kontrolle angeht.
Was bleibt ihm zu tun? Die Antwort ist so simpel und doch nicht einfach.
Er ist derjenige, der dem Hängenden unter die Arme greift und ihn fest hält, wenn die Knie nachgeben. Er ist derjenige, der die Kontrolle hat und abschätzen muss, wie weit und wie viel der andere ertragen kann. Er ist derjenige, der sich ohne Worte erkundigt, ob der Körper noch durch hält und wie weit der Schaden trägt. All das ist seine Aufgabe.
Warum sollte der Kopf eine Ausnahme sein? Es wird Zeit, das er die Kontrolle über den Rest erlangt. Außnahmslos Alles.

[Bild: jrebjek2.jpg]
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Voyeur - von orikson - 27.10.2013, 14:33
RE: Voyeur - von orikson - 30.10.2013, 14:18
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Die Gehörnte - von Aki Durán - 01.12.2015, 12:48
Marionette - von Aki Durán - 19.06.2016, 23:03
Kontrolle - von Aki Durán - 26.09.2016, 18:11
Nähe - von Aki Durán - 26.11.2016, 21:03
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RE: Voyeur - von Aki Durán - 10.07.2018, 17:09



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